laut.de-Kritik
Mit Badelatschen durchs Avantgarde-Land.
Review von Manuel BergerGizmodrome? Nie gehört. Die Namen der Mitglieder dafür bestimmt. Wenigstens die, die in den letzten 40 Jahren unter anderem bei The Police, King Crimson und Level 42 aktiv waren: Stewart Copeland, Adrian Belew und Mark King. Dazu gesellt sich Keyboarder Vittorio Cosma, der Gizmodrome gemeinsam mit Copeland in seiner italienischen Heimat startete. 2017 verbrachten die Herren damit, ein Debüt aufzunehmen, das sowohl ihrem Status als Ausnahmemusiker als auch dem offenbar bei der Arbeit empfundenen Spielspaß gerecht wird.
Die Supergroup präsentiert einen Sound, der tatsächlich eine recht gute Schnittmenge der Karrieren der Mitwirkenden abbildet. Copeland gibt den Leadsänger und feuert pausenlos poppige Hooks ab. Sein trockener, leicht ironischer Vortragsstil dominiert die Oberfläche wie sein Drumming die Rhythmusfraktion: Er sorgt für Struktur. Innerhalb dieser frönen die Musiker aber durchaus gerne einer Frickelleidenschaft. King tobt sich mit funkigen Bassläufen aus, in "Spin This" duelliert er sich mit Gitarrist Belew darum, wer die abgedrehteste Idee gebiert.
Dem Album haftet die Atmosphäre einer Jamsession an, aufgenommen in einer schlecht beleuchteten Bar, in der sich die Männer seit Jahren zum gemeinsamen Klassiker-Sezieren treffen. Hin und wieder schimmert noch ein Original durch, im Grunde sind aus den diversen Standards längst Eigenkompositionen geworden. Dem Publikum zuliebe bauen sie dann aber eben doch ein paar offensichtliche Zitate ein. So tönt es mitten im Reggae-lastigen "Strange Things Happen" plötzlich: "But I never even said that I was Johnny B Goode", natürlich im zugehörigen Oldschool-Rock'n'Roll-Duktus.
Immer wieder kramen Belew und King für ihre Backing-Vocals Beach Boys-Harmonien raus. In "Man In The Mountain" wird gemeinsam ge-giddy-upt. Dazu wiehert, um dem Ausdruck gerecht zu werden, ein Pferd. Durchgängig suhlen sich Gizmodrome in Hispano-Rock-Vibe. Das geht mal wie in "Zombies In The Mall" in Richtung Gipsy Kings, wird ab und an halbironisch traditionell wie in "Zubatta Cheve" oder klingt wie Santana auf LSD wie in "Amaka Pipa".
In "Summer's Coming" marschiert die Band wie Kolonialherren in eine Ursprungskultur hinein: Zwar starten sie das Stück mit schön gezupfter spanischer Gitarre, projizieren hernach aber das Bild eines feinen, englischen Gentleman mit Spazierstock ins Kopfkino. Ob beabsichtigt oder nicht, dafür sollte man den feststehenden Begriff 'musikalischer Sarkasmus' einführen.
Schickte man Tito And Tarantula in die Astronautenschule und gibt ihnen Prog-Müsli zu futtern, käme wohl ein ähnliches Potpourri dabei heraus, wie "Gizmodrome" eines darstellt. Das Album ist ebenso relaxte Coolness-Musik wie Showcase für außergewöhnliches Instrumentalfertigkeiten. In dieser Hinsicht ähneln sie The Aristocrats, präsentieren aber einen wesentlich klarer identifizierbaren Stammsound.
Die Einflüsse mögen zahlreich sein, aber sie treten nicht separat auf Songs verteilt auf, sondern meist gemeinsam. Gizmodrome watscheln gewissermaßen eine Stunde lang mit Badelatschen durchs Avantgarde-Land. Der Rausschmeißer "Stark Naked" fasst das recht gut zusammen: Gefühlt im Zehnsekundentakt geben die Musiker den Solo-Staffelstab weiter. Konzentriert man sich darauf, bietet sich ein atemberaubendes Frickelfeuerwerk. Als Soundtrack zum hirnlosen Sangria-Schlürfen eignet es sich allerdings genauso.
1 Kommentar
Ist das hier Musik fürs Altersheim. Ich ziehe sofort aus.