laut.de-Kritik
Die Geburtsstunde des Funk.
Review von Dani Fromm"Get Up!" Angemessener ließe sich der Soundtrack zum Film über den unbestritten hardest working man in showbusiness vermutlich nur schwer einleiten. Man könnte die Aufforderung allenfalls noch ein wenig präzisieren: "Get on the scene - like a sex machine". Umgehend befinden wir uns mittendrin in der turbulenten "James Brown Story".
Wobei ... umgehend: Die Arbeiten an "Get On Up" ziehen sich inzwischen schon länger hin, als der Soul Brother No. 1 nicht mehr unter den Lebenden weilt, und sein Tod liegt mittlerweile auch bereits knapp acht Jahre zurück. Angesichts des Ergebnisses, das Regisseur Tate Taylor nun vorgelegt hat, möchte man über die lange Entstehungszeit aber nicht mehr meckern. Im Grunde möchte man über gar nichts mehr meckern: Manch gutes Ding braucht wohl tatsächlich seine Weile.
Dass Leben, Werk und die durchaus sperrige Persönlichkeit des Godfather of Soul Stoff genug für einen abendfüllenden Streifen hergeben, dürfte außer Frage stehen. "Get On Up" versucht zum Glück gar nicht erst, den irisierenden Charakter James Browns in geordnete Erzählbahnen zu pressen. In sprunghaften Episoden, einzelnen Szenen und irrlichternden Rückblenden beleuchtet der Film eher einzelne Facetten.
Passend dazu gehorcht auch der Soundtrack, der sich aus wunderbaren (wenn auch gelegentlich hörbar angejahrten) Originalaufnahmen speist, keiner Chronologie. Die ersten beiden Nummern stammen, wie die letzte, aus den frühen 70er Jahren und gehören zu den jüngsten. Die dazwischen springen munter kreuz und quer durch die 60er. Mit "Please, Please, Please" darf kurz vor Schluss noch ein Stück mit, das seine Erstveröffentlichung schon 1956 erlebte.
Die Entwicklung, die James Brown hingelegt hat, springt einen aus seiner Musik heraus an, auch ohne dass man die Tracks in der Reihenfolge ihrer Entstehung vorgelegt bekäme. Der Gospel-Sänger von einst, der zu Beginn seiner Karriere noch souligen R'n'B, Jump Blues und andere Blues-Standards interpretierte, wuchs sich in im Grunde erstaunlich kurzer Zeit zu einem mitreißenden Bühnenmonster aus, das Abend für Abend, Show für Show, den puren Funk gebar.
"Papa's Got A Brand New Bag" gilt vielen als Wendepunkt in der Musikgeschichte. Auch sein Urheber sah das einst so: "Meine Musik, wie überhaupt die meiste, veränderte sich danach. Eigentlich angefangen hat es aber schon mit 'Out Of Sight'. Da kannst du hören, wie sich die Band und ich rhythmisch in eine ganz neue Richtung bewegen. Die Bläser, die Gitarren, die Vocals: Alles zugleich diente von da an dazu, Rhythmen zu erschaffen. Ich habe versucht, jeden einzelnen Aspekt der Produktion zum rhythmischen Muster beitragen zu lassen."
Auch dieses Bestreben dokumentiert der Soundtrack zu "Get On Up", genau wie seinen überwältigenden Erfolg. Die Entwicklung von dichtem, opulent instrumentierten, warmen Sound hin zu erdigen, merklich reduzierteren, dafür schweißgetränkten Arrangements lässt sich anhand der Aufnahmen, die für den Film Verwendung fanden, mühelos nachvollziehen.
Am nachhaltigsten beeindruckt aber natürlich auch hier die unglaubliche Bühnenpräsenz James Browns, der, befeuert von seinen Hype-Men und den euphorischen Reaktionen seines Publikums, wieder und wieder über sein ohnehin schon übermenschgroßes Ego hinauswächst. Bescheidenheit mag als Zier gelten, schmücken mögen sich damit bitte trotzdem andere. In James Browns Kosmos, in dem er selbst das Zentrum verkörpert, um das gefälligst alles und jeder zu kreisen hat, bleibt für derlei Kinkerlitz kein Platz. Wohl aber für das gesamte emotionale Spektrum zwischen schwelgerischer Hingabe und fiebriger, schier animalischer Gier.
"Watch me! I got it." Zweifellos. "I got soul." Yepp. "And I'm super bad." Auch das. Wie winzig der Schritt vom mitreißenden Entertainer zum Herold einer Bürgerrechtsbewegung sein kann, zeigt sich an "Soul Power": Selbige schreit nämlich nicht nur jede Sekunde aus Browns Stimme. Er beschwört daraus zudem nahtlos politische Forderungen. Ach, was! Schlachtrufe: "Power to the people!", etwa. Außerdem natürlich die unmissverständliche Aufforderung: "Say It Loud: I'm Black And I'm Proud".
Eine Person - zudem eine so widersprüchliche wie James Brown - im Rahmen eines Biopics zu fassen zu bekommen, mag ein schwieriges, wenn nicht sogar unmögliches Unterfangen darstellen. Auch, wenn "Get On Up" nicht alle Fragen beantwortet (und manche erst gar nicht stellt), vollzieht sein Soundtrack doch ein echtes Kunststück: Obwohl die größten Erfolge vertreten sind, wirkt dir Zusammenstellung nicht wie eine Greates Hits-Compilation.
Die mit Fingerspitzengefühl verlesenen Nummern zeigen nicht nur die Energie und Dynamik eines der mitreißendsten Bühnenkünstler, die die Welt je gesehen hat. Sie beleuchten zudem wie nebenbei einen Wendepunkt in der Musikgeschichte. Bereit für die Geburtsstunde eines neuen Genres? Dann: "Get Up"!
Die letzte Nummer exerziert noch einmal vor, wohin James Browns Weg ihn und sein Publikum geführt hat: erst knie-, dann hüfttief und am Ende bis über beide Ohren und die sorgfältig ondulierte Haarpracht in den Funk. Praktische Lebenshilfe gibts gratis obendrauf: "Get Up Offa That Thing" - "and shake 'til you feel better."
2 Kommentare
http://www.dailymotion.com/video/xy8hl_edd…
Der Trailer zu dem Film sieht imo verdammt grottig aus.