laut.de-Kritik

Gitarren fauchen und krachen um die Wette.

Review von

Anglizismen gefährden die deutsche Sprache, befürchten Politiker und Sprachwissenschaftler schon seit Jahren. Allen voran den Christdemokraten ist die Verwendung englischer Begriffe ein Dorn im Auge.

Eines zumindest ist sicher: die Adoption fremdsprachiger Wörter will gelernt sein, hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Manch einer blamiert sich, manch einer macht daraus große Kunst. Andreas Spechtl, Gitarrist, Sänger und Texter der Wiener Indie-Rock-Band Ja, Panik, gehört zu Letzteren.

Als Anfang des Jahres auf der Internet-Seite Njure ("Organ zur Entgiftung der Gruppe Ja, Panik") die Worte "Alles Hin, Hin, Hin" zu lesen waren, mutmaßten und bedauerten Freunde der Band bereits deren Auflösung.

Schwachsinn, so scheint einem nun der gleichnamige Opener um die Ohren hauen zu wollen. Komprimiert er doch alle Qualitäten der Österreicher auf dreieinhalb Minuten: Pianist Treppo haut in die Tasten, als ginge es darum, als erster wieder fertig zu sein, die geschrammelten Gitarren fauchen und krachen um die Wette, und Spechtl zieht sich so galant aus der Affäre, das wohl kaum einer nachtragend sein könnte: "Nothing 'bout you and me, honey/ It’s all about the angst the money". Sag das erst mal so schmissig in deutscher Sprache.

Oder: "Ich bin ungeschickt/ Like a rich mans child/ Ja, es stimmt/ Like a rich mans child. Es ist großes Sprach-Kino, das Spechtl hier vorführt. Er zitiert oder schöpft Neues, er reißt nur an oder trifft den Nagel auf den Kopf. Er schreit, er flüstert, er eskaliert, er lehnt sich weit aus dem Fenster um sich danach in paranoiden Zweifeln zu wühlen. Springt zwischen dem Deutschen und dem Englischen oder packt sogar sein Französisch aus.

Das macht "The Angst And The Money" vielseitiger, vor allem aber wütender als seinen Vorgänger. Es ist der Druck, der hinter den Songs steckt, der die Hörer sofort ansteckt. "Es ist das Chaos in den Köpfen", glaubt Spechtl. Dass man sich von solch teilweise phobischen Gedanken beunruhigen lassen sollte, glaubt er nicht, sondern kommt stattdessen "zu dem Schluss, dass ein gesunder Mensch wie ich ganz einfach schrecklich Angst haben muss".

Energisch setzt auch die Band hinter ihm diese Oszillation in Szene: Tempo, Takt und Lautstärke wechseln bei Ja, Panik in einem Song so oft wie bei anderen Bands auf ganzer Albenlänge. Manchmal steigern sie sich in lautstarken Krach hinein ("1000 Times)", in dem auch mal ordentlich übersteuert wird, insgesamt ist das Album aber um einiges glatter und klarer produziert als "The Taste And The Money".

Stellenweise klingt Spechtls Akzent dabei wie der von Anajo-Sänger Oliver Gottwald. Manches wiederum erinnert an die Schnoddrigkeit des früheren Clickclickdecker, leise Momente hingegen an Rio Reiser.

"Wir drücken niemals nie auf Record/ Keine Beweise gibt es nicht". Bleibt zu hoffen, dass Ja, Panik, auch in Zukunft niemals nie auf Rec drücken werden - um zu beweisen, wie unverkrampft der Umgang mit Bilingualität sein kann.

Trackliste

  1. 1. Alles Hin, Hin, Hin
  2. 2. Tür Auf, Tür Zu
  3. 3. Die Luft Ist Dünn
  4. 4. Ja, Es Stimmt
  5. 5. Dynamite
  6. 6. Pardon
  7. 7. Blue Eyes
  8. 8. Als Habe Ich ...
  9. 9. 1000 Times
  10. 10. Nevermore
  11. 11. The Golden Handshake

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LAUT.DE-PORTRÄT Ja, Panik

Zunächst ab 2001 unter dem Namen "Flashbax" aktiv, veröffentlichen die Mitglieder von Ja, Panik bereits 2004 das Album "Straight Outta Schilfgürtel".

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