laut.de-Kritik
Die Hoffnung des deutschen Reggae.
Review von Timm LechlerDer Karlsruher "good guy" Miwata zählt zu den unterschätztesten deutschen Künstlern. Reggae-Fans warten schon lange gespannt auf sein Debüt "Eukalyptus", das nun über das Label der Jugglerz erscheint. Bei der atmosphärisch-ruhigen Eröffnung "Nur Zu Besuch featuring Patrice" taucht im Refrain die bekannte Soul-/Reggae-Legende auf - ein Auftakt, der Lust auf mehr macht.
"Phantasiewelt" verkörpert einen waschechten, akustischen Sommerhit mit treibender Gitarre. Bewundernswert ist auch das Video: Anstatt alles zu verballern und sich dabei zu filmen (Bausas "Was Du Liebe Nennst"), baut Miwata zusammen mit Viva con Agua einen Brunnen in Äthiopien. Nur Respekt für diese Aktion! "Mi Wata" ist übrigens jamaikanisch und bedeutet "Mein Wasser".
"Über Mich Hinaus" ist ein Plädoyer für den Weltfrieden und verzichtet auf Fünffachreime oder Schachtelsätze, ohne an Schlagkraft zu verlieren: "Ich trau' kaum meinen Augen, wann hört es auf / Menschen bekriegen sich, und warum, weiß keiner so genau / Ist Frieden nur ein Traum? Nein Mann, ich wache damit auf / Plötzlich wollen sie es auch, doch das geht über mich hinaus."
"So Wie Du Bist" ist ein mitreißender Liebessong, bein bereits veröffentlichten "Oh Baby" ist der Jamaikaner Jahmiel dabei. "Für Immer" stellt uns eine gute Zukunft in Aussicht: "Es heißt, der Tag, der da morgen noch kommt, sei nichts für Beginner, doch ich verliere mich nicht in Zweifel, irgendwie klappt es immer / Ich akzeptier', was kommt, was soll's? Wir werden nicht jünger, und glaub mir eins: Liebe rettet den Tag, so wie immer, ey, ey."
Der Stehauf-Männchen-Song der Platte heißt "Was Fehlt Dir": "Positiv denken jetzt das Beste für dich, blick auf den Tag mit einem Lächeln zurück / Neuer Versuch und nicht das Ende der Welt, Ich hoff', die Zeile bringt dein Lächeln zurück / Du sagst, du weißt nicht wie das geht, wer hat dir das nur erzählt? Es schockt immer wieder über Tellerränder zu sehen / Du weißt, jetzt nicht aufzugeben wär die beste Idee, stell dir vor, wo du sein willst und dann läufst du dorthin. "
Insgesamt ist "Eukalyptus" ein sauber produziertes, vielfältiges und stimmiges Gesamtkunstwerk geworden, eine Art Patentrezept für ein hochkarätiges deutsches Reggae-Album abseits von standardmäßiger Kiffer-Hippie-Musik. Wer diese wundervolle Poesie als Scheiß abkanzelt, hat bei der Europawahl vielleicht auch für die AfD gestimmt. Einzig und allein ein bisschen mehr "Punch" hätte dieses Album vertragen können. Dennoch: Miwata steht eine rosige Zukunft bevor. Big Up!
3 Kommentare mit 2 Antworten
So, so. Das ist also ein Reggae-Album? Reggae hatte ich anders in Erinnerung.
Das ist das, was fast unisono ein Großteil der deutschen Reggae-Festival- und Konzertveranstalter unter "Reggae" versteht, insoweit Aushängeschild der Szene. Spricht für dich, wenn du Reggae anders in Erinnerung hast....
Dann haben die halt alle keine Ahnung. Reggae ist das defintiv nicht.
Das ist deutsche Popmusik, teils gehen die Beats Richtung Trap. "Oh Baby" geht noch als Dancehall durch. "Für Immer" ist der einzige Track, den man entfernt noch als Reggae identifizieren kann.
Die Mixtapes fand ich gut, mit der Mucke kriegt er jede Menge Mädchen ... stellt sich nur die Frage, ob das noch legal ist