laut.de-Kritik

Die hohe Kunst, in Würde zu altern.

Review von

In den 90er Jahren feiern Autechre ihre größten Erfolge. Mit hochkarätigen Alben setzen sich die zwei Briten Rob Brown und Sean Booth an die Spitze eines Genres, das man später als Intellicent Dance Music bezeichnet.

Klangforscherische Experimentierfreude klingt in ihren Veröffentlichungen genauso an wie eine rhythmische Ästhetik, die weitgehend ohne Formalismen auskommt. Mit "Oversteps" nehmen Autechre den Faden wieder auf, der direkt zu ihren wegweisenden Releases des vorherigen Jahrzehnts führt.

Hinweise darauf gab es bislang keine. Das liegt auch an den relativ sporadischen Veröffentlichungen, mit denen Autechre ihren Backkatalog anfüllen. Zwei Jahre ist es inzwischen her, dass mit "Quaristice" das letzte Album samt angeschlossener EP erschienen ist. Seither herrschte abgesehen von einem DJ-Set im britischen Musikmagazin Fact kreative Stille.

Ein passender Appetizer mit Tracks von Krautrock-Veteranen wie Roedelius und Tangerine Dream, denen Autechre Stücke von klanghaften britischen Elektronik-Acts wie Stephan Mallinder (Cabaret Voltaire) und Meat Beat Manifesto an die Seite stellten. Diese Verbindung von experimentellem Ambient und dunklen Grooves deutete auf die Stimmungslage hin, die nun die 14 Stücke von "Oversteps" durchzieht. Ein deutlicher Unterschied zum Vorgänger "Quaristice".

Die sperrige Aufgekratztheit des Jahres 2008 ist passé. Autechre fühlen sich wieder verstärkt zu harmonischen Kompositionen hingezogen. Deshalb kann man "Oversteps" durchaus als eine Art Fortsetzung der Alben "Incunabula" und "Amber" beschreiben. Mit dem feinen Unterschied freilich: Die angeführten Longplayer trugen Mitte der 90er maßgeblich dazu bei, den Ruf des Duos als herausragende Soundkünstler überhaupt erst zu begründen.

Ein derartiger Anspruch ist den 14 Tracks von "Oversteps" nicht mehr zu entnehmen. Einer solchen Pioniertat steht die Gelassenheit im Wege, die Autechre heute ausstrahlen. Ihr neuestes Album zelebriert vielmehr die hohe Kunst, in Würde zu altern.

Trackliste

  1. 1. r_ess
  2. 2. ilanders
  3. 3. known1
  4. 4. pt2ph8
  5. 5. qplay
  6. 6. see_on_see
  7. 7. Treale
  8. 8. os_veix3
  9. 9. O0
  10. 10. d-sho_qub
  11. 11. st_epreo
  12. 12. redfall
  13. 13. krYlon
  14. 14. Yuop

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