laut.de-Kritik
Arbeiter im Weinberg des Herrn: Nerv-Duette vom Ballermann.
Review von Dominik LippeSommer 2004: Für einen guten Zweck rennen C-Promis über eine Hagener Kampfbahn. Mickie Krause ist da, Piet Klocke ebenso. Schwer zu sagen, wer auf der rustikalen Anlage, die irgendwann zwischen zwei Weltkriegen zur körperlichen Ertüchtigung der Jugend zusammengeschaufelt wurde, am deplatziertesten wirkt: Der Ballermann-Animateur, der Jazz-Komiker oder der beobachtende, ungelenke Autor. Als Krause dann noch die Benefiz-Veranstaltung nutzt, um seinen neusten Hit "Du Bist Zu Blöd Um Aussem Busch Zu Winken" zu singen, bleibt nur noch eine Frage: Was zum Teufel?
Das Störgefühl ist nie verschwunden. Jeder Auftritt abseits des Megaparks nährt es. Krauses Selbstbeschreibungen stellen stets die größtmögliche Distanz zur Figur da. Er sei ein "Landei" (im Mallorca Magazin), ein "ganz bodenständiger, anständiger Kerl" (bei "Täglich frisch geröstet"). Was er von seiner Musik halte? "Das ist Arbeit", heißt es lapidar. Nichts, was er sich anhöre. "Ich hab' wirklich immer Musik machen wollen - natürlich nicht die Musik, die ich heute mache." Gott bewahre. Als einzige Verbindung zur Bühnenfigur lässt sich die inklusive, soziale Ader des früheren Pfadfinders ausmachen.
Dazu passt wiederum ein Duett-Album. Ein Graus bleibt es dennoch. "Plus 1" liefert Musik für balearische Heimspiele. Krause zelebriert in "Bock Auf Bier" mit Lorenz Büffel eine Welt, in der die größte Sorge darin besteht, woher das "Dosenfrühstück" kommt. Erst suggeriert die Akustikgitarre noch Introspektion, dann knallt das Zwangsjacken-Instrumental rein, alle Schleusen öffnen sich, und der Alkohol klopft mit aller Gewalt gegen die Blut-Hirn-Schranke an. Laut überlegen die beiden, die Zelte abzubrechen und sich fortan gänzlich der Betäubung zu widmen: "Scheiß' auf mein' Job, ich bleib' für immer da."
So fällt nach dem geistigen Ballast konsequenterweise der materielle. "Badehose, Sonnenbrille, After-Sun-Lotion, ey, das reicht doch schon", frönt er mit Anna-Maria Zimmermann dem minimalistischen Leben von "Ich Fahr Nach Malle". Dazu schwankt der Sound wie das Publikum nach dem dritten Sangria-Eimer. "Wer Einmal Auf Mallorca War" setzt den Ballermann-Wahnsinn mit Nerv-Imitator Matze Knop fort. Im melodiös verträumten Winnetou-Gewand fehlt eigentlich nur noch Michael 'Bully' Herbig als Winnetouch, um das Trio infernal der deutschen Humorallergiker zu komplettieren.
Die kreative Dürre trocknet noch weiter aus, wenn mal wieder "10 Nackte Friseusen" in der 'Silberhochzeits-Edition' vorbeischauen. Vor einem Vierteljahrhundert verhagelte ihm der Party-Hit eine Laufbahn als Heimerzieher, jetzt schaut darauf Allzweckwaffe Knossi vorbei, der wie nachsynchronisiert klingt. Auch "Dann Leg Ich Schlager Auf" durchzieht mangelnder Einfallsreichtum. Mickie Krause und Tim Toupet kopieren das altbackene Konzept von Maite Kelly ("Hello!") oder Florian Silbereisen und Thomas Anders ("Nochmal!"), Vorbilder wie Udo Jürgens, Kerstin Ott oder Roberto Blanco zu zitieren.
Manche Songs schraubt Krause auf Vorschulniveau herunter. Mit La-La-La-Chorus, leichtlebiger musikalischer Begleitung und einem Wortschatz, der auf jeden Bierdeckel passt, geht "Alle Wollen In Die Berge" problemlos als Kinderlied durch. "In den Bergen ist es schön. Wenn man oben ist, kann man runtersehen", wissen der Entertainer und der Après-Ski-Aficionado DJ Ötzi zu berichten. "Wo Ist Meine Mama" nimmt noch konsequenter einen Sprössling-Standpunkt ein. Das ist schon fast unheimlich und vor dem Hintergrund des Œuvres von ihm und Gastsängerin Frenzy ("Porno") irritierend unpassend.
Mit Jürgen Drews singt er dann noch ein Loblied auf die mallorquinische Monarchie ("100 Jahre Gute Laune"). Im Machtrausch sinnieren die Schlager-Könige über ihre Regentschaft, die womöglich selbst das Ende der Welt überdauere. Es ist beruhigend, zu wissen, dass er nach Feierabend die Plastikkrone in die Ecke pfeffert. "Zum Glück muss ich nicht 24 Stunden am Tag der Partysänger sein, der die Sau rauslässt und die Hütte abreißt", sagte er letztes Jahr dem Mallorca Magazin. Musik bleibt eben nur ein Job und Mickie Krause ein bescheidener Schlager-Arbeiter im Weinberg des Herrn.
4 Kommentare
Ob Vereinsfeiern, beim Fussball oder auf Erntefesten: Dort ist er seit über einem Jahrzehnt musikalischer Stammgast.
Au Gott, is das scheiße.
Taugt nur als Nebendarsteller bei Last Exit Schinkenstraße. Musikalisch natürlich hinter Heinz Strunk
CCN mit Bushido kommt