laut.de-Kritik
Hüttengaudi in der Discofox-Hölle.
Review von Dani Fromm"Alle Hände nach oben, und wir klatschen!" Wohin genau, hat DJ Ötzi zu erwähnen vergessen. Sich an die Stirn? Kein Problem. Das geschieht, röchelt irgendwo noch ein letzter Anstandsrest musikalischen Anspruches, nahezu im Reflex.
Für "Es Ist Zeit" hat sich DJ Ötzi, behauptet das aufwändig gestaltete Promo-Heftchen, "besonders viel Zeit genommen". Was er damit allerdings angestellt hat, behalten seine Leute bei Universal schamhaft für sich. Weder die Texte noch deren musikalische Umsetzung verraten jedenfalls einen Hauch von Anstrengung.
Mit seinem aktuellen Album bleibt DJ Ötzi zu einhundert Prozent auf längst ausgelutschten Pfaden. Warum sollte er denn vom eingeschlagenen Weg abweichen? Der führte in der Vergangenheit ja wohl regelmäßig direkt in die obersten Verkaufsränge.
So lange kritiklose Massen in Scharen die offenen Tore der Discofox- und Mitklatsch-Hölle einrennen, muss man sich vermutlich keine erkennbare Mühe geben. Angeschickerte Après Ski-Party-Klientel lässt sich immer noch am besten mit dem immer gleichen Konzept abspeisen. Da kennen sie sich aus, da wissen sie Bescheid. Man möchte schließlich niemanden überfordern.
So tut DJ Ötzi, was er immer tat: Er singt, ungeachtet seiner nicht gerade beeindruckenden Singstimme, zu schnurgeraden Bummsbeats aus der Konserve von der Liebe und dem ewigen Glück. "Ich tu' alles für dich, denn du bist alles für mich." Keine Sorge: Tiefschürfender, persönlicher oder gar anspruchsvoller gereimt wirds nicht. "Du bist es, du warst es, du wirst es immer sein: die ganz, ganz große Liebe, ich lass' dich nie mehr allein."
Derlei abgegriffene Plattitüden tragen mit die Schuld daran, dass der deutsche Schlager einen so miesen Ruf genießt. Nicht eine einzige clever ersonnene Geschichte erzählt DJ Ötzi, er berichtet nicht von der winzigsten Entwicklung. Entsprechend ziehen seine Beteuerungen der immerwährenden Verliebtheit vollkommen spurlos an Herz und Arsch vorbei.
Dazu ein bisschen unkritisches "Wir Feiern Das Leben", eine Nummer für die Biertrinker-Fraktion ("Ring The Bell (Irish Pub Version)") und eine Spur Heimatverbundenheit: Fertig ist der Almhütten-Fertigbau. Berg scheint in DJ Ötzis Universum dafür gleich Berg zu sein. "Tirol" oder der "Vogllisi" Berner Oberland: Is' doch wurscht. Sozusagen Kaminwurzn.
Des Tirol-Antons Fans müssen Aufmerksamkeitsspannen wie die Stubenfliegen haben. Warum sonst müsste man am Ende eines Albums die Hälfte der Tracks noch einmal als "Fox Megamix 2013" zusammenfassen, um dann ein weiteres Mal die Eröffnungsnummer abzunudeln? Entsprechend stört der lyrische Null-Gehalt wohl so wenig wie das ausgeleierte musikalische Strickmuster.
Ein immer wieder dazwischendudelndes Akkordeon oder - lustig, lustig! - die über den Zaun muhende Kuh sorgen für Hüttenhalligalli. Der Alpen-Country wirkt dabei aber in etwa so authentisch wie die Oktoberfest-Klone, die allüberall fernab der Münchener Theresienwiese aus dem Boden schießen.
Um den Erfolg ganz feste zu garantieren, braucht es zusätzlich zu simpel gestrickten Ohrwürmern sicherheitshalber trotzdem noch ein paar schon gut zugerittene Hits: DJ Ötzi krallt sich zu diesem Behufe (wieder einmal) einen Song der Bellamy Brothers. "I Need More Of You" übersetzt er in "Ich Will Mehr Von Dir".
Andrea Berg schaut gleich zweimal vorbei. Ihr Erfolgstitel "Du Hast Mich Tausendmal Belogen" nennt sich in der Duett-Fassung mit DJ Ötzi plötzlich "Du Kannst Noch Nicht Mal Richtig Lügen". Sonst ändert sich so gut wie nichts. Und wie heißt bitte die Vorlage zu "Und Wenn Das Schicksal Es Will"? Mein Hirn ist offenbar schon gründlich weichgewalkt. Ich komm' einfach nicht drauf.
Das "Down Under" der Men At Work verlegt Ötzi gnadenlos nach "Tirol". In direkter Nachbarschaft zu den übrigen Nummern kommt einem diese Coverversion in alpenländischer Mundart schon beinahe amüsant vor. Ebenso schmerzt "Geh Diesen Weg Mit Mir" etwas weniger als der Rest - was aber nicht an DJ Ötzi, sondern an den Olsen Brothers liegt, die ihren Grandprix-Siegersong "Fly On The Wings Of Love" auf Deutsch anstimmen. Sehr niedlich.
"Wie ein Komet, mitten ins Herz" trifft "Es Ist Zeit" aber trotzdem nicht. Die Platte sorgt schon eher für "intergalaktischen Schmerz". Glücklich die, die das noch nicht einmal merken. Deren Zahl wird, befürchte ich, auch diesmal wieder Legion sein.
34 Kommentare
Ich hänge sehr an meinen Ohren. Und sie an mir. Aber bei DJ Ötzi würde ich sie mir am liebsten abschneiden. Und das Trommelfell anschließend mit einer glühenden Nadel durchstechen.
dj ötzi hat einige kracher geschrieben, auf die sämtliche leute abgingen wie anton aus tirol oder auch life is life. es ist wie dj bobo es sagte: umso schlechter du bist um so eher ist dir die aufmerksamkeit gewiss
Live is life (oder umgekehrt) ist von Opus. aber er ist einer unserer erfolgreichsten Künstler nach Falco, der auch international bekannt ist.
@freddy (« @The Great Destroyer (« Hast du deinem Chef irgendwie auf den Schreibtisch gekackt, oder warum musst du solche Platten rezensieren?@Dani
Das ist doch grausam!!! »):
ach ... irgendjemand muss doch. und bevor sonst einer weinen muss, machts halt der mit der meisten übung beim in-abgründe-starren. »):
wenn du zu lange schlechte Musik hörst, verändert sich nicht die Musik. Die Musik verändert dich.
also ... irgendwann machst du bei Frauentausch mit oder meldest dich für den ESC an oder singst ein Duett mit Madonna oder so.
Warum rezensiert Ihr bei laut.de so ne CD und lasst Newcomer usw. die keinen Labelsupport und somit keine online-Promo-Maschine haben außen vor? Ich kann das nicht glauben, dass Ihr für so ne Scheiße Eure Zeit opfert!
I steck dir a Brezn in dei Furzgsichterl und dei CD schieb i dir in dei Bürzerli, du Sau!