laut.de-Kritik

Leider nicht so mächtig wie ihr Name.

Review von

Morgengrauen in der menschenleeren, hügeligen Küstenlandschaft im Nordwesten der USA. Die Sonne wirft ein warmes Licht auf einen von dünnen Nebelschwaden überzogenen Fluss, das Wasser glitzert und auf einer Anhöhe sitzen drei Jungs mit Klampfe und Holzfällerhemd, die den Moment genießen und das passende Lied dafür parat haben.

Der Vergleich mit Mumford & Sons wurde schon oft genug im Zusammenhang mit Mighty Oaks bemüht. Und den Wahl-Berlinern vorzuwerfen, sie wären einfach auf den vorbeifahrenden Hype-Zug aufgesprungen, wäre tatsächlich etwas unfair. Songs wie "Captain's Hill" oder "Back To You" die Ähnlichkeit zu "I Will Wait" abzusprechen jedoch ebenso.

Mit unaufgeregtem Gesang à la Ed Sheeran oder Coldplay trällert sich das Trio durch Country-Folk-Hymnen, die ebenso gut aus der Feder von Passenger stammen könnten. Gleich der erste Track "Brother" zeigt, wo es lang geht. Zarte, verspielte Akustikgitarre, ein Tamburin, mehrstimmige Vocals und eine Mandoline. Dazu ein Text, der den Hörer direkt in die Heimat des Hauptsongwriters Ian Hooper verfrachtet: Washington – der Staat, nicht die Stadt.

"Take my hand and ask me to stay", fordern Mighty Oaks vom Hörer in "Shells". Und weiter: "You take my hand and be mine". Tatsächlich, hat man einmal angefangen, dem Debütalbum der drei Musiker zu lauschen, kommt man so schnell nicht wieder davon los. Egal ob beim beschwingten "The Golden Road" oder dem melancholischen "Courtyard In Berlin", man hört gerne zu, lässt sich im Kopfkino an verschiedenste Orte entführen, um zu träumen.

Mit dem Titeltrack "Howl" schließen Ian Hooper, Claudio Donzelli und Craig Saunders die Reise überaus gelungen ab. Wenn's am schönsten ist, soll man aufhören, heißt es doch. Stimmt. "Howl" ist der absolute Höhepunkt der Scheibe. Starke, nachdenkliche Lyrics, die viel Raum für Interpretationen lassen, und zurückhaltende Instrumentierung bilden den perfekten Ausklang. Die Sonne geht unter, der Fluss liegt ruhig da, eine leichte Brise weht und drei einsame Schatten betrachten bewegungslos die Szenerie.

Eigentlich könnte man direkt wieder die Replay-Taste drücken. Nur sind Mighty Oaks lange nicht so mächtig, wie ihr Name vermuten lässt. Die Songs sind zwar durchgehend gut arrangiert und komponiert, am Gesang gibt es nichts auszusetzen und der auch Sound gibt keinen Anlass zur Beunruhigung. Beunruhigung ist hier jedoch das richtige Stichwort. Denn die fehlt bei "Howl" einfach.

Mighty Oaks liefern zwar souverän ab, werden wohl auch einige Erfolge feiern können, insgesamt passiert aber einfach viel zu wenig, fast alles gehorcht demselben Schema. Als Alternative zu Mumford & Sons mögen sie eine gute Wahl sein. Mighty Oaks sind irgendwo im guten oberen Durchschnitt des Genres anzusiedeln – nur bleiben sie eben Durchschnitt.

Trackliste

  1. 1. Brother
  2. 2. Seven Days
  3. 3. Back To You
  4. 4. When I Dream, I See
  5. 5. Just One Day
  6. 6. Shells
  7. 7. You Saved My Soul
  8. 8. The Golden Road
  9. 9. Captain's Hill
  10. 10. Courtyard In Berlin
  11. 11. Horse
  12. 12. Howl

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3 Kommentare

  • Vor 10 Jahren

    Wow! Was für eine Review! Ich glaube, dass ist die erste Kritik die ich so unterschreiben würde.

    Nach dem ersten Anhören stellte sich schnell Ernüchterung ein. Es ist kein pompöses Album geworden mit großen Highlights, das steht fest.
    Tatsächlich sind die Songs allesamt handwerklich sehr gut geschrieben und arrangiert.
    Insgesamt bleibt dennoch nach mehrmaligen Hören ein ziemlich positiver Eindruck zurück.

    Gerade jetzt zu den fast schon sommerlichen Temperaturen kann man die Platte wunderbar im Hintergrund laufen lassen und dazu tiefenentspannt ein Bierchen trinken. Prost!

  • Vor 10 Jahren

    Meine Frau steht total drauf... also wird es eher nix für mich sein. :D
    Fand aber auch Mumford&Sons sehr eindimensional. Da konnte ich Shearwater einfach so viel mehr abgewinnen.

  • Vor 10 Jahren

    Ich muss mich nochmal melden. Das Lied Howl entwickelt sich echt gut nach hinten hin, allerdings ist das Highlight des Albums "When I dream I see". Unglaublicher Song!