laut.de-Kritik

Erste Risse im Gütesiegel - bei toll ausproduzierten Beats.

Review von

"Lederjacke muss / Treter sind geputzt / Bewege mich im Plus, weil ich nebenbei noch push' / Jägermeistersuff - meine Leber geht kaputt / Digga, Schlägerei im Club / werfe Gläser durch die Luft", womit Maxwell den wesentlichen Inhalt seines Solodebüts mit elegantem Stumpfsinn zusammenfasst.

Doch die erwartbar thematische Steppe fällt dank der sauber ausproduzierten Beats eines heißhungrigen Jambeatz nicht allzu sehr ins Gewicht. Auf den durch die Bank weg starken Brettern feuert der goldbezahnte Platinrapper unablässig Reimsalven ab und skizziert das bekannte Bild der berüchtigten Bande: vom Hauptschüler zum Top-Ten-Rapper, vom Straßenjungen zum Echo-Nominierten, doch dabei immer zu "high und besoffen", um das ganze Theater ernst zu nehmen.

Der Einstand "Fressen Oder Gefressen Werden" gibt die Marschrichtung vor, der treibende Beat lässt keine Zeit für Kompromisse. Reimkette reiht sich an Reimkette, und doch kann man bereits erahnen, dass der jüngste Spross der Strassenbande am stärksten innerhalb der Gruppe funktioniert. Mit LX kommt erstmals etwas Zwingendes in den Vortrag der Banditen, "Diese Beiden" flowen elegant um die Wette, machen bald das "Stadion Voll", und doch - irgendetwas fehlt.

"Mir fällt nix' anderes ein / außer Obsthändler sein", gibt Maxwell unumwunden zu. Tatsächlich macht "Kohldampf" genau dort weiter, wo das Duo im Sommer 2015 aufgehört hat - harter Straßenrap zwischen Boom-Bap und Trap, ohne Message direkt in die Fresse. Um drohenden Verschleißerscheinungen vorzubeugen finden sich bekannte Einschübe aus Dancehall und Reggaeton, doch besonders die dezent eingestreuten Westcoast-Synthies bleiben hängen. So bieten "PLZ" und "Nix War Geplant" sichere Anspielstationen, während das Raf-Feature "Stress Mit Mir" sowie "1 Joint" besser auf einer der beiliegenden EPs gepasst hätte.

An Output mangelt es dem 187er keineswegs. Als Nachschlag zu dem ohnehin schon üppigen "Kohldampf"-Bucket serviert Maxwell vier weitere Tracks mit "Balla Balla", auf dem vor allem das bärenstarke Tarek-Feature ("Ding Dong") brilliert, sowie die EP "Hühnchen & Bier" mit Haramburger-Fellow Bozza. Auf "Obststand" noch recht unscheinbar, mausert sich das Eroscentergangmitglied zum starken Rap-Sparring-Partner und reißt Maxwell zu wohltuend experimentellen Trap-Tracks hin ("365", "Lauf Wenn Wir Kommen").

Sei es der gefühlt zehnte Aufguss derselben Story von den Außenseitern, die plötzlich Rapdeutschland dominieren oder die teils haarsträubenden Textausfälle - der Verdacht, dass das 187-Gütesiegel Risse aufweist, erhärtet sich. Konnte man in Maxwells erstem gerappten Part auf "Krampfhaft Kriminell" (2012) noch über Vergleiche à la "Fly wie eine Meise" hinwegsehen, wirken Textstellen wie "Ihr seid weich wie 'ne Packung Toast" oder "Verstecke, die so dunkel sind wie Leberflecken" oder "Sie wollen Streit, aber fall'n wie ein Dominostein" oder "Nicht wie du, du hast Schwule als Fans" doch recht plump.

Außerdem lässt unser Safari-Guide kein noch so abgegriffenes Klischee unbedient, wodurch sowohl Hörgenuss als auch Wiedererkennungswert deutlich abnimmt. Auch hier gibt der Rest der Bande Rückendeckung und weiß von der Eintönigkeit abzulenken. Sowohl der Banden-Representer "Gangzeichen" als auch "Es Rollt" featuring Gzuz und einem dezent eingesetzten Tory Lanez liefern für sich betrachtet vorzügliche Straßenrap-Kost.

Man merkt Maxwell wie dem gesamten Umfeld an, dass sie versuchen, ihre Stärken ("Authentischer Dealer-Rap, der Spaß macht") weiter auszuspielen und dabei ungekünstelt bleiben wollen. So lassen Tracks wie "1ne Millionen" oder "Nichts War Geplant" deutlich durchblicken, dass die ehemaligen Straßenbanditen längst auf der richtigen Klingeseite der Armutsschere gelandet sind - 187 liefert sowohl den Soundtrack zur Abschlussfeier der Klasse 9B wie für die nächste Loft-Party im Berliner Savoy-Hotel.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Fressen Oder Gefressen Werden
  3. 3. Diese Beiden (feat. LX)
  4. 4. 1ne Millionen
  5. 5. Stress Mit Mir (feat. Raf Camora)
  6. 6. Es Rollt (feat. Tory Lanez, Gzuz)
  7. 7. Gezogen, Gezielt, Geschossen, Getroffen! (feat. Gzuz)
  8. 8. Nix War Geplant
  9. 9. Action (feat. Bonez MC)
  10. 10. Gaspedal
  11. 11. Stadion Voll (feat. LX)
  12. 12. Neben Der Spur (feat. Sa4)
  13. 13. 1 Joint
  14. 14. Gangzeichen (feat. Gzuz, Bonez MC, LX)
  15. 15. PLZ

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Maxwell

Hamburg, 1993. Maxwell Kwabena erblickt das Licht der Welt, wächst zu einem aufgeweckten Jungen heran, der gern Fußballspieler werden will. Er erlebt …

9 Kommentare mit 13 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    Stimme passt nicht zum Inhalt und zum Sound. Gzuz und Bonez profitieren davon, dass sie eine gewisse Aggresivität in die Stimmlage kriegen, wodurch die immer gleichen Inhalte trotzdem jedesmal wieder unterhaltsam sind. Zudem sind beide auch als Personen einfach Unikate, wohingegen Maxwell komplett austauschbar und profillos ist. Bei Maxwell wirkt das einfach nicht. Wenn ein Gzuz rappt : Na klar hab ich Sex, denn ich parshippe jetzt, High wie die Nasa, ist das textlich auf dem selben Level wie Fly wie ne Meise. Aber bei Gzuz/Bonez ziehts einfach, bei Maxwell nicht.

    Ich hätte mir für Maxwell gewünscht, dass er stilistisch an die Safari-EP anknüpft, Sound für die Fahrt zum See, oder zum Joggen bei Sonnenuntergang. Passt auch besser zu ihm und seinem Auftreten, der wirkt einfach Null wie das, was er vorgibt zu sein. Aber da wird sicher im Sommer ein Nachfolger zu PAP kommen.

    • Vor 7 Jahren

      Puh, ne, aber diese komischen Safari-Neger-Vibes waren nichts für mich.

      Kennst du die LP von ihm mit LX? So will ich Maxwell hören, asozial im wife beater deine Teenytochter mit weed anfixen und danach auf den Bolzer.

    • Vor 7 Jahren

      Im Zusammenspiel mit anderen funktioniert er ja scheinbar besser, Obststand scheint ja ziemlich gefeiert worden zu sein auf laut. Um eigenständig etwas zu schaffen fehlt es ihm einfach an Profil.
      Dann werd ich mal reinhören, vielleicht kommt er da überzeugender.

  • Vor 7 Jahren

    187 klingen alle gleich, wenn man nur mit halben Ohr hinhört. nutzt sich schnell ab

    wird wohl trotzdem reingelauscht, überwiegend wegen der Beats

  • Vor 7 Jahren

    Irgendwie nach einem mal hören schon langweilig geworden

  • Vor 7 Jahren

    Nach der Azzlack-Übersättigung setzt dann die 187-Übersättigung ein. Irgendwie nervig, wie inzwischen jedes Camp, sobald das Scheinwerferlicht auf die scheint, der Meinung sind, jede Saison wenigstens ein neues Projekt veröffentlichen zu müssen. 187 geht ja jedes mal noch weiter und veröffentlicht bei jedem Release noch eine EP, ein Mixtape oder direkt zwei EPs in der super duper Premiumbox.

    Lasst die Leute doch mal ein wenig nach neuen Releases hungern. Bei mir ist eher Pappsatt statt Kohldampf angesagt.

  • Vor 7 Jahren

    Ich habe das Gefühl, dass Maxwell im Glanz und Erfolg von Bonez MC und RAF Camora leider etwas untergegangen ist. Das Album ist in Ordnung, aber es wirkt ein wenig, als wäre es zwischen Tür und Angel entstanden.