laut.de-Kritik
Der Papst ist tot, es lebe Papa V Perpetua!
Review von Alexander CordasDer Papst ist tot, es lebe Papa V Perpetua! Das Ausmaß an Hysterie, das ein neues Ghost-Album in der Hardcore-Fangemeinde auslöst, ähnelt immer mehr der Swiftie-Mania. Schon die Ankündigung eines neuen Papa sorgt für übervolle Reddit-Kommentarspalten, im Schlepptau gibt es natürlich weiterführende Spekulationen um die Lore und die Kostüme des Oberhaupts und seiner Nameless Ghouls. Und überhaupt: dieses Wimmelbild-Cover, in das man herrlich diverse Spekulationen um die Bedeutungen hinein interpretieren kann. Warum taucht das Ghost-Logo genau drei mal auf? Was hat es mit der Morgendämmerung (Leben?) und dem Sonnenuntergang (Tod?) auf sich? Wie viele Skelette sieht man? Warum erblickt man den angedeuteten Papa nur von hinten? Was entdeckt er im Spiegel? Was hat es mit den vier Städten auf sich? Fragen über Fragen.
Mittlerweile läuft die Tour, Kommentare zur Show lassen darauf schließen, dass Ghost absolut abliefern. Der papale Mummenschanz auf der Bühne benötigt natürlich neues Material in Studio-Form, und da kommt "Skeletá" ins Spiel, das sechste Studio-Album der Schweden um Tobias Forge. Langjährigen Fans, die auf ein etwas härteres Album im Stile der Anfangsjahre gehofft haben, sei gesagt: is nicht. Der Satanic Pop Metal der jüngeren Zeit erfährt hier seine konsequente Fortsetzung, was aber nichts Schlechtes verheißen muss.
Standesgemäß beginnt "Peacefield" dramatisch mit einer kindlich klingenden Stimme, die "Pieces of what we could have been, pieces of a shattered dream" anstimmt. Ein 21-köpfiger Chor übernimmt mit "Child, take your dark memories, like seeds, and plant them far from here. Sow them, feed them, through shine and rain, your love will be born again". Das hört sich schon mal nach ganz großem Breitwandkino an. Das daraufhin einsetzende Riff klingt derart nach Achtziger, dass man die auftoupierten Matten im Dreiwettertaft-Glanz vor dem inneren Auge förmlich fliegen sieht. Aber Ghost wären nicht selbige, wenn sie dem nicht textlich eine mystische Note mitgeben würden. Die Lyrics thematisieren den inneren Kampf, dunkle Zeiten zu überstehen. Kompositorisch gibt es hier nichts zu kritteln. Vor allem die hervorragende Solo-Arbeit der Gitarristen sei an dieser Stelle lobend erwähnt.
"Lachryma" (Träne) erschien vor kurzem als zweite Single und haut mit dem drängenden Monster-Riff in eine ähnliche Kerbe wie weiland "Cirice" oder "Watcher In The Sky". In der Bridge deutet sich schon die Poppigkeit des Refrains an, der nicht so recht zum heavy Beginn passt, das muss man sich schon ein wenig schön hören. Die Def Leppardisierung schreitet unverändert voran. Einmal mehr sei hier auf den Kerl am Bass verwiesen. Kann man auf diesem Instrument Heavyrock prägnanter interpretieren? Nö.
Das bereits bekannte "Satanized" gefällt nicht nur aufgrund der Ähnlichkeit zu Iron Maidens hoppelnden Rhythmen, nur eben etwas runtergepitcht. Auch hier machen die doppelten Solo-Leads der Gitarren echt Laune. Damit springen wir gleich zu "Umbra", dem wohl schwächsten Song des Albums. Die Keyobards des Intros gaukeln das Versprechen einer Dramatik vor, die der Track nicht einlöst. Was die Cowbell da soll, erschließt sich auch nicht wirklich. Der einzige Sinn und Zweck dieses Titels dürfte der Break nach dreieinhalb Minuten sein, wenn das instrumentale Zwischenspiel von Gitarre und Keyboard eingeläutet wird. Das eignet sich nämlich perfekt live, um den Musikern Zeit für ein Duell zu geben, das Jon Lord und Ritchie Blackmore zu Ehren gereichen würde.
Somit hätten wir die Tracks bereits abgehakt, die auf der laufenden Tour zu hören sind. Was verpassen wir? Ganz einfach: Die besten Songs der Platte. Zum einen die wunderbaren Balladen "Guiding Lights" und den Kehraus "Excelsis". Auch im Ghost-Kontext zwei ruhige Nummern, die qualitativ ganz weit oben anzusiedeln sind. Speziell letztere passt mit ihrem wehmütigen Text wie Arsch auf Eimer als Rausschmeißer: "Everybody leaves one day, I know it hurts".
Da wären dann noch zwei der besten Nummern, die Ghost je geschrieben haben. Zum einen "De Profundis Borealis". Aus den Tiefen des Nordens peitscht der Rhythmus nach einem irreführenden Klavier-Intro nach Art von "Con Clavi Con Dio" nach vorne weg, einmal mehr mit fantastischen Doppel-Leads. Zum anderen "Marks Of The Evil One", das textlich auf die derzeitige politische Lage in den USA anspielt und in dem Forge gesanglich ein paar schöne Taschenspielertricks auspackt: "abracadabra some hocu pocus shhhhh ...".
Bei diesen beiden Songs fragt man sich schon, ob Forge noch alle Knochen im Leib hat. Dass er sie nicht ins Live-Set integriert, ist aber eben auch ein Hinweis darauf, wie viele Hits die Band mittlerweile aufzuweisen hat. Man könnte spielend zwei Sets basteln, ohne dass einem langweilig werden würde. Daneben präsentieren "Cenotaph" und "Missilia Amori" zwei Hardrock-Fingerübungen, bei denen erstgenannte im direkten Vergleich die Nase vorne hat. Die 'Love Rockets' glänzen eher mit ausgefeilter Solo-Einlage und albernen Lyrics. "You show me yours, I'll show you mine", haha, lol!
Ist "Skeletá" nun das beste Ghost-Album, wie es Forge wohl selbst behaupten würde? Nein, ganz sicher nicht. Dafür mutet die Vermählung von Metal und Pop doch etwas zu kalkuliert an. Anno 2025 haben die Skandinavier aber dennoch reichhaltig Material zu bieten, das nachhaltig Spaß macht und die Frage 'who put the ABBA in Sabbath?' zumindest für die Gegenwart beantwortet.
14 Kommentare mit 29 Antworten
Ich bin Agnostiker und mir kann es eigentlich egal sein aber menschlich gesehen ist das hier eine völlig geschmacklose Überschrift!
Lösch dich direkt wieder, danke.
Ich entschuldige mich im Namen des Vaters, des Sohnes und last but not least: des Heiligen Geistes. Schwör!
Du findest Dich dabei tatsächlich total cool und witzig, habe ich recht?
Also ich find's witzig. Werde zur Sicherheit trotzdem mal morgen meine Staatsangehörigkeit checken lassen.
Wenns denn wenigsten ein paar "echte" katholiken wären die sich hier echauffieren.
Pappa ante portas...
Es geht hier überhaupt nicht um klerikale Belange! Würde man so etwas über eine einem selbst nahstehende Person schreiben? Das hier ist ein Wortspiel über eine gerade verstorbene Person, das ich (!) unangebracht und einer Website wie "Laut" unwürdig finde. Ich (!) find so was niveaulos und hätte so etwas bei Machwerken wie der "Bild" erwartet.
Während der erste Durchlauf des Albums gerade läuft, vielleicht am Rande dazu: Es ist schon unheimlich, wie treffsicher die Ereignisse immer zu einem Ghostalbum passen: Prequelle + Corona-Pandemie, Impera zum aktuellen Weltgeschehen (UA-Krieg) und nun der Release von Skeleta und Vorstellung des neuen Papa zum Zeitpunkt des Todes von Franziskus... Ob da der Zwiefachgehörnte doch seine Finger im Spiel hat?
@Beltane63
Aus linguistischer Perspektive ist dies durchaus zu rechtfertigen, da der Papst ja selbst durch seine Bezeichnung ausschließlich ein abstraktes, dem normalen Bürger abtrünniges Gebilde darstellt - und zwar gewollt. Abstrakter kann eine personifizierte Institution gar nicht sein.
Was deine ethischen Bedenken angeht, gut, muss er halt dann jetzt mal drüber stehen
.
Go, Alex!
Was Beltane sagt.
Wahrscheinlich bin ich nur enttäuscht weil ich etwas mehr Niveau erwartet hätte als ein dermaßen flaches Wortspiel auf Kosten eines Toten. Auch wenn ein Titel wie "Papst", "Bundeskanzler", "Redakteur" lediglich eine Bezeichnung darstellen, so ist diese doch untrennbar mit einer Person, einem Mensch, verbunden. Aber wie gesagt, müßig zu diskutieren. Wem es gefällt, dem gefällt es. Ich (!) finde es nur doof.
wenn jemand tot ist darf man nur noch positiv über ihn sprechen? keine schlechten witze über verstorbene?
wir hatten gehofft das überwunden zu haben aber der konservativismus kommt zurück.
jeder papst ist auch immer der oberste einer absurden religionssekte. macho-arschloch eben.
Ihr seid da ja päpstlicher als der Papst
Leute, ihr überseht hier ja völlig die eigentliche Pietätslosigkeit...einem Ghost Albumng vier Punkte zu geben
... nun, nochmal Bezug nehmend auf sein eigenes Selbstverständlich als Repräsentant eines "Erlösers"(?), der zum Einen ja weiter entfernt von seinen Untertanen zu sein scheint als die oben erwähnten Amtsträger (zumindest in der vorgefertigten Theory9) zum Weiteren sich nun dort befindet, wo er diesen Zustand in all seiner Allumfassenheit ausleben kann, den er bereits zu Lebzeiten für sich beanspruchte. Wenn man Kritik an der Headline üben wollen würde, dann wohl eher, dass die zugedachte Reaktion des verstorbenen Protagonisten wie folgt lauten könnte: "Danke für die Glückwünsche, Alex."
Theory9 hingegen würde ich fortan umtaufen in:
Theo Banana I.
Herr Vor und zu Ragend, sowie Schwingo haben eigentlich alles dazu gesagt.
Der Satz ist doch auch null negativ verknüpft, wiederholt legendlich eine Tatsache und auf einer Seite, die nicht mit blumigen Formulierungen geizt, kann man dieses Wortspiel (inbesondere wenn ich auf die Outfits der Band schiele) hier doch bedenkenlos zücken?
Man kann das sogar losgelöst vom echten Papst lesen, denn auch in der fiktiven Ghost-Welt segnen die Vorgänger regelmäßig das Zeitliche und werden ersetzt.
Es geht mir nur um den Menschen! Aber einen hätte ich noch für euch: Ding, Dong der Pontifex ist tot...
Ich freu mich schon auf den Review von Alex zum neuen Album von „Mutter“.
Ach Gottchen, was ist denn hier los? In Anbetracht dessen, was die Menschheit unter der katholischen Kirche und ihrem Oberhaupt zu erleiden hatte und immer noch hat, sollte ein toter Papst und sein Gefolge diesen Spruch wegstecken können... lächerlich, wie hier manche abgehen.
Der Papst, der würdevolles Schlagen für gute Erziehung und Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, für Auftragsmörder hält. Guter Mann!
Bin da komplett bei Beltane. Gerade WEIL ich Agnostiker bin und "der Papst" im Grunde ein Typ ist wie jeder andere Mensch, sehe ich ihn mit dem gleichen Respekt an.
@Kleppi
Völlig am Punkt vorbei... Natürlich spricht nichts dagegen, Witze über Tote zu machen. Und natürlich kann (und soll) man den Papst kritisieren, unabhängig davon, ob er nochebt oder nicht. Hier geht es aber darum, dass der Tod eines Menschen an sich für ein respektloses Wortspiel herhalten muss, und das ist auch meiner Meinung nach völlig unangebracht.
Dank Home-Office in Dauerschleife seit heute morgen... Einfach großartig! Guiding Lights treibt einem Tränen in die Augen. Haben vorgestern in Frankfurt eine Hammer-Show abgeliefert, wünsche für Hannover (Mitte Mai) noch mehr Titel vom neuen Album - das würde ich auch gerne mal komplett in einem Rutsch für einen Gig nehmen, plus ein paar Hits und Year Zero als Zugaben. Jedes Ghost-Album ist anders und eine Klasse für sich, dieses hier packt mich als Baujahr 69 mit seinem 80er-Charme besonders.
Klingt absurd, aber du hast nicht zuällig mit beim Rausgehen mit deinem Kumpel diskutiert, ob ihr nicht auch noch nach München fahrt, das aber wegen der Kinder verworfen?
Nein, das war wohl ein anderer Papa
ich war mit meiner Tochter in Frankfurt, so vierte, fünfte Reihe rechts, direkt bei Sodo
Meine Tochter hat sogar noch ein Plektrum von ihm erwischt. Es war wirklich eine Megashow und eine solche Hammer-Stimmung habe ich in der Frankfurter Festhalle noch nicht erlebt, die Hütte war wirklich bis hinten voll dabei. Mitte Mai in Hannover ist dann sogar noch meine Frau mit dabei. Beim Blick auf die Setlist gestern in München könnte ich schon wieder schreien, die haben "From the Pinnacle to the Pit" bekommen, das hatte ich mir so sehr für Frankfurt auch gewünscht...
VIP Ticketpaket mit Schweinefilet im Cateringbereich? Oder war das wieder mal aus?
Ich stelle mir grade vor, wie eine aufgebrachte Meute geschminkter Ghost-Fans den Veranstalter wegen des Schweinefilets jagt.
Glücklicherweise ist Frankfurt eine Nummer unter Lanxess-VIP-Gedöns geblieben, die Festhallte bietet dafür keinen Raum. Bei den Nine Inch Nails hingegen kann man den Shit buchen - Umgeben von Mittelstandskonzernbossen in Skinny Jeans mit Muffin-Top wWährend Head Like a Hole die Aushilfskraft anbrüllen, weil der Cremant zu warm ist, war aber schon immer ein heimlicher Traum von mir.
ich hasse und verabscheue die. hab aber vergessen warum. passiert öfter die letzte zeit, leider
stirbt nicht für jedes neue ghost bc album 1 papst und wird durch den nächsten ersetzt?
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