laut.de-Kritik
Soundtrack mit Geheimtipps und irrem Mainstream-Appeal.
Review von Dani FrommDie Welt könnte ein besserer Ort sein, nähmen sich mehr Menschen die alte Werbejingle-Weisheit zu Herzen: Fragen Sie jemanden, der etwas von der Sache versteht. Dass die Geschichte eines schwarzen Superhelds am kompetentesten ein schwarzer Regisseur mit einem fast durchgehend schwarzen Cast in Szene setzen kann, davon künden die jubilierenden Kritiken, die "Black Panther" begleiten. Was fürs Filmische gilt, beherzigten die Blockbusterproduzenten auch bei der musikalischen Begleitung.
Für den Soundtrack auf das Talent und die Expertise eines der angesagtesten schwarzen Künstler unserer Tage zu bauen: eine schlaue Entscheidung. Kendrick Lamar weiß ohne jede Frage, was er tut. Besser als dieser begnadete Lyricist wäre wohl niemand für die Aufgabe gerüstet gewesen, der Geschichte um T'Challa und seinen Widersacher Killmonger den angemessenen akustischen Rahmen zu schnitzen: kenntnisreich und zugleich mit irrem Mainstream-Appeal, wie eben auch das durchschnittliche Marvel-Epos.
Es stand zu erwarten, dass seine Selektion der "Music from or inspired by Black Panther" keinen einzigen Ausfall birgt. Trotzdem: Wie ein Album fühlt sich die Zusammenstellung nicht an. Losgelöst vom Film, seinen Bildern und der Story, wirkt dieser "Black Panther" hier eher wie eine Playlist. Genau darum handelt es sich im Grunde ja auch.
Virtuos vollzieht Kendrick Lamar die Gratwanderung, die alle echten Checker mit einem solchen Unterfangen versuchen: Ein möglichst breit aufgestelltes Publikum mit großen Namen und vertrauten, angesagten Sounds locken und bei der Stange halten, ihnen aber zugleich das eigene Nerdwissen aufs Brot schmieren, indem man ihnen immer wieder Geheimtipps unterjubelt.
Auf der einen Seite fährt Lamar The Weeknd, Travis Scott, James Blake, Anderson .Paak, Future, Ab-Soul, 2 Chainz, Schoolboy Q, Vince Staples und eine Hälfte von Rae Sremmurd auf. Um von diesen Kollegen nie zuvor gehört zu haben, hätte man die letzten Monate tatsächlich tief unter einem Stein zubringen müssen. Der Name Jorja Smith dagegen dürfte (bisher) in weit weniger Ohren vertraut klingen, und wer zum Teufel sind Babes Wodumo und Yugen Blakrok?
"I'm half machine", beantwortet letztere diese Frage in "Opps" selbst, während passend dazu wummernder Industrial-Sound ungebremst aufs Stammhirn hämmert. "Roar like a lioness, punch like a cyborg." Ein veritabler Skandal, dass diese "Astro Goth" schon 2013 ein Album veröffentlicht hat, von dem ich keinen Ton mitbekommen habe.
Jurja Smiths und Kendricks eng umschlungene Stimmen hätten in "I Am" möglicherweise noch berückenderen Zauber entfaltet, hätte man sie nicht in kitschig schillernden Streichern erstickt. Dass Reduktion auf das Wesentliche die Wirkung oft maximiert, belegt gleich im Anschluss wieder "Paramedic!" Aber wir bewegen uns eben immer noch im Marvel-Superhelden-Blockbuster-Kontext. Wo sollte man die ganz großen Kanonen abfeuern, wenn nicht hier?
Es funktioniert ja auch. Kendrick Lamar beweist es zusammen mit SZA in der doch arg konventionell gestrickten Breitwand-Opulenz von "All The Stars". Er beweist es im Verbund mit Jay Rock, Future und James Blake in "King's Dead", einem wuchtigen, finsteren Biest von einem Track, das seinen Titel Lügen straft. Er beweist es in "Big Shot" an der Seite von Travis Scott. Er beweist es ein letztes Mal zusammen mit The Weeknd im Hochglanz-R'n'B von "Pray For Me".
Trotzdem: Spannender geraten "Redemption" oder "Seasons", mit Featuregästen, deren Namen man sich erst einmal zusammenbuchstabieren muss. Der Eindruck, viele der etablierten Kollegen blieben die ganze Zeit eine bis zwei Stufen unter ihren eigentlichen Möglichkeiten, haftet dagegen mehr als einer Nummer an, die Antwort auf die in "X" aufgeworfene Frage "Are you on ten yet?" scheint allzu oft zu lauten: "Nö, bin gerade erst auf acht." Was, zugegeben, auf diesem Niveau hier noch immer eine ganze Menge ist.
5 Kommentare mit 6 Antworten
Geilo! Endlich wird mal aufgehört rumzujazzen und richtiger Hiphop kredenzt - gefällt mir!
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Bereits letztes Jahr hat er sich mit DAMN vom Jazz Sound entfernt.
Stimmt, ist an mir vorbeigegangen
Stimmt, ist an mir vorbeigegangen
hip hop und jazz zu trennen ist sinnbefreit. beide genre sind eng miteinander vermengt, so gesehen entsprang hip hop u.a. aus dem jazz. daher ist die aussage "richtiger hip hop kredenzt" nonsens. man kann soundtechnisch mögen was man will, anprangern was man will, aber von "richtigem hip hop" zu sprechen und jazz auszuklammern ist ein widerspruch. #wennkeineahnungdanndemut
Für mich ein großer Gewinner bei dem BlackPanther-Hype... was eine tolle Compilation. Unbedingt reinhören!
Grandios - Endlich mal wieder Hip Hop den man hören kann. Kendrick Lamar das beste was es zur Zeit an Hip Hop gibt.
Sehr stark, für heutige Releases, aber hoffe immer noch auf ein 2. Section.80 irgendwann...
liebe kdot, aber section80 hört sich nach heutigen massstäben doch arg verstaubt an. die beats und der sound haben den test der zeit nicht bestanden. war regelrecht enttäuscht, als ich mir letztens section80 nochmal angehört habe. hooks sind ziemlich schwach und die beats lasch. das hier viel kritisierte tpab altert dagegen sehr langsam. haut mich immer noch um, wenn ich die platte als ganzes höre.
Phu. Sehr starke Nummern drauf. "I AM" und "Paramedic". Travis Scott und Weekend. Alles grossartig. SZA Wack.