laut.de-Kritik

Aus dem Orsons-Trubel zurück in den Vordergrund.

Review von

"Ich hatte das krasse Bedürfnis, einen Beat zu haben, darüber zu rappen, mich auszutoben und Rap in seiner reinen Form zu machen", erklärte Maeckes Mitte des Jahres in einem Interview. Dürfen wir nach den drei sehr experimentellen Veröffentlichungen "null", "KIDS" und "eins" von der neuen EP also eine Rückbesinnung auf alte Tage erwarten?

Tatsächlich gesellt sich zur zuletzt alles überwiegenden Melancholie eine ordentliche Ladung Wut. Dieser macht der Chimperator-Schützling mit druckvollen, energiegeladenen Raps Luft, die man von ihm sonst eher aus alten Maeckes & Plan B-Tagen kennt.

Das eröffnende Epos "Zoom" erklärt dem Hörer umgehend, wie stark Maeckes das Bedürfnis zu rappen tatsächlich umtreibt. Nach verheißungsvollem Streicherintro legt er abrupt los, begibt sich auf einen fiktiven Gang durch die Stadt und erzählt von Punks, Geschäftsmännern, Bullen, Kiffern und Transvestiten.

Während er seine Inhalte auf seinen vorherigen Veröffentlichungen noch gerne um einzelne Phrasen herumsponn ("Kindisch Wie Du", "Alle Mich Mögen", "Anti Anti"), lässt Maeckes seine Strophen hier in ausführliche, detailreiche Beschreibungen ausufern.

Als der Beat erstmals innehält, singt das Orsons-Mitglied über sachtes Pianogeklimper. "Und du rennst mit der Cam durch die Straße / drückst Rec und hältst auf das menschliche Versagen drauf / Plötzlich taucht ein kleines Fünkchen Wahrheit auf / Du siehst nur das, auf was du zoomst."

Spätestens an diesem Punkt fühlt sich "Manx" trotz aller Rückbesinnung wieder voll und ganz nach einem Maeckes-Release an. Der sympathische Schwabe hat sich in den letzten Jahren seine ganz eigene, faszinierende Ausstrahlung erschaffen, die hier auf einen Schlag in den Vordergrund zurückkehrt.

Die angekündigte Raplastigkeit reißt über die ganze erste Hälfte der EP nicht ab. So prescht Maeckes auch im kurz gehaltenen "SLBST" und in "Pisse Aus Weingläsern" mit energischem Flow nach vorne. Letzteres gerät auch dank dem perfekt gewähltem JAW-Feature ein ganzes Stück überzeugender, als es mit Maeckes' gruseliger Hookline und seinem abgedrehten Part ohnehin schon wäre.

Wie dieser Track, so profitieren auch alle weiteren Songs von ihren musikalischen und tighten Beats. Deren Produktion hat der Stuttgarter auf "Manx" übrigens komplett selbst übernommen - mit vollem Erfolg.

Den absoluten Höhepunkt erreicht die Intensität bei "Black Swan", der inoffiziellen Fortsetzung der Maeckes & Plan B-Hymne "White Trash". Der Kollabo-Track entstand laut Maeckes völlig betrunken und fängt die Energie des "Als Wären Wir Freunde"-Tracks bestens ein. Der fuchsteufelswild wirkende Plan B erhält sehr viel Raum und ergänzt sich wie eh und je bestens mit seinem Kollegen. Es wäre sehr erfreulich, würde diese äußerst fruchtbare musikalische Ehe auf Dauer nicht im Orsons-Trubel untergehen.

Die wahrscheinlich bewusst ruhiger angelegte zweite Hälfte der "Manx"-EP enthält dagegen zunehmend Maeckes-typisches Material, steht den härteren Tracks jedoch in nichts nach. Gemeinsam mit Chimperator-Kollege Tua begibt sich der Württemberger ins "Niemandsland", schließlich war es "längst überfällig, dass wir uns auf melancholischem Terrain in Rapform treffen". In "Unperfekt" lässt er den Hörer sehr nah an sein von Selbstzweifeln geprägtes Gewissen und schafft mit Orgelsounds den nachdenklichsten Moment der EP.

Nach der ausgedehnten Eröffnungsnummer schließt sich der Kreis mit dem achtminütigen "Gossip". Über entspanntem Synthie-Beat bietet Maeckes eine interessante Chronik über sein Leben und seinen Werdegang als Rapper dar, bei dem heikle Momente wie der Wasserschaden in seiner Wohnung und damit verbundene Existenzängste nicht fehlen. Nachdem der Track lange Zeit vor sich hin plätschert und von seinen unterhaltsamen Lyrics lebt, nimmt er gegen Ende doch noch epische Ausmaße an und entfaltet sich dank breiten Streichersounds zum großen Finale.

Mit "Manx" mag sich Maeckes' Schaffen in einigen Punkten verändert und weiterentwickelt haben. In der entscheidenden Hinsicht ist er sich jedoch treu geblieben: "Ich mach' Musik für mich und für eine Hand voll / die sich nicht zufrieden geben / mit 'ner Welt, die sie nur ankotzt / weil sie mehr trinkt als sie eigentlich verträgt / Ich bin vielleicht blind, doch geh' weiterhin mein' Weg." Man kann nur hoffen, dass Maeckes trotz des für nächstes Jahr absehbaren Orsons-Hypes weiterhin genug Zeit finden wird, um seine komplexen Gedankengänge in großartiger Musik zu verarbeiten.

Trackliste

  1. 1. Zoom
  2. 2. SLBST
  3. 3. Pisse Aus Weingläsern
  4. 4. Black Swan
  5. 5. Probleme Weglächeln
  6. 6. Niemandsland
  7. 7. Unperfekt
  8. 8. Gossip

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Maeckes

Wer die Ära von 1995 bis 2000, während der Stuttgart das Kopfnicken erlernte, als Jugendlicher in der schwäbischen Hauptstadt verbrachte, musste sich …

23 Kommentare