laut.de-Kritik

Ein Deutschpop-Rebelliönchen.

Review von

Beginnen wir mit dem Positiven. In der Kategorie 'pathetischer, deutscher Hymnenpop' hängt die Messlatte dermaßen tief, dass man vorliegendes Album lobend hervorheben muss. Joris trägt weder textlich noch gesanglich zu dick auf. Er und seine Musik wirken auch sympathisch. Die kratzige und dennoch weiche Stimme kann was. Und auch der teils rockige Sound von "Zu Viel Retro" steht Joris vergleichsweise gut. Und vor allem: Das Album nervt nicht. So.

Okay, tut es doch. Was nervt, ist, wie glattgebügelt und ohne Risiko es daherkommt. Eher wahlweise traurig oder lustig wiederum wirkt, wie Joris versucht, der Scheibe Ecken und Kanten zu verpassen. Zum Beispiel mit "F**k It". Jup, einfach ein "Fuck" in den Songtitel, Joris hats gemacht. Also nicht wirklich, aber fast. Im Video haut er dazu mit einem Baseballschläger einen Stapel Pappkartons um. Pappkartons. Danach sind er und sein Bestie in der Fotokabine vermutlich völlig durchgedreht.

Auf "Eigentlich" singt der Stuttgarter: "Hören Beatles und Stones, Gzuz und Bonez, Outlaws nur wir zwei." Man nimmt Joris ab, dass er sich beim 187-Hören fühlt wie ein Teenager, der heimlich raucht. Aber sogar der dürfte cooler sein als "Outlaw" Joris. Und das wars dann auch schon mit der Rebellion. Selten hat ein "Explicit"-Sticker weniger Sinn gemacht.

Zugegeben, derlei Momente sind nicht die Regel. Die Regel sind generische Pop/Rock-Instrumentals mit angenehmen Vocals und einer Spur weniger Pathos als bei der Konkurrenz üblich. Die Kalendersprüche übersetzt Joris in eine weitaus besser verdauliche Alltagssprache, etwa bei "Billiger Lovesong". Beim Chorus "Es klingt wie'n billiger Lovesong" fällt es aber schwer, nicht nach tief hängenden Früchten zu greifen. Dabei klingt das nicht einmal unbedingt nach einem Lovesong. Überhaupt informieren erst Joris' Texte die Hörerschaft darüber, ob der Song nun melancholisch oder euphorisch kommen soll. Genau hier liegt das Problem: Es geht ausschließlich um Gefühle, um Höhen und Tiefen, die die Musik aber nicht widerspiegeln.

Die Bandbreite der Sounds, die das Album bietet, bleibt eher schmal. Gitarre, Bass, Schlagzeug und beschwingter Background-Chor sind über weite Strecken gesetzt. Mit Glück gibts noch einen Synth dazu. Alle Instrumente weisen immer dieselbe Klangfarbe auf: Wer ganz genau hinhört, kann im Hintergrund die musikalischen Träume der angeheuerten Profimusiker platzen hören. Dabei ist das Album tatsächlich weit davon entfernt, schlecht zu klingen. Für jeden abwechslungsreichen Song wie "Spring!" gibt es aber leider drei "Kopenhagen", die auch Backing Tracks für Bier-Werbung sein könnten.

Auf "Stille Schatten" kommt dann tatsächlich mal eine melancholische Atmosphäre auf: "Immer wenn der Regen fällt, bin ich 20, lieg' im falschen Bett / Riech' noch stundenlang nach ihr, du tust so, als hättest dus nicht bemerkt." Selten ist ein Geständnis, fremdgegangen zu sein, ein größerer Anlass zum Feiern: Endlich ein Text, der einen intimen Einblick hinter die aalglatte Fassade gewährt, endlich ein Gefühl, das beim Hören ankommt. Doch der Abschlusstrack formatiert dann direkt wieder die Festplatte: "Das Leben ist Scheiße, zu leben ist gut", "Was ewig währt, vergeht oft zu schnell", "Das Leben ist schön".

Trackliste

  1. 1. Was Ich will
  2. 2. So Schnell Vorbei
  3. 3. Zu Viel Retro
  4. 4. Bye Bye mein Herz
  5. 5. Billiger Lovesong
  6. 6. Eigentlich
  7. 7. F**k It
  8. 8. Spring!
  9. 9. Irgendwann
  10. 10. Alles (Oléí)
  11. 11. Kopenhagen
  12. 12. Stille Schatten
  13. 13. Das Leben ist...

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