laut.de-Kritik

Der Saurier als Einzelkämpfer.

Review von

Zwischen realistischer Selbsteinschätzung und Großspurigkeit liegt bekanntlich ein schmaler Grat. Kasabian waren noch nie eine Band der leisen Töne, und so verwundert es auch kaum, dass sich die vier Briten im Vorfeld der Veröffentlichung ihres vierten Albums "Velociraptor!" abermals weit aus dem Fenster lehnten.

Wer allerdings mit seinen letzten beiden Outputs jeweils die britischen Album-Charts umkrempelte, der sollte sein Können auch nicht unter den Scheffel stellen. Für den ersten Hörkontakt mit einem der angriffslustigsten Saurier der Kreidezeit muss man sich allerdings erst einmal in Geduld üben, denn bevor der Opener "Let's Roll Just Like We Used To" in Fahrt kommt, bedarf es noch eines knapp einminütigen Intros, das klingt, als würde Stefan Mross im fernen Katmandu zum Blase-Spaß antreten.

Allerdings betreiben die Mannen um Sänger Tom Meighan mit tanzbarem Beat, poppigem Background und epischem Refrain schnell Wiedergutmachung. Der angekündigte Einzug von neuen elektronischen Elementen im Sound der Insulaner wirkt erfrischend und macht sich auch auf der rhythmischen Arena-Hymne "Days Are Forgotten" breit.

"Kiss Goodbye" schunkelt sich hingegen im Beach Boys-Stil eingängig und mit harmonischen Melodiebögen bestückt in den Äther, während das darauffolgende "La Fee Verte" die Basis des Vorgängers mit allerlei spacigen Effekt-Spielereien mixt und damit einen nahezu identischen Grund-Sound in völlig andere Sphären abdriften lässt.

Mit dem Titeltrack tritt das Quartett erstmals so richtig aufs Gaspedal und rockt sich dabei treibend durch knapp drei Minuten. Doch kaum springt man auf den brausenden Zug auf, wird die Reise auf "Acid Turkish Bath (Shelter From The Storm)" jäh gestoppt. Getreu dem Titel blubbern fernöstliche Klänge umher und schreien förmlich nach bewusstseinserweiternden Maßnahmen.

Experimentierfreudigkeit und Vielseitigkeit in allen Ehren, aber spätestens hier berauben sich Kasabian ihrer Struktur. Und genau das ist das Problem auf "Velociraptor!". Während fast jeder einzelne Song eine unbestrittene Daseinsberechtigung hat und teilweise ("Re-Wired", "Goodbye Kiss", "Man Of Simple Pleasures") sogar mit das Beste bietet, was die Band in ihrer noch jungen Karriere bisher geschaffen hat, fehlt es dem Gesamtpaket an Homogenität. Man tut sich schwer dem Schaffen zu folgen und Verbindungen herzustellen.

Letztlich sucht man auf dem Album verzweifelt nach dem berühmten roten Faden, der sich durch ein Werk ziehen sollte, damit es eine Einheit bildet. Um es sportlich auszudrücken: Was nützen einer Mannschaft viele brillante Einzelkönner, wenn das Zusammenspiel nicht funktioniert?

Trackliste

  1. 1. Let's Roll Just Like We Used To
  2. 2. Days Are Forgotten
  3. 3. Goodbye Kiss
  4. 4. La Fee Verte
  5. 5. Velociraptor!
  6. 6. Acid Turkish Bath (Shelter From The Storm)
  7. 7. I Hear Voices
  8. 8. Re-Wired
  9. 9. Man Of Simple Pleasures
  10. 10. Switchblade Smiles
  11. 11. Neon Noon

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Kasabian

Leicester? Was? Ich kenne nur Manchester. Naja, so falsch liegt man da - abgesehen vom Geographischen - bei Kasabian auch gar nicht. Mit 'Madchester' …

13 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Beim Refrain des Titelsongs "Velociraptor!" bekommt man leider den Eindruck, als hätten sie sich bei Micky Krauses "Geh doch zu hause, du alte Scheisse" bedient :D

  • Vor 13 Jahren

    'ne komm, zück mal ne 4 und es gibt nix zu meckern. "west ryder" hatte ja wohl auch keinen roten faden und schlug von song zu song immer wieder eine neue richtung ein, ohne sich mal für psychedelic rock oder electro rock zu entscheiden.
    naja, für mich mit "west ryder" das beste album der band, speziell durch die eingestreuten 60er jahre psychedelic einflüsse. betrachte es doch als compilation wie soundgardens superunknown, kai. :D

  • Vor 13 Jahren

    @MrJiggle (« Beim Refrain des Titelsongs "Velociraptor!" bekommt man leider den Eindruck, als hätten sie sich bei Micky Krauses "Geh doch zu hause, du alte Scheisse" bedient :D »):

    velociraptor hat so ziemlich den dümmsten refrain, den ich seit langem gehört habe. die melodieführung ist sehr genial hingegen, kann aber den refrain nicht überdecken. für mich der einzige ausfall.

  • Vor 13 Jahren

    also von mir gibts ne 4,5 ! Ich hab das Album jetzt schon mehrmals durch und es läuft rauf und runter, genau wie "west Ryder pauper lunatic asylum" damals oder "Kasabian" bzw. "Empire".
    Meines Erachtens nach ist das Fehlen eines roten Fadens genau das Richtige für die CD, denn jeder Song (bis auf "Neon Moon" und "Goodbye Kiss") kann so als Meisterwerk angesehen werden. Ich finde die Platte genauso gut, wie den Vorgänger.
    Sie toppt ihn zwar nicht, aber das war auch schwer :D

    Meine Lieblingstitel : "Acid turkish bath (shelter from the storm)", "Days are forgotten", "re-wired", "man of simple pleasures" und "I hear voices"

  • Vor 13 Jahren

    Hmm, kommt mir wie ein seelenloses zusammenstückeln der üblichen Platten und Bands dieses Genres vor. Nichts überraaschendes und warm werd ich damit auch nicht. Der "Geh doch zu hause, du alte Scheisse" Vergleich von MrJiggle gibt mir gerade noch den Rest.

  • Vor 12 Jahren

    @MrJiggle (« Beim Refrain des Titelsongs "Velociraptor!" bekommt man leider den Eindruck, als hätten sie sich bei Micky Krauses "Geh doch zu hause, du alte Scheisse" bedient :D »):

    das ist war , einen treffenderen vergleich könnte es kaum geben !