laut.de-Kritik
Die Königsklasse im europäischen Indie.
Review von Simon ConradsFühlen wir uns derzeit nicht alle ein bisschen wie der Humunculus Loxodontus, auch bekannt als "The One Who Waits"? So heißt die Skulptur der niederländischen Künstlerin Margriet van Breevoort, über die die Band Balthazar im Internet gestolpert ist und die nun das Cover ihres fünften Albums "Sand" ziert. Ein bisschen aus der Form gekommen, augenscheinlich wenig auf das Äußere bedacht, aber man sitzt ja sowieso nur drinnen rum und sieht niemanden. Die Welt, so hat es uns auch Sänger Maarten Devoldere im Interview gesagt, fühlt sich an wie ein großes Wartezimmer.
Dabei ging es Devoldere und Zweitfrontmann Jinte Deprez beim Schreiben gar nicht so sehr um die Pandemie als vielmehr um ihren Tatendrang, in der Liebe und in der Musik. Dass dieses Zeit- und Geduld-Thema sich nun auch noch so schön auf die globale Schräglage übertragen lässt, wirkt eher wie ein unglücklicher Zufall. Niedergeschlagen hat sich die Pandemie dafür in der Musik zu den Texten: Den ursprünglichen Plan, das Album möglichst live einzuspielen, durchkreuzte der Lockdown. Das heißt im Ergebnis, dass öfter Drum-Samples und Synth-Bässe zum Einsatz kommen und die Stücke insgesamt entspannter klingen, als zuletzt auf "Fever". Wie gemacht, um alleine zu Hause zu tanzen.
Dennoch sind die Belgier weiterhin dem souligen, poppigen Groove verfallen, den sie auf dem Vorgänger entdeckt haben, das Ganze wurde aber noch einmal raffiniert. Devoldere erzählt, er und Deprez nähmen sich inzwischen nicht mehr ganz so ernst, und vielleicht liegt es daran, dass die Songs so wahnsinnig leicht und charmant wirken. Im Text zu "Losers" macht sich Devoldere sogar über jenen Künstlertypus lustig, der ständig nach Anerkennung heischt und den er auch in sich selbst sieht: "The stars are directing the future / What they're tuning into I can't say / But I want the universe to love me / I'm writing songs every day."
Dabei hat es der Musiker aufgrund der großartigen und eleganten Titel auf "Sand" dringend verdient, vom Universum geliebt zu werden. Auch wenn Balthazar sich zahlreicher Pop-Referenzen bedienen, wirkt ihre Musik nie anbiedernd oder zu glatt. Immer wieder schlagen sie dem Mainstream Haken, bauen Spannung auf, die sie dann unkonventionell lösen, etwa in "I Want You". Der Song, fußend auf einem Hackbrett-artigen Sound, droht immer wieder, sich in eine klare Hook zu steigern, löst dieses Versprechen aber erst gegen Ende ein. Wider Erwarten gelingt der Band sogar das Einbinden eines anscheinend mit Headset aufgenommen Gitarren-Motivs in das sonst skelettartige "Passing Through". Oft brauchen Balthazar gar nicht mehr als einen simplen Beat, einen groovenden Bass und die Stimmen der beiden Frontmänner, um zu überzeugen. Bläser, Streicher und Synths sind die Sahnehäubchen dazu.
Songs wie "Linger On", das erst recht düster daherkommt und nur auf Percussion und Synthies setzt, beweisen, dass eine eingängige Hook sich nicht großartig vom Rest des Stückes unterscheiden muss. Der Track fließt wunderbar dahin und erzählt wieder von Geduld: "You know where / To find me at the end of the line / It's all about the right time / I'm not in a hurry now." Im Endteil erinnert der Titel vor allem wegen der Retro-Synths sogar an Daft Punk. Eines der Albumhighlights setzt "Hourglass", das stark von Disco-Sounds inspiriert ist und sich sogar eine 70er-Disco-Hook mit Chor gönnt: "I do not wanna wait."
Es ist einfach, "Sand" im Alltag zu genießen, denn Tracks wie "Moment" oder "Halfway" reißen wunderbar mit. "On A Roll" muss auch einen Vergleich mit Alt-J nicht scheuen, und "You Won't Come Around" zeigt, dass die Band selbst verträumt, cheesy und von einem Drum-Computer angeleitet noch gut klingt. Man kann dem Album vor allem aber auch seine volle Aufmerksamkeit schenken und viele kleine Schnörkel entdecken, sich an dem Minimalismus und der Präzision erfreuen, die Balthazar gemeinsam mit dem Produzenten Jasper Maekelberg ihren Stücken mitgegeben haben. Wenn man das Vereinigte Königreich außen vor lässt, dann sind die Belgier sicher eine der besten Indie-Bands Europas. Was diesmal nebensächlich ist, denn "Sand" sollte man schon alleine wegen des großartigen Covers in seiner Plattensammlung haben wollen.
6 Kommentare mit 10 Antworten
der vorgänger hat echt spaß gemacht. mal schauen wie die platte ist.
War das letzte Konzert vor Beginn der Pandemie.
Langweilig!
Da stolpert Speedi in das Review Balthazar. Aufallen wollen sie ja alle, also lesen wir als erstes da:
"Die Königsklasse im europäischen Indie."
Na gut Queen wollen sie ebenfalls alle sein, mein Blick streift ab nach oben Genreeinordung Pop. Furchen auf der Stirn, Rest vom Gesicht färbt sich dunkelrot. Hier stimmt was nicht, anhören. On A Roll soll Alt-J Sphären erreichen, "This is all yours" angemacht. Never, kein Vergleich. Rest durch geskipt, kein Fehler will Gedanken los werden. Fang Eindruck an nieder zu schreiben. Kein Fisch und kein Fleisch und für Vegis so lala. 2,49/5
Jupp richtig gelesen, demnächst für 2,49 auf dem Grabeltisch!
such dir hilfe!
Ich befürchte auch, das Profil hier könnte wie eine der düstereren Reddit-Geschichten ausgehen.
"On A Roll soll Alt-J Sphären erreichen [...] Never, kein Vergleich."
Darum steht im Titel ja auch EUROPÄISCHER Indie.
Ansonsten aber ausnahmsweise deiner Meinung. Indie Königsklasse verbinde auch ich notwendigerweise mit alt-j, da reichen Balthazar in meinen Ohren auch nicht ran.
Yo, habe alt-ja ja erst kürzlich für mich entdeckt, taugt mir sehr!
Kannze auch nich haten
"ausnahmsweise deiner Meinung"
@Schwinger, mal was zur Deeskalierung beitragen wollen. Las uns die Ausnahme zur Regel machen?!
Danke und ich hatte echt Zweifel an meinem geschmack, die hast mir genommen.
Schwingi versucht die Rolle von Para als Meurer-Brudingo zu stibitzen...sehr dreist.
Gleep ist doch Meuri Brudingo. Para eher das Gegenteil. Mach erstmal deine Hausaufgaben...
"@Schwinger, mal was zur Deeskalierung beitragen wollen. Las uns die Ausnahme zur Regel machen?!"
Wie der Späher direkt wieder zuckt...
Album angemacht, laufen gelassen, nach 6 Songs abgeschaltet. Reicht nicht um mich zu packen. Schwache Songs. Schade.
"Die Königsklasse im europäischen Indie" und auch im weltweiten Indie stellen seit einem Jahrzehnt Everything Everything dar, Foals sind auch im Gespräch.
^ Das und NUR das (Sorry, Alt-J) ^
Also mir gefällt dasa Album sehr gut - abeer ich fand auch die letzten Alben vonBalthazar und Warhaus super ...