laut.de-Kritik
Wortspiele, Synthies und drückende Drums.
Review von Julian VölkerMia Morgan hört sich täglich mehrmals "Alleine In Der Nacht" von den Ärzten an und wünscht sich die erste Drangsal-Platte als Soundtrack ihrer Beerdigung. Irgendwo zwischen den beiden musikalischen Größen parkt die Kasselerin auch ihr Album ein. Tatsächlich ist "Gruftpop" jedoch mehr: einfacher, naiver und sympathischer als der gegelte Multiinstrumentalist, poppiger und süßer als Bela B. und Co.
"Valentinstag" steht mit seinen einprägsamen Synthies mit Ohrwurmcharakter und drückenden Drums, die die Handschrift von Produzent und Die Nerven-Sänger Max Rieger tragen, exemplarisch für die musikalische Ausrichtung der Sängerin. Text und Produktion stehen im krassen Gegensatz zu ihrem 2018er Indie-Hit "Waveboy". Im Vergleich zur Lo-Fi-Liebeshymne ist der Opener sowohl eine Abrechnung als auch ein sehnsüchtiger Wunsch nach Beachtung und Zuneigung.
"Es ist Valentinstag und ich will dir dein Herz brechen"
"Was sich liebt das neckt sich, aber bringt es sich auch um?"
Mia Morgan jongliert mit Wortspielen und vermittelt emotionale Themen mit Humor. Wie ein Lachen in einem mit Tränen überströmten Gesicht. Als dominierendes Thema dienen die zerreißenden und erfüllenden Seiten der Liebe – Hauptsache extrem.
80er-Jahre Synthie-Pop zieht sich wie ein liebevoll gestalteter roter Faden durch die EP. Auch die erste Single "Es Geht Dir Gut" reiht sich da ein: Obwohl die Sängerin Gitarre spielt, bleiben Synthesizer das Mittel der Wahl. Wie ein Bienenschwarm summen sie im Hintergrund oder harmonieren als einzelne Brummer mit den Melodien des Gesangs.
"Immer Immer Immer" enthüllt die poppige Seite der Sängerin - wenn da nicht die Strophe wäre. Mia Morgan rappt, plärrt und singt so emotional, dass es jeder Fan der Mainstream-Radiomusik mit der Angst zu tun bekommt. Das ist dann wohl Gruftpop.
Deutlich schwerer klingt "Gothgirl". Der Gesang liegt über dem vollen Half-Time-Klangteppich aus Synthies und Schlagzeug. Erleichtert nimmt man den ohrwurmverdächtigen Refrain entgegen. Unentwegt spielt die Sängerin mit der simplen Melodie und dem, am Kitsch kratzenden Text wie eine Katze mit ihrem Wollknäuel. Immer kurz davor, doch nie schnappt sie zu. Zur richtigen Zeit singt sie die richtigen Worte:
"Ich will mit dir zusammen traurig sein / In schlimmen wie in schlechten Zeiten."
Als Schmankerl liefert die Platte neben einer überarbeiteten auch die berühmte Demo-Version ihres Indie-Bangers "Waveboy". Ob als dreckige Wohnzimmeraufnahme oder durchproduzierte Synthie Variante, die Ohrwurmgefahr bleibt im Mia-Morgan-Style: extrem.
7 Kommentare mit 2 Antworten
Ganz niedlich irgendwie
ja
Raucher aufgepasst:
https://m.youtube.com/watch?v=XdNz0OQSqGg
Hat mich noch nicht so richtig geschickt. Aber ich finde es immer erfrischend, wenn Goth/Wave-Leuten bewußt ist, wie lustig ihre kitschig-romantische Szene ist. Wie beim Metal machts mir mit Augenzwinkern mehr Spaß.
Kannte ich nicht. Hab wegen der Rezi reingehört und für gut gefunden. Würde auch ein ganzes Album hören wollen.
eine sexy Rezension
Fantastische EP, bekomme ich auch Monate später nicht genug von. Das ist eigentlich eine Mischung, die mich nicht ansprechen sollte, aber trotzdem ist das so verflucht packend. Kann neues Material kaum abwarten.