laut.de-Kritik
Dem Zeitgeist überlegen ins Gesicht gelacht.
Review von Ulf KubankeRolo McGinly ist mit seinen Woodentops zurück. Na, das wurde aber auch Zeit! Als Urgestein britischen Indie-Gittarenpops und Wegbereiter der Britpop-Bewegung veröffentlichten sie in den 80ern zwei meilensteinerne Studioplatten. Gänzlich unerwartet kommt nun - 25 Jahre nach "Woodenfoot Cops On The Highway" - mit "Granular Tales" Album Nummer drei. Und diese "grobkörnigen Geschichten" haben es wahrlich in sich.
Das Rezept McGinlys ist ebenso einfach wie unschlagbar: Kein Lied ohne starken Refrain, keine Angst vor einem Hauch Drama und immer die Balance halten zwischen akustischen und elektronischen Elementen. Alles hörbar leidenschaftlich und trotzdem unaufgeregt in Szene gesetzt. Das Ergebnis ist eine wundervolle Platte. So englisch wie Tee und Toffee und so eigenständig wie ein Fingerabdruck.
Und McGinly schreibt noch immer solch unwiderstehlich hektische Klopper wie die beiden ewigen Aushängeschilder "Maybe It Won't Last" oder "Traveling Man"? Wer sich auf die Suche nach dem Spirit der alten Woodentops begeben möchte, dem seien "Stay Out Of The Light" und vor allem das knackige "Third Floor Rooftop" wärmstens ans Herz gelegt.
Auch der Rest von "Granular Tales" strotzt nur so vor bunt schimmerndem Ideenreichtum. "A Pact" verbindet atmosphärische Percussion und Akustikgitarren mit zupackenden Riffs der elektrischen Axt. Dazu ein hypnotischer "Lalala"-Chorus, so unpeinlich und perfekt, wie in nur die Inselpopper hinbekommen.
Von P.I.L. bis Fisher Z hat kaum ein Weißer Reggae und Dub so gut verstanden wie die britischen Postpunker. In diese Kerbe haut der gute Rolo lässig den fetten Rock seiner "Conversations". So geht das in einer Tour weiter. Auch die ruhigeren Momente erblühen in ausgefeilten Arrangements und dem angenehm warmen Klangbild einer perfekten Produktion.
Das beziehungsdramatische "Because Of You" verbindet Kaminfeuer-Gitarren und sanfte Melancholie mit einem Hach gedimmten Bossanovas im Hintergrund. Man verliert sein Herz augenblicklich an diesen Track. Das schummrige "Take Me Through The Night" trumpft danach mit großartig akzentuiertem Piano auf, McGinlys dezent sägender Sechssaiter dient als Gegenpol. Jedes Detail sitzt am rechten Platz, jede Stimmung kommt haargenau auf den Punkt. So gelingt den Woodentops eine Comebackplatte, die dem Zeitgeist überlegen ins Gesicht lacht und doch keine Sekunde anachronistisch wirkt.
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