laut.de-Kritik
Hier gibt es rohen Hip Hop, mitunter sogar etwas blutig.
Review von Stefan JohannesbergWow, hier werden keine Gefangenen gemacht. Endlich mal eine Rapscheibe aus deutschen Landen, das mich vom ersten Vers, vom ersten Takt an schlichtweg umhaut. Azad, ein Frankfurter Hip Hopveteran und Ex-Partner von D-Flame, legt mit "Leben" sein Solodebut vor. Für Aufregung haben ja bereits die Vorabsingles "Napalm" (nicht auf "Leben") und "Gegen den Strom" gesorgt. Im Video zu "Napalm" präsentiert sich Azad via militanter Tarnanzug-Optik als Hardcore-Head. Auf dem Track "Gegen den Strom" disst er die werten Kollegen Samy Deluxe, Doppelkopf, Deichkind, Nina, MC Rene und DJ Thomilla ob ihres Sellouts so bissig, dass eine Hamburger Firma für Streetpromotion den Vertrieb der Single verweigert.
Doch es sind nicht seine radikalen Battle-Lyriks, die das Album so absolut hörenswert machen. In erster Linie überzeugt Azad als deeper Emcee. So erzählt er in "Hip Hop" ruhig und nachdenklich von seiner großen Liebe zur Kultur. Bei "Freiheit" schildert er gekonnt die weltweite Unterdrückung aus seiner kurdischen Sichtweise, und mit dem Titeltrack kehrt er sein Inneres nach außen. Alle drei Tracks sind stilgerecht mit straighten Beats, mellow Klavier/Violinen-Loops und passenden Cuts unterlegt, alles von Azads eigener Hand. Neben diesen tief-gehenden Songs gibt es aber auch noch zwei weitere Klasse-Stücke. Das böse-stampfenden "1 Mann Armee" lebt von einem genial gecutteten Ol'Dirty-Sample. ("I'm the One-Man-Army, It's on"). Noch größer ist jedoch das wahnwitzige, von Doublebass-Feuer unterlegte "Therapie" mit Kool Savas. Die Beiden harmonieren so perfekt, dass man mal über eine Gruppe nachdenken sollte.
Einziges Manko sind die restlichen Kollabos. Außer Savas und mit Abstrichen auch noch Curse langweilen alle anderen mit prolligen Schwanz-in-den-Arsch-Gelalle. Selbst die aus der Gang Starr-Foundation stammenden Group Home können nicht überzeugen. Doch ich schweife ab. Denn wer seinen Sound am 94/95er Ami-Rap anlehnt und Channel Lives "Hip Hop's been running through the veins ever since" cuttet, hat eh längst gewonnen.
3 Kommentare mit 2 Antworten
das perfekte deutschrap-album. so gesehen das "illmatic" des deutschrap. ein azad wie es ihn nie wieder gab.
Kann ich nur zustimmen... Feier das Album nach wie vor extremst... Wobei auch die Folgealben wirklich Hammer sind.. Bis Game over war alles übertrieben dope...
gibt eigentlich mal jemandem Johannesberg Props, dass er schon beim Debut direkt ein Collaboalbum gefordert hat?
Mach doch selber!
Stefan Johannesberg kann in meinen Augen gar nicht genug Props bekommen. "One" war dann aber doch ziemlicher Mist, und zwar nicht nur in der Retrospektive. Das Album hätte 2, 3 Jahre früher erscheinen müssen, um so gut zu werden wie erhofft.