laut.de-Kritik
Grundsympathischer Rap für Safe Spaces.
Review von Dominik LippeFinna feiert "Sensibilität als ihre größte Superpower". Sieben Jahre nach ihrem Einstieg mit "Musik Ist Politik" entfaltet die queerfeministische Rapperin ihre breite Themenpalette um Bürokratie und Body Positivity, Feminismus und Feinfühligkeit, Klimaschutz und Kapitalismuskritik auf Albumlänge. Ihr zentrales Anliegen besteht aber darin, zu seinen Gefühlen zu stehen und sie offen auszudrücken. Mit Freude am Gesang und musikalisch verschroben fasst sie es in "Zartcore" zusammen: "Gefühle sind für dich 'n Witz. Ich scheiß' auf die Scheinwelt da draußen, denn mein Innen ist mein Außen."
So berechtigt es sein mag, Gefühle zuzulassen und auszudrücken, handelt es sich doch auch um einen zivilisatorischen Fortschritt, nicht gleich jeder Emotion im Umgang mit seinen Mitmenschen freien Lauf zu lassen. Sonst müsste sie auch Will Smith für seinen Wagemut feiern, Chris Rock bei der Oscarverleihung frei heraus eine runterzuhauen. Und auch den Slogan "Jede Emotion macht uns stark" sollte Finna überdenken, denn immerhin kann es verdammt starke Gefühlsregungen auslösen, mit Kollegah und Farid Bang auf den Ohren über die Autobahn zu rasen.
Aber gut, den edlen Motiven stehen höchstens begriffliche Unschärfen im Weg. Finna zielt natürlich auf Feinfühligkeit ab, die ihren Höhepunkt in "Staying Soft" erreicht, das sie mit Mino Riot und Sayes fast wie ein Gebet vorträgt. Die Kehrseite ihrer Empfindsamkeit stellt sie in "Love Für Den Zweifel" heraus. In andächtiger Atmosphäre haucht sie hervor, wie sie gegen Überforderung und Depressionen ankämpft: "Verkrieche mich Zuhause, fresse Medis, bis ich taub bin." Voller Zweifel ringt sie mit sich selbst: "Du gibst mir das Gefühl: Ist OK, wie ich bin. Und ich hoff', dass es stimmt."
Eine gewisse Unsicherheit legt Finna auch im Umgang mit ihrem äußeren Erscheinungsbild an den Tag. "Die Zweifel kommen immer wieder", schränkt sie das zur Schau gestellte Selbstbewusstsein in "Overscheiß" ein. Mit Nachdruck wischt sie den "Beauty-Standard" beiseite, dem vor allem junge Frauen durch Werbung und die Formate Heidi Klums fortwährend ausgesetzt sind: "Keine Opfer-Position, wir sind fat and proud." Im Genre der Schwergewichte The Notorious B.I.G. und Big Pun sollte sich Fatshaming eigentlich in Grenzen halten, außerhalb dessen sieht es aber schon anders aus.
Eine andere Form der Körperlichkeit hält sie in "Slutpride" hoch. "Wir finden alles heiß, jede Farbe und Form. Damit du es weißt: Ich scheiß' auf deine Norm", berauscht sich Finna mit fast trotziger Haltung an Polyamorie und Masturbation. Ihr Sex-Rap fällt weniger hingerotzt und abgründig aus, als bei den triebgesteuerten Kollegen der Porno Mafia, sondern ist ebenso poppig wie explizit feministisch. Und da die Rapperin alle Diskriminierungen ablehnt, orientiert sie sich am intersektionalen Feminismus, statt der Auslegung von Orgis alter Widersacherin Alice Schwarzer das Wort zu reden.
Mit der Mutmach-Hymne "Zurück Zu Dir" weist Finna ihrer Hörerschaft schließlich den Weg in eine optimistische Zukunft. Über weite Strecken klingt "Zartcore" nach Rap für die Safe Spaces. Ihre Anliegen sind erstrebenswert und grundsympathisch, aber in Anbetracht der brutalen Realität stellenweise etwas blauäugig. Auf der anderen Seite sind solche Stimmen nötiger denn je, wenn angesichts von Putins Invasion linke Satiriker und konservative Kolumnisten gleichermaßen eine neue wehrhafte Männlichkeit in toxischer Geschmacksrichtung von der verweichlichten Jugend einfordern.
16 Kommentare mit 43 Antworten
Es ist in der Tat noch ein Stern schlechter als Babsi Tollwuts Fischfänger.
Toll, wie sich deutscher Rap so weiterentwickelt hat. Neben misogynen, schwulenhassenden Wack-MCs haben wir jetzt auch queerfeministische Wack-MCs im Angebot. Geil.
Schmutz
Fühle die Mucke leider null (so wie Mollige/Vollschlanke das Sättigungsgefühl). Urteil: endwhack!
Alleine wegen Pissern wie dir, sind die 4/5 vielleicht doch okay.
Ach komm, dumme Provokateure muss ne Demokratie ertragen können. Wir ham doch sonst nix mehr, alles geht in die Binsen.
Wack wird immer noch ohne h geschrieben, oder meint halt nicht das, was du meinst, du Kunde.
Diese Kommentarspalte wird Ihnen präsentiert von: Männliche Egos. Herrlich fragil. Das muss man(n) gleich mal selbst probieren.
Hm. Mal abgesehen von so unwichtigen Pfosten wie Anatol oder Cole lese ich eigentlich vermehrt: Inhalt geht schon klar, Form ist halt nicht so gut. Von daher bin ich mir nicht so sicher, inwieweit dein Verweis auf fragile Männlichkeit hier zutrifft. Es sei denn, ich würde mich von Haus-Maus reimen und einem ausbaufähigen Flow in meiner Männlichkeit bedroht fühlen, dann okay.
Ich mag diese Metapher mit der fragilen Männlichkeit auch irgendwie gar nicht bzw. finde sie sehr ungenau. Das Problem ist ja eher, dass besagte Männer viel zu versteift und versessen auf ihr feststehendes Männlichkeitsbild sind. Fragil wäre es dann doch eher, wenn man sich von jedem feministischen Impuls direkt umstimmen lässt.
Genau, warum sagen wir nicht einfach steife Männlichkeit?
"Das Problem ist ja eher, dass besagte Männer viel zu versteift und versessen auf ihr feststehendes Männlichkeitsbild sind"
Das müssten sie ja aber nicht sein, wenn sie die entsprechende Selbstsicherheit besäßen und nicht alles und jeden als Angriff auf ihr Selbstbild/ihre Männlichkeit werten würden.
"Fragil" ist die Männlichkeit, wenn sie schon durch kleine Abweichungen von früheren geschlechterrollenspezifischen Normen verloren geht. Wenn ein Mann Bedenken hat von seinem Umfeld nicht mehr als Mann wahrgenommen zu werden, wenn er beispielsweise offen weint, passt meiner Meinung nach Zerbrechlichkeit schon sehr gut als Eigenschaft.
Solche Unsicherheiten zeigen sich bei Betroffenen oft auch durch einen häufig gesuchten Abgleich des eigenen Selbst- und Männlichkeitsbildes in der sozialen Interaktion - z.B. indem mann in der peer group andere Männer für das Bevorzugen von Fruchtcocktails gegenüber Bier aufzieht, beim erspähen zweier sich küssender Männer unweigerlich äußert, dass mann Homosexualität natürlich toleriere, aber das Bezeugen von körperlicher Intimität zweier Männer trotzdem Ekel in einem auslöse etc.
Wobei bei solchen Beobachtungen natürlich Kriterien sozialer Erwünschtheit und gesellschaftlich vorherrschender Konventionen nicht außer Acht gelassen werden sollten: Nur weil jemand gelernt hat, dass er in gewissen Kreisen besser ankommt wenn er nicht jedem Impuls eine spezifische persönliche Einstellungsäußerung dazu folgen lässt macht ihn das nicht automatisch zu einem Mann, der ausgeglichen in seinem Selbst- und Männlichkeitsbild ruht und von seinen individuellen Wertvorstellungen abweichende Vorlieben, Orientierungen und Lebensweisen seiner Mitmenschen aufrichtig akzeptiert, sollte klar sein...
precumcrystalclear, doc. Wo bleibt Nummi Nummi, hm? Danke.
Der Doc gibt seine Nummer ungern raus. Mir hat er sie auch nicht gegeben. Keine Ahnung, wie wir so die Bandproben organisieren sollen!
Das ist mal wieder beispielhaft dafür wie sich Dinge hier vollkommen falsch verselbstständigt haben, es sollte JEDEM hier klar sein, dass ich hier NUR parodiere, herrje.
Mein Kommentar hingegen war zu 100% ernst gemeint und in keiner Weise auf einen lange währenden Running Gag bezogen.
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.
Das ist eigentlich kein so großes Hexenwerk, Herr Schwingo...
Hast Du Kontaktdaten von Krakenmorph? Oder vom grundguten Paramann? Falls zweimal nein bliebe als nächstes Mittel der virtuelle Gang im die heiligen Hallen des hiesigen Ältestenrats der Altvorderungen - dem sagenumwobenen Mythos Tschädd - wo Du dein Anliegen als formlosen Antrag zusammen mit dem Post hier als Nachweis meiner Erlaubnis zur Weitergabe meiner Kontaktdaten an den muppet Schwingo (aktiv in der laut.de-Kommentarspaltenmuppetshow unter dem weniger gängigen Namen Schwingster) einreichst und in der Rückantwort dann bestimmt ein Mitglied des Rats netterweise die Vermittlungsarbeit übernimmt oder die Kontaktdaten von jemandem bereitstellen könnte, der/die meine schon hat bzw. haben. Selbiges gilt für die für das Projekt bereits interessiert gemeldeten oder fest zusagenden Muppets, inklusive der ehemals Aktiven oder inzwischen zu Drive by-Poster*innen verkommenen Mitglieder des Ältestenrats.
Sorry wegen dem Schutzsystem, das mussten wir leider für einige unsere (un)beliebtesten Darsteller*innen bissl ausgefeilter aufziehen, da sich Fälle von versuchter Nötigung und anfänglichem Stalking mit steigender Reichweite der Show zu Haufen begannen.
Aber wenn Du das wirklich so langsam Mal in strukturierter Bahnen lenken magst (was mir für kreative Prozesse eigentlich sogar immer bissl lieber ist, wenn da Struktur/Deadline bissl mehr von extern her gesetzt wird) sind da schon was and means and pieces of cake amd shit, sollte klar sein.
Und natürlich sorry wegen Fehlerquote, 2x vom Ersatzhandy aus zwischen Tür und Angel getippt und beide Male an jeweils unterschiedlichen Stellen insgesamt gleich viele Fehler drinnen, submanischr Top Notch-Performance as usual.
Doc Souli & The Gromkys. Endlich geht es los! ♥
Ich geh erstmal Bier holen.
"entfaltet die queerfeministische Rapperin ihre breite Themenpalette um Bürokratie und Body Positivity, Feminismus und Feinfühligkeit, Klimaschutz und Kapitalismuskritik auf Albumlänge."
Ungehört 0/5