laut.de-Kritik
Funk, Sex und Sieg nach Punkten pour le Canada.
Review von Martin TenschertChromeo, Kings Of Disco Funk. Falsett, eingängige Riffs und funkgie Beats. Seit jeher sind die Kanadier P-Thugg und Dave-1 bestrebt, diese Erfolgsformel zu verfeinern und zu verbessern.
Ihr neues Oeuvre "White Women" macht schon ab dem Blick aufs Cover klar: "Wir habens raus." Die beiden Chromeos haken eine mit weißem Schleier verhüllte Model-Braut unter und führen sie offensichtlich gerade zum Disco-Altar. (Axl Rose und Billy Idol nicht im Bild.)
Selbstredend setzt die Musik noch Einiges drauf, die 'Gaylord Focker Vocals', wie sie ein bekannter Münchener Plattenhändler im Gespräch mit mir nannte, sind zwar nicht jedermanns Sache. Aber ohne wäre es eben auch nicht Chromeo.
"Jealous (I Ain't With It)" legt sogleich schön discoid und funky los, erinnert aber doch stark an Empire Of The Suns "Walking On A Dream". Das hat man eigentlich nicht nötig. Klingt aber dennoch wie ein wahnsinnig schmissiger Song mit einer Clap, die eine Portion Routine in mundgerechte Stücke schneidet.
"Come Alive" ist des Plagiats aber unverdächtig, ein richtig solider, tighter Popsong. Musik dieser Couleur würde man gerne mal bei Heidis Topmodels dudeln hören. Und zwar, weil sie allgemeinverträglich, aber dennoch künstlerisch anspruchsvoll ist.
Den Chromeo-Sound in vielen Facetten und musikalischen Spielarten zu präsentieren, war schon immer der Point Fort von Dave-1 und P-Thugg. Bestes Beispiel hierfür liefert "Hard To Say No". Eine Hommage an die Filmmusik Klassiker von Oliver Onions zu den Bud Spencer und Terrence Hill-Streifen, zumindest könnte das die Inspiration gewesen sein. Extrem unterhaltsames Stück, textlich darf man ruhig aufmerksam hinhören und studieren. Es präsentiert sich nämlich im Vergleich zu anderen Discogruppen durchaus ausgereift und thematisiert auf lässige Art die Fährnisse des Alltags.
"Something Good" hat den schönen Gloria Estefan-Vibe im Gepäck. Die Cheesiness, in die man sich manchmal gerne fallen lässt. Marshmallow Of Funk. Im Refrain ist es dann schon fast zuviel Schmalz, aber der Track wirkt einfach zu rund, um sich an Details aufzuhängen. Die Produktion tönt schön warm, druckvoll und lässt zum Glück noch genug Dreck liegen. Denn Funk und Disco sind bekanntermaßen keine sterile Angelegenheit.
Irgendwie hätte man sich gewünscht, dass Daft Punk einen ähnlichen Weg bei "Random Access Memory" gegangen wären. Sie wären problemlos im Pop angekommen und hätten dennoch ihr Gesicht im Underground wahren können. Funk, Sex und Sieg nach Punkten pour le Canada.
2 Kommentare
Ein neues Chromeo-Album? Das ist irgendwie total an mir vorbeigegangen ...
Wird auf jeden Fall mal unter die Lupe genommen, klingt ja schonmal ganz schön soweit.
Jupp, das Album groovt. (Auch wenn es für Chromeo-Verhältnisse nicht so "neu" wirkt.)