laut.de-Kritik
Deutliche Zeichen anhaltender Berauschtheit und Erregung.
Review von Jeremias HeppelerWir kennen das ja alle: Wenns läuft, dann läufts. 2014 war ein Kasabian-Jahr vom allerfeinsten. "48:13" nahm als vierte Platte in Folge die heimische Chartspitze ein, passend dazu zelebrierte die Truppe einen massiven Headlinergig beim Glastonbury. Und zu allem Überfluss holte Kasabians Hometown-Team Leicester City vollkommen überraschend die englische Meisterschaft – und feierte mit dem fanatischen Quartett als Partyband. Mehr geht nicht. Kasabian hatten die eigene Euphoriegrenze erreicht. Ein Wechselbad der Gefühlsexplosionen!
Und jetzt? Auflösen? Weitermachen? Lauter? Schneller? Leiser? Größer? Kleiner? Mastermind Sergio Pizzorno entschied sich für alles gleichzeitig und stürzte sich freudetrunkend und begeisterungstaumelnd in den anstehenden Schaffensprozess. Das hört man im Speziellen in den vermeintlich stärksten Songs der Platte: "The Party Never Ends" und "All Through The Night" sind zwei Songbrüder, die sich hippiesk umarmen und im besten MGMT-Modus verträumt durch Englands Regenwetter stolpern.
So klingt "Crying Out Loud" keinesfalls wie ein Kateralbum, sondern trägt in erster Linie Zeichen anhaltender Berauschtheit und Erregung in sich. Pizzorno, das hat sich dieser Platte eingebrannt, hatte richtig Lust auf schnörkellose Mucke. Zumindest so weit das für Kasabian möglich ist (soll heißen: Es gibt Schnörkel. Jede Menge! Beispielsweise im ziemlich überladenen Opener "Ill Ray (The King)").
In einem NME Interview gab er zu Protokoll, dass er am liebsten komplett auf Syntheshizer verzichtet hätte. "Ich habe mich wieder total in die Gitarre verliebt. Eigentlich wollte ich nur die Gitarre benutzen!" Davon ließ sich dann Sänger Tom Meighan anstecken, der sich zuletzt von seiner Lebensgefährtin getrennt hatte und jetzt gewohnt pathetisch erklärte: "Diese Platte hat mein Leben gerettet."
Das klingt jetzt natürlich so groß und gewichtig, dass sich dann doch die Neugierde meldet. Aber: Objektiv gehört wird "Crying Out Loud" diesen selbst aufgelegten Messlatten nicht gerecht und reißt sie spätestens mit dem Albumarsch in der zweiten Hälfte. "Crying Out Loud" klingt weder schlecht, noch langweilig, noch übermotiviert, nein, so weit alles okey. Viele Britpop-Fans werden an diesem Machwerk und im Speziellen an jaulenden Gitarren-Krachern wie "Twentyfourseven" oder "Good Fight" ihren Gefallen finden.
Insgesamt jedoch müssen wir jedoch das Prädikat "solide" einstempeln – wie auch schon den Vorgängern. Beinahe sinnbildlich hierfür steht die Vorab-Single "You're In Love With A Psycho", die mit ihrem rauschenden Strokes-Riff ziemlich fetzig startet, dann aber nur noch vor sich hindümpelt.
Irgendwie haben Kasabian es sich in einer Semi-Komfortzone gemütlich gemacht. Auf Dauer erscheint diese Haltung einerseits ziemlich gelangweilt (auch wenn die Band anderes vorgibt) und beginnt andererseits konsequent zu langweilen. Ödnis, die vor allem mit verschlafenen Song-Kröten der Marke "Wasted" und dem abschließenden "Put Your Life On It", einem seltsam uninspirierten Beatles-Klon, ihre Höhepunkte findet.
Wie schließen wir diese Überlegungen nun sinnvoll ab? Positiv zu vermerken ist in jedem Fall die Rückwendung der Band zum analogen Saitengeschrammel abseits allen Synthie-Pop-Gedudels. Davon abgesehen begeistert "Crying Out Loud" nur bedingt, enttäuscht aber eben auch nicht so richtig. Ein klassisches Durchschnittsalbum, das noch ein wenig durchschnittlicher wirkt, weil bereits "48:13" und "Velociraptor" so überraschend waren wie ein Mario Barth-Kennste-Gag. Und vielleicht müssen wir uns damit anfreunden, dass Kasabian eben eine durchschnittliche Band sind?
8 Kommentare mit einer Antwort
Das Album fängt echt stark an und verliert sich in der zweiten Hälfte. Ganz am Schluss fängts sich dann nochmal.
Die Qualität des Artworks reiht sich schon mal ein
Hab mal 1/5 gegeben, weil es vermutlich richtiger Schmutz ist.
"Are you looking for action" ist viel zu lang geraten. Ansonsten ist das Album aber ganz OK. Der Opener sowie "Wasted","Twentyfourseven" und "The Party Never Ends" machen schon Spass...
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
Eine Musik-Kritik, die die Vokabel "schlecht" verwendet, hat es nicht verdient, zu Ende gelesen zu werden. Warum? Weil der Kritiker offenbar nicht weiß, was Musik ist. Wie kann man in einer Kunstrichtung, die einzig und allein über Perzeption funktioniert ernsthaft etwas als "schlecht" betiteln, so als ginge es um eine falsch vergedrahtete Deckenleuchte. Sowas ist nur peinlich und unqualifiziert.