laut.de-Kritik
Seelenstrip mit Feuer und Flamme.
Review von Robin Schmidt"Sie Wollten Wasser Doch Kriegen Benzin" – ein Albumtitel, wie ihn Kontra K für sein achtes Soloalbum nicht treffender hätte wählen können. Wessen erste Assoziation dazu auf reine Gesellschaftskritik getrimmt war, dem sei direkt gesagt: Ja, die findet auf der Platte durchausstatt.
Beispielsweise direkt im Opener "Weine Nicht". Darin sieht er fast schon schwarz für diese Welt: "Weine nicht, denn du wolltest es, wolltest es so / Dass wir vor die Hunde gehen und jetzt schreibt für dich, schreibt für dich der Tod".
Auch versteht Kontra K "Ihre Sprache" nicht und wirft – das Verhalten in der Gesellschaft beobachtend – durchaus berechtigte Fragen auf: "Wie ist es gekommen, dass man den Horizont verliert / Weil eine scheiss App auf fünf bis sechs Zoll dich kontrolliert / Die Werbung wie der Teufel deine Träume programmiert / Und der Fernseher wie ein Fluch uns jeden Tag hypnotisiert?".
Doch Maximilian Diehn, so Kontra K bürgerlich, wäre nicht er selbst, wenn er nicht für ein ganz anderes Thema Feuer und Flamme wäre: Motivation durch Musik. Reihte sich Kontra K zu Beginn seiner Karriere noch in den harten Gangster-Rap aus Berlin ein, setzte er auf seinen letzten Releases vermehrt auf Werte und Tugenden, die Körper und Geist fördern. Dazu zählen: Loyalität, Respekt, Einsatzbereitschaft oder Kampfgeist. Auch auf diesem Werk baut er diese charakterlichen Züge in seine Texten ein und legt einen neuerlichen Seelenstrip hin.
"Benzin" und "Kampfgeist 4" fungieren dabei als pure Antriebsfedern, endlich den Arsch hoch zu kriegen: "Hier klärt nicht dein Rücken die Probleme, sondern immer nur du selbst". Kontra Ks Vorliebe für Sport, insbesondere als Ausgleich zu den ganzen Mindfucks in seinem Leben, dürfte der Hörerschaft bekannt sein: "Erst das Ziel nach dem Ziel ist mein Ziel."
Die Schwächeren der Gesellschaft will Kontra K aber scheinbar auch noch auf ganz andere Art und Weise stützen: "Wir rauben nur die Bunker von den reichen zehn Prozent", heißt es in "Warnung". Und weiter: "Denn Familie über allem, aber Diebe im Gesetz". Seine umtriebige Vergangenheit auf Berlins Straßen macht sich hin und wieder doch bemerkbar. Für alle, denen dieser Lifestyle nicht gefällt, hat er einen Tipp parat: "Bleib Weg Von Mir".
"So lang" könnte Kontra K zukünftig als Lebenslauf taugen. Darin beschreibt er seinen Werdegang und die Beziehung zur Musik und seinen Fans. Die innere Zerissenheit zwischen musikalischem Erfolg und den tagtäglichen Problemen spiegelt sich in "Letzte Träne" wieder: "Dem Elend ist egal, ob die Alben auf eins gehen / Weil meine Tage wieder zu schnell vorbeigehen".
"Farben" ist eine Ode an die Menschheit. Wir sind alle gleich, egal welcher Rasse oder Herkunft wir angehören: "Denn am Ende sind wir alle wieder nichts, ganz egal, ob studiert oder gut überlebt / Denn am Ende sind wir alle wieder Licht, und wollen den Weg dahin so bequem, wie es geht". Kontra K greift die aktuellen Probleme unserer Generation auf: immer mehr zu wollen, immer unzufriedener zu sein.
Dabei verliert er sich manchmal auch in Floskeln ("Immer Weiter") oder der ein oder anderen schwülstigen Line: "Doch auch in den dunkelsten Ecken des Elends blühen die Rosen bei Sonnenuntergang" ("Letzte Träne"). Ein weiteres stilistisches Mittel, das Kontra K nicht erst seit diesem Album überbordend streut, ist der Hang zu Tierbildern: "Die Geier lauern hier ständig", "Schläft man lieber mit hungrigen Tigern", "Immer mit der Ruhe, denn auch der Adler fliegt nicht höher als die Sonne". Ansonsten trifft er meist die richtige Mischung zwischen Rap-Flows und Pop-Hooks.
Das dürfte auch daran liegen, dass der Sound aus einem Guss kommt. Die Platin-Produzenten The Cratez zeichnen fast komplett für die Beats verantwortlich. Auf der Farbpalette ist so ein Mix aus melodisch, elektronisch und zeitgemäßen Rhythmen entstanden, der überwiegend nach vorne geht. "Blei", "Letzte Träne", "Farben" oder auch "Alles Was Sie Will", das eine Art Remake des Ace Of Base-Klassikers "All That She Wants" darstellt, haben in jedem Fall Hitpotenzial.
Auch die Features tun ihr Übriges und bieten bei insgesamt 20 Anspielstationen eine stimmliche Abwechslung zu Kontra Ks auf Dauer manchmal schwermütiger Motivationsoffensive. Deutlich hervorzuheben ist Gringo, der in "Honig" gar keinen Bock auf Liebe hat: "Es ist Liebe in der Luft, ich puste einfach weg / Gringo liebt dich, Gringo liebt dich net". Stilistisch erste Sahne, wie lässig Gringo in seinem Beat über die Liebe sinniert und dabei auch noch verschiedene Filmtitel von "James Bond" bis "Die Schöne und das Biest" einbaut.
Kontra K führt seinen eingeschlagenen Weg mit "Sie Wollten Wasser Doch Kriegen Benzin" konsequent fort und könnte bald noch mehr Menschen für seine Musik begeistern. Dass er dafür brennt, merkt man nicht nur dem Albumtitel an.
1 Kommentar
Ich kann den Typ nicht ausstehen, vor allem sein latenter Sozialdarwinismus und Hypermoralismus. Mir geht es bei Kontra K ähnlich, wie mit Xavier Naidoo. Mir fällt es schwer seine Musik objektiv zu bewerten und den ganzen nochmal eine Chance zu geben.