laut.de-Kritik
Interessanter Spagat zwischen Zeiten und Kulturen.
Review von Dani Fromm"Strike the match, light the flame. It could never be the same." Immer das gleiche, das wäre ja auch stinklangweilig. Wer sich auf Matisyahu einlässt, sollte Veränderungen und Richtungswechsel ohnehin einkalkulieren.
Einer Sache bleibt er allerdings treu: Wie schon seine letzten beiden Alben, entzieht sich auch "Spark Seeker" einer Einordnung in gängige Genre-Schubladen. Matisyahu zeigt sich erneut als ausgesprochen vielseitiger Vokalist und serviert ein wenig Rap, ein wenig mehr Toasting, etwas Gesang und ein paar Happen aus der Beatbox.
Verständigte man sich bei "Light" noch irgendwie auf den weiten Oberbegriff Reggae, fällt es noch schwerer, dem "Spark Seeker" ein eindeutiges Etikett aufzukleben. Vibe, Groove und Matisyahus Art der Intonation muten zwar ungebrochen jamaikanisch an. Dazu gesellen sich aber eine Vielzahl anderer Einflüsse.
Traditionelle jüdische Gesänge und orientalische Melodien liegen bei Matisyahu so dicht nebeneinander wie Halligalli und Krieg in Tel Aviv. Angesichts verwehter Flötentöne assoziiert man unwillkürlich Indianer- oder Beduinenstämme in unmittelbarer Nachbarschaft der Großstadt, die ebenfalls ihre Spuren im Sound hinterlassen hat: Weltmusik im wahrsten Wortsinne.
Zudem geht es auf "Spark Seeker" ungewohnt elektronisch zu. Überaus präsente Synthies, 8bit-Sounds und Elektrofrickeleien durchziehen das komplette Album. Altmodische Roboter-Effekte auf der Stimme sorgen zuweilen - falls es das überhaupt gibt – für ein ganz ulkiges Retro-Sci-Fi-Gefühl.
Matisyahu, "walking through this kingdom of time", vollzieht einen interessanten Spagat zwischen Zeiten und Kulturen. Dem gedrosselten Tempo in "Crossroads" zum Trotz schwingt ein unbändiger Drang nach Erkenntnis in seiner Stimme mit. "They say inspired but I'm still looking for my fire." "Searchin'" oder das kritische "Buffalo Soldier" zeigen Matisyahu von der besten Seite.
Schade, schade, dass "Spark Seeker" das sich hier abzeichnende Niveau nicht auf Albumlänge hält. Bei mehr als der Hälfte der Nummern beschleicht mich ein ganz unangenehmes Déjà Vu-Gefühl - als wedele K'Naan vor dem inneren Auge mit der von einem Brausehersteller gesponsorten Flagge. Zu seicht, zu poppig, zu eingängig erscheinen etwa "Fire Of Freedom", "I Believe In Love" oder "Breathe Easy".
Auch die Texte bleiben hier auf einer äußerst simpel gestrickten Ebene hängen. Finde dich selbst, lebe den Moment, stell' die Liebe über den Hass - alles schön und gut. Ein paar weniger ausgelutschte Floskeln als "Together we can handle this, we can make it all alright" dürften es trotzdem schon sein.
Viel plastischer - und damit um Welten eindrücklicher - das Bild aus "Searchin'". Matisyahu zeichnet den Rabbi als Geologen der Seele, der zeigt, an welcher Stelle es sich zu schürfen lohnt. "But the digging you must do yourself."
Die zwischenzeitlich aufkeimende Enttäuschung macht aber spätestens "King Crown Of Judah" wieder wett - ein mächtiges Stück Musik, dessen arabisch beeinflusster, schiebender, finsterer Beat Rap und Gesänge in fremden Zungen gleichermaßen trägt.
Auch die der "Expanded Edition" beigepackten Akustik-Versionen entpuppen sich als extrem lohnend. Befreit von überflüssigem Ballast entfalten die Nummern, reduziert auf Gitarre, Gesang und Streicher, neuen, ganz anderen Charme. Als Entschädigung für die Wartezeit, bis die Platte offiziell nun auch hierzulande, nicht nur als Import, zu haben ist, erscheint die Zugabe mehr als tauglich.
3 Kommentare
hab den mal in ohio live gesehen, hatte live auf jeden fall was zu bieten. durchaus interessante und sehr originelle musik
Mit Sicherheit besser als 3/5, Matisyahu ist ein Genie von der ersten Sekunde an, sein Output bisher übergut, seine Autenthizität hochadelig.
hab mal reingehört. finds soundtechnisch ziemlich seicht.