laut.de-Kritik
Old School-Funk mit Ex-24-Hour-Party-Man Shaun Ryder.
Review von Michael SchuhBeim Namen Black Grape dürfte es nicht gerade bei vielen Musikfans klingeln. Ihr letztes Album erschien 1997. Wer seine Jugend aber auf Raves Anfang der 90er Jahre verlebte, womöglich noch in Großbritannien, der erstarrt beim Namen Shaun Ryder ehrfürchtig. Der Lord Of Ecstasy ist neben einem gewissen Kermit von den Ruthless Rap Assassins Aushängeschild des Duos, das hierzulande jedoch nie die (Szene-) Popularität seiner Vorgängerband Happy Mondays erlangte. Ryder und Kermit lernten sich über gemeinsame Hobbys (Musik, Drogen) kennen und nannten ihr 1995er Debütalbum "It's Great When You're Straight...Yeah". Großes Entertainment ist also garantiert.
Nach wie vor kann Ryder nicht singen und spielt kein Instrument. Aber das kümmert natürlich nicht, wie schon ein aktuelles NME-Zitat belegt: "Mit Sex und Drogen ist es vorbei, aber der Rock'n'Roll ist noch da." Ryder, egal ob in der britischen Ausgabe der Dschungelshow (Steuerschulden) oder auf Platte, ist immer für einen guten Spruch zu haben. Volle Breitseite nimmt er im Opener "Everything You Know Is Wrong" mit Hillary Clinton und Donald Trump dann zwei eher leichte Ziele ins Visier. Sein legendäres Ranting im Manchester-Akzent macht das aber schnell vergessen: "Fucking Trump / Donald Trump man yeah / proper cunt / Hillary is an old bird who fucked up on a computer."
Den Turbo-Funk grätscht das nachfolgende "Nine Lives" dann dezent ab, zählt aber ebenfalls zu den stärkeren Nummern der Platte. Das Thema ist Programm: Ryder freut sich über seine neun Leben und verkündet dabei selbstironisch: "This is the first day of the rest of my nine lives." Die Musik klingt, wie ein Album von zwei Ex-Druffis in ihren Mittfünfzigern eben klingt: extrem nach früher. Mal nach den Stone Roses, mal nach Jestofunk, auch mal nach den Stereo MC's und alten Jamiroquai, vor allem aber nach den Happy Mondays. Oder eben nach den letzten zwei Black Grape-Alben, falls die jemand kennt.
Ex-Killing Joke-Basser Youth, den unter anderem schon Tom Jones und The Orb verpflichteten, achtete am Mischpult sorgsam darauf, dass kein neumodischer Quatsch wie Trap oder Dubstep auf der Platte landet und macht die Nostalgievorstellung somit perfekt. Mitunter schmuggeln Black Grape leider auch astreines B-Seiten-Material in die Tracklist ("Money Burns", "Losing Sleep").
Zu großer Form laufen Ryder und Kermit im Titeltrack "Pop Voodoo" auf, George Clinton-Funk auf 45 RPM, inklusive sicherlich unbeabsichtigter "Just Can't Get Enough"-Analogie im Mittelteil. Aber eine Euphorie-Hymne wie "I Wanna Be Like You" ganz ohne chemische Nachhilfe einzuspielen, belegt letztlich eben doch die Klasse gestandener Profis.
Und weil Ryder als Inkarnation der "24 Hour Party People" ein nationales Heiligtum darstellt, schreibt den Klappentext zur Platte auch "Trainspotting"-Autor Irvine Welsh: "Der Welt von heute geht es schlecht: Es regiert Scheiße, die perverserweise als Aufrichtigkeit getarnt ist. Wir brauchen mehr denn je Intelligenz, Witz und Wahrheiten von den Straßen Manchesters. Dieses Album liefert alles in höchstem Maße."
1 Kommentar mit einer Antwort
Seit wann ist Youth der Ex-Basser von Killing Joke?
Zwischendurch war er das ja öfter mal, aber wenn man vom neusten Stand (seit 2008) ausgeht, darf man das "Ex" auch ruhig streichen.