laut.de-Kritik

Zwischen Meme-Rap und Haltung, Kreuzberg und Atlanta.

Review von

Dreizehn Minuten Trap, der mehr sagt als so mancher Album-Monolog: Zackavelli schwebt zwischen Meme-Rap und Haltung, Kreuzberg und Atlanta, Dummdreistigkeit und Tiefe. Klingt widersprüchlich? Ist es auch – und gerade deshalb spannend. Auf seiner neuen EP "Masi" zeigt der Berliner, dass deutscher Trap nicht immer nach Standard-Playlist klingen muss. Man darf hier stolpern, lachen & nicken – auch wenn man sich zwischendurch an einzelnen Lines reibt.

Zwischen den Punchlines und Popkultur-Referenzen blitzen hier und da auch frauenfeindliche Kommentare auf, die weder satirisch gebrochen noch reflektiert wirken - einfach unnötig. Auch stilistisch ist nicht alles rund: Zackavelli rappt oft hörbar dem Beat hinterher – und das nicht aus Versehen, sondern fast schon trotzig. Dieses bewusste Stolpern verleiht dem Sound eine rohe Energie, wirkt aber manchmal auch einfach nur unkoordiniert.

Schon das Intro macht klar: Hier wird kein Möchtegern-Trap geboten. Ein Rick-Ross Ausschnitt von einem Interview wirft die Tür auf, der Beat ballert los wie in 2006. Y2K-Vibes, aber roh und knisternd, kein poliertes Insta-Sounddesign. Zackavelli zieht mit rauer Stimme durch die Tracks, irgendwo zwischen Mumble und Message, während das Adlib "JAMAN" wie ein Running Gag mit Trademark-Potenzial durchs Set geistert.

"Mehr Geld mehr Probleme" klingt erst nach Kapitalismus-Kritik von der Stange. Ist es aber nicht. Statt Predigt gibt's ehrliche Verzweiflung im Flex-Gewand: harter Bass, russisches Sample, klare Ansage. Hier geht's nicht darum, wie schlimm Geld ist, sondern darum, wie beschissen es ohne läuft.

In "GG&LV" trifft Street auf Satire. "Ich mische Gucci mit Lui, ich schwör die verstehen sich nicht" wirkt wie ein Witz – bis man merkt, dass der gar nicht so weit weg von der Realität ist. Zackavelli balanciert zwischen Größenwahn und Augenzwinkern und liefert damit einen der stärksten Momente der EP.

Auch auf "Laufen mir hinterher" und "Steine an sein Fenster" bleibt der Ton gleich: Flex, aber bitte mit Geschmack. Zeilen wie "Ich zähl lieber Fuffies, ich find Zwannis bisschen hässlich" sind zu absurd, um rein ernst gemeint zu sein – aber eben auch zu gut, um sie wegzulächeln. Zackavelli spielt mit Klischees, aber lässt sich nicht von ihnen auffressen.

"Als ich nichts hatte" schaltet einen Gang runter. Der Beat wird kleiner, der Blick tiefer. "Wie ich leb, ist nicht gesund" – kein großes Drama, keine Tränen auf dem Mic, aber Ehrlichkeit, die trifft. Und das reicht.

Das Finale gehört "Laufen wir zusammen". Ein absurdes Tokio Hotel-Sample, dröhnender Bass, dazu fast schon naive Zeilen über Zusammenhalt. Trash? Klar. Aber auch: völlig frei von Scham. Und das ist selten geworden.

"Masi" ist nicht Zackavellis Debüt, sondern ein Reset. Alte Tracks wurden ins Archiv verschoben, der Sound entrümpelt. Die Einflüsse – Gucci Mane, Young Thug, Dirty South – sind hörbar, aber nie aufgesetzt. Zackavelli macht sein eigenes Ding.

Die EP ist kein Meilenstein, aber ein Ausrufezeichen. Zackavelli liefert Trap, der nicht gefallen will, sondern funktioniert, weil er echt klingt. Mal albern, mal ernst, immer eigen. Kein Produkt, sondern Persönlichkeit. Und vielleicht genau das, was Deutschrap gerade fehlt.

Trackliste

  1. 1. Intro (MM)
  2. 2. Mehr Geld mehr Probleme
  3. 3. GG&LV
  4. 4. Laufen mir hinterher
  5. 5. Steine an sein Fenster
  6. 6. Als ich nichts hatte
  7. 7. Laufen wir zusammen

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