laut.de-Kritik
Spricht Hüften und graue Zellen gleichermaßen an.
Review von Alexander CordasMichael Franti, multistilistischer Barde und Handlungsreisender in Sachen Konfliktforschung, veröffentlicht mit "Love Kamikaze" sein Brummbär-Statement fürs Schlafzimmer. Nicht umsonst lautet der Untertitel dieses Albums unter anderem "The Lost Sex Singles".
Dabei taugt er durchaus als Barry White-Ersatz für eine jüngere Klientel, die mit dem 70er-Sound des verstorbenen sonoren Tieftöners nichts anzufangen weiß. Das Material für vorliegende Scheibe sind Relikte von Frantis Major-Zeit, die bislang noch nicht den Weg auf einen regulären Tonträger fanden. Die Tondokumente dieser Periode schimmelten also seit jenen Tagen munter in irgendeinem Karton vor sich hin. So einen Abstellraum dürfte sich manch Nachwuchskünstler wünschen.
Smooth und soft eröffnet Michael den Reigen. Dezente und monotone Akustikgitarrenklänge legen sich über einen langsamen Pilón-Rhythmus, während im Hintergrund eine Dame schwül und anzüglich im Takt des Grooves stöhnt. Lediglich von einem äußerst basslastigen Korsett getragen, schunkelt sich Franti im Titeltrack für seine Sex Singles in Stimmung und hüllt den Hörer in einen warmen Mantel aus musikalischer Zuckerwatte.
Frantis großer Pluspunkt kommt auch während des etwas engagierter vorgetragenen "Stay Human" und dem mit Drum'n'Bass angereicherten "I Wish I Could Be You" voll zum Tragen: Seine warme und unglaublich anziehende Stimme. Wobei anziehend im Kontext gedämpfter und alles andere als aufdringlich programmierter Hip Hop-Beats eigentlich genau das Gegenteil der vorherrschenden Atmosphäre sein dürfte, obwohl die behandelten Themen der Tracks kaum sexy klingen: Armut und Rassismus. Franti wandelt wie gehabt im Spannungsfeld zwischen politischer Message und Rhythmen, die neben den grauen Zellen auch die Hüften ansprechen sollen.
Die Zusammenführung dieser Gegenpole funktioniert nicht immer so gut. Aber auch wenn das - wie im Falle "What Happens Next" - einmal in die Hose geht, Herr Franti fummelt sich um platte Refrains immer noch äußerst stimmige Beats und Rhythmen zurecht. Stets zur Atmosphäre passend mal fett, dann wieder zurückhaltend schmoof und relaxt.
Ausflüge in rockige Gefilde, wie zuletzt auf "Yell Fire!" zu hören, tauchen hier nicht auf. Hip Hop, Funk, Soul, Off Beat sind in da house und machen in ihrer Funktion als Innenarchitekten der tönenden Heimstatt eine äußerst gute Figur.
6 Kommentare
"Die Tondokumente dieser Periode schimmelten also seit jenen Tagen munter in irgendeinem Karton vor sich hin."
Von mir aus hätten sie dort weiterschimmeln können, mich langweilt dieses Album zu Tode...
Love Me Unique is the shit!
Hammertrack. Perfekt zum Poppen
schreibs in den musik zum sex fred bei s&g.
@Obi Wan KaiNobi (« "Die Tondokumente dieser Periode schimmelten also seit jenen Tagen munter in irgendeinem Karton vor sich hin."
Von mir aus hätten sie dort weiterschimmeln können, mich langweilt dieses Album zu Tode... »):
klar.
klingt nicht scheiße, ist demzufolge ja auch kein jazz.
... denn nur wenns scheiße klingt, isses Jazz
Dennoch: Jazz is the new Pop ...
Farts are Jazz to assholes