laut.de-Kritik
Die Liebe als Oiphemismus für das Leiden.
Review von Yan VogelEine Deutschrock-Platte über die - Achtung Spoiler - Liebe? Das kann leicht in die tote Hose gehen! Doch die Broilers unterscheiden sich von anderen durch ihre Vielfalt, sowohl auf musikalischer wie auch textlicher Ebene.
Während die meisten Kapellen im Rock- und Popzirkus auf naiven Vorstellungen rumreiten (Eros, you know?), spannt das niederrheinische Quintett den Schirm weit auf und deckt ein breites emotionales Spektrum ab. Natürlich zerbrechen auch bei den Broilers Beziehungen wie auf einem Ariana Grande-Konzert die Herzen. Das schmissige "Porca Miseria" kloppt für diese These eine Kerbe in den Türrahmen.
Auch die Broilers haben ein Faible für Kalenderbucheinträge, vergessen hierbei aber nicht den Schmerz. In den Dachbodenepisoden kramt Sammy Amara in Memorabilia in Richtung Vergangenheit.
"An Allen Tagen Nicht" hingegen ist ein schöner Oiphemismus für den Tod, der einen schließlich auch nur einmal und an einem Tag im Leben ereilt. Den Verve der hormonell bedingten Sturm und Drang-Phase haben die Herren und die Dame behalten, charakterisiert Amara im Opener "Nicht Alles Endet Irgendwann" doch die Broilers als "Jugendliche von vierzig Jahren".
Die Mucke ist die bewährte Mischung aus Punk und Rock. Ähnlich wie die Landsmänner von Dritte Wahl ihren Sound mit einer Prise Metal mischen oder Erik Cohen eine starke Achtziger-Affinität im Sound erkennen lässt, erweitert das Quintett seine Men-Power durch eine Brass-Sektion. Der Ska-Einschlag kommt vor allem in Songs wie "Trink Mich Doch Schön", "Schwer Verliebter Hooligan" oder "Alice Und Sarah" durch.
Das bereits erwähnte "Dachbodenepisoden" geht als ruhige Nummer zum Atem holen ins Ziel. Ein wenig New Wave schadet der erbaulichen Hymne "Alles Wird Wieder OK" nicht. "Da Bricht Das Herz" flirtet gar mit Schlager. Die Coolness der Broilers macht hingegen auch dieses Versäumnis wieder wett.
Alles in allem hören wir eine bewährte Bande. Ergänzung erfährt die Gruppe von ihrem fünften Beatle, Vincent Sorg, der auch für die Onkelz, In Extremo oder Campino und Co. als Produzent mitmischte. Die bekannten Klanggeister, die die Broilers wie auf "(Sic!)" und "Noir" rufen, verzücken insbesondere durch das herzerwärmende Konzept. All you need is love. So einfach isses, auch wenns manchmal weh tut.
5 Kommentare mit einer Antwort
Meine Güte, schreibt denen mittlerweile Mark Foster die Songs?
Ich bezweifle das Herr Foster seine Songs selbst schreibt...
Nach dem sehr schwachen "Noir" und dem besseren, aber kurzlebigen "sic" ist dieses Album wieder richtig gut! Passt gut zwischen "LoFi" und "Santa Muerte" und macht einfach Spaß, ist abwechslungsreich und bei weitem nicht so kitschig wie man bei dem vorherrschenden Thema befürchtet.
Moment, Oiphemismus?
Nach dem misslungen Noir laufen die Broilers auf Puro Amor wieder zur altbekannten Höchstform auf.
Bin ich der einzige, der den Vergleich mit den gebrochenen Herzen auf nem Ariana Grande Konzert ein bisschen daneben findet?