laut.de-Kritik
Ein 88-minütiger Liebesbrief.
Review von Lucinda Kirchhoff"Call me Icarus / I guess I flew too close to the sun", singt Zayn in seinem neuen Album "Icarus Falls", das ihn nun vollkommen im R'n'B ankommen lässt. Zu entspannten und ruhigen Klängen vergleicht Zayn sich mit Ikarus, der laut griechischem Mythos die Verbote seines Vaters ignoriert und damit scheitert.
Dies mag dem ein oder anderem aus Zayns Vergangenheit bekannt vorkommen, denn im Jahr 2015 verkündet der Ex-Boyband-Sänger seinen Austritt bei One Direction, mit der Begründung, dort nicht seine eigene Musik machen zu dürfen. Auf seinem Debüt-Album "Mind Of Mine" überzeugte er dann 2015 schon allein mit seinem Falsett in Songs wie "Pillowtalk".
Auf "Icarus Falls" zeigt er sich sehr gefühlvoll und nachdenklich, so dass man sich fragt, was denn dem armen Zayn widerfahren sein muss. Voller Herzschmerz und sehr leidend kommen die 27 Tracks daher, zwischen Liebeskummer und Liebeserklärungen bleibt nicht viel Platz. Schön zum Mitfühlen, aber eben auch nur, wenn man sich gerade selbst in einer ähnlichen Situation befindet.
Generell scheint Zayn dem Rezept einer Liebesballade treu zu bleiben. Ein Text wie "Need you when I'm broken / When I'm fixed / Need you when I'm well / When I'm sick", zusammen mit einer leidenden Stimme und schöner Melodie - fertig ist der typische Zayn-Song. Immerhin gut zum Träumen und Entspannen.
Auch in den nächsten Tracks "Natural" und "Back To Life" haut Zayn all seine Romantik-Skills heraus und verwandelt seine Liebste in seinen Lebensretter und die Kraft der Natur in die der Liebe. Noch mystischer geht es in "Stand Still" zu. Die chillige Synth-Pop Nummer ist etwas spezieller, passt aber dank der bereits bekannten R'n'B-Elemente gut zum Album. Mehr Leben erwecken da schon die Tracks "Talk To Me" und "If I Got You". Beide überzeugen mit einem rhythmischen Refrain, der im Ohr bleibt.
In Zayns Boyband Vergangenheit zurück versetzt fühlt man sich ein wenig bei "There You Are". Mit typischem Boyband Style - kitschig und romantisch - plus einer versteckte Liebesbotschaften an Zayns Freundin Gigi Hadid, hätte dieser Song auch gut auf ein One Direction-Album gepasst. Aber auch an "Good Years" werden sich die ehemaligen One-Direction Fans erfreuen, schön leidend hofft Zayn hier, seine guten Jahre noch nicht verschwendet zu haben.
In den meisten Tracks bleibt Zayn seinem Stil aus Pop mit R'n'B- und Soul-Elementen treu. In "Rainberry" kommen rhythmische Beats hinzu, die endlich etwas Tanzstimmung verbreiten.
Das Stück "Icarus Interlude" läutet die etwas düsterere Seite des Albums ein. In "Good Guy", das noch am ehesten aus dem Rahmen fällt, bedient sich Zayn an Nancy Sinatras Klassiker "Bang Bang". Diese finstere eher geheimnisvolle Seite ist auch in "Sour Diesel" oder in "Scripted" zu hören. In ersterem wird Zayn zu einem etwas rotzigeren Bad Boy, der über Marihuana (Sour Diesel) singt. Zusammen mit Gitarren- und Bass-Klängen zählt dies zu Zayns rockigeren Tracks.
Die Überraschung auf "Icarus Falls" liefert Nicki Minaj mit "No Candle No Light". Sie weckt den Hörer nach den vielen nostalgischen Klängen erstmals so richtig auf und macht den Track zu einem sehr starken, wenn nicht sogar dem stärksten - hier zeigt sich: Abwechslung tut gut. Das Album endet mit "Too Much", das in Zusammenarbeit mit Timbaland in Hollywood entstanden ist und dementsprechend fettere Beats und durchaus Hit-Potenzial hat.
Zayns neues Album bietet viele Tracks, jedoch mit wenig Abwechslung. Es scheint als höre man 88 Minuten lang einen ziemlich ähnlichen Song. Manchmal ist mehr eben doch mehr, vielleicht sollte Zayn das künftig bedenken. Ansonsten könnte er - wie schon der Album-Titel andeutet - tief fallen.
1 Kommentar mit einer Antwort
mit dem album fällt er sicher nicht tief - der sound ist tatsächlich recht homogen und ein kürzeres album wäre sicher die bessere entscheidung gewesen, aber es hat sehr gute melodien, es top produziert und singen kann er.
*ist