laut.de-Kritik
Grace Jones verwandelte Kühle in Coolness.
Review von Artur SchulzEs gab eine Zeit, da schien die Kombination Model und Sängerin mit ernsthaften musikalischen Ambitionen in der Popkultur undenkbar. Frauen hatten sich gefälligst zu entscheiden, ob Laufsteg oder Mikro. Entweder Twiggy oder Marianne Faithfull. Bis in die frühen 80er Jahre hinein begleiteten den Begriff Fotomodell zudem negativ besetzte Begriffe wie Groupie oder Kleiderstange.
Dann kam Grace Jones. Auffälligstes Merkmal: Sie verharrt nie in einer passiven Rolle, sondern treibt ihre Karriere von Beginn an zielstrebig voran. Das Bild einer animalisch wirkenden, gefährlichen Raubkatze demonstriert nach außen hin die Härte und Willensstärke, die zu ihrem Image wird. Zwar gibt Grace auch mal die Verführerin, doch spiegeln ihre Songs stets die leicht überhebliche Maxime "You can look, but you better not touch".
Nach ersten Platten in den 70ern verpasst Jones 1981 dem in die Jahre gekommenen Discosound mit "Nightclubbing" eine erstaunliche Frischzellenkur. Bis 1985 ("Slave To The Rhythm") veröffentlicht sie insgesamt sieben Alben. Zum internationalen Superstar macht sie "Nightclubbing".
Bei der Song-Auswahl bedient sie sich zu einem großen Teil am Fundus geschätzter Kollegen. Faszinierend dabei, wie die musikalisch oft konträren Tracks dennoch ein homogenes Ganzes bilden. Ihre Umsetzungen finden häufig in reggaegetränkter Clubsound-Atmosphäre statt, was besonders am Rhythmusfundament von Sly & Robbie liegt.
Der Songreigen beginnt mit dem jamaikanisch umherwiegenden "Walking In The Rain" und zieht sofort tief hinein in diese spezielle Grace Jones-Atmosphäre: exakt platzierte Beats, darüber ein eigentümlicher und in den Bann ziehender Sprechgesang. "Pull Up To The Bumper", der Hit des Albums, erobert mit wuseligen Rhythmen weltweit die Tanzflächen.
Nicht nur im Titel illustriert das von Grace mitgeschriebene "Art Groupie" wie kein anderer Track den beruflichen und persönlichen Lifestyle seiner Protagonistin, hier als kühl inszenierte Spielerei mit Elektro-Elementen. Den schleppenden Titeltrack "Nightclubbing" von David Bowie und Iggy Pop veredelt die 33-Jährige mit viel Gespür für Akzente und Dramatik. Synthiedrums müssen eben nicht nur stumpf und monoton dreinschlagend ihr Dasein fristen.
Ähnlich meisterlich glückt der Pfarrerstochter aus Jamaika die Astor Piazolla-Hommage "I've Seen That Face Before (Libertango)". Hier sprengt Jones entgültig die in frühen Jahren zuvor sehr eng gezogenen Grenzen des eigentlichen Disco-Sounds. Verhaltene Beats, südamerikanische Rhythmen, eine schwüle, geheimnisvolle Atmosphäre, und über allem diese dominante, selbstbewusste Stimme.
Ihre Entwicklung zum Gesamtkunstwerk findet in diesen Tagen ihren Höhepunkt. Allein das Cover: Kühl, bedrohlich und mit harten Konturen ausgestattet blickt Grace dem Hörer in die Augen, die Zigarette in den Mundwinkeln als lässige Bogart-Geste. Der auf Perfektion getrimmte Zeitgeist der frühen Achtziger findet hier seine perfekte Entsprechung. Ebenso wie die Jones-spezifische Umwandlung von Kühle in Coolness, was sich in ihrer Auffassung von Musikarrangements natürlich ebenfalls wiederspiegelt. "Demolition Man" von Sting inszeniert sie mit gnadenlos-fiebriger Intensität vor einem knalligen Hintergrund aus peitschenden Beats, harschen E-Gitarren und allerlei Synthie-Spielereien. Bill Withers' "Use Me" variiert erneut den reggaelastigen Grundton des Albums.
Neben Grace Jones startet kurze Zeit später noch ein anderes Model raketengleich durch: Sade landet mit "Diamond Life" auf Anhieb einen Millionenseller. Musikalisch beschreitet sie allerdings einen anderen Weg und leitet die Souljazz-Ära ein. Auch nach über 30 Jahren hat "Nightclubbing" nichts von seiner besonderen Faszination verloren und ist eines dieser Werke, die man immer wieder auf den "3 Alben für die einsame Insel"-Listen findet. Auch wenn die meisten in ihr immer noch das fiese James Bond-Girl May Day aus "Im Angesicht Des Todes" (1985) sehen.
In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.
9 Kommentare mit 2 Antworten
Jetzt wirds aber kurios.
Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.
Was ist das denn für eine lieblose Scheiß-Review? Artur Schulz sollte mal in Rente gehen.
ah, wieder so einer. "das ist ja echte scheißwurst, die ihr hier verkauft. da drüben gibts viel bessere wurst. tschüß, du hurensohn!"
Ach komm Dani, du würdest zu einem Meilenstein-Album doch nie so ne knappe und runtergeratterte Kritik schreiben, oder? Bisher hat sich die Meilenstein-Kategorie dadurch ausgezeichnet, dass die Reviews mit viel Liebe zum Detail verfasst wurden, um den Alben auch gerecht zu werden. Und das ist hier absolut nicht der Fall, das ist das einzige was mich stört.
Bitte mal wieder Hiphop...Iam - L'Ecole blabla, RAG - Unter Tage, Fugees - The Score...irgendwas!!
Bin ich nie drauf klargekommen. Sah immer aus, als sei sie in Stein gemeißelt... zu viel Image.
Kein Meilenstein für mich.
candy apple Grey Meilenstein!!!