laut.de-Kritik

In den Tiefen der Kitschkiste lauert die Synthiepop-Hölle.

Review von

Til Schweiger ist bekannt dafür, seine Leinwandabenteuer immer persönlich mit Musik zu versehen. Das sorgte schon bei "Keinohrhasen", "Zweiohrküken" und "Männerherzen" für keine genrerevolutionierenden Großtaten, aber immerhin für leichtverdauliche 90 Minuten Primetime-Unterhaltung. Jeder andere Anspruch wäre auch reinstes Hirngespinst.

Man muss Schweiger zugute halten, dass die 25 Tracks auf diesem Soundtrack (elf Originale, zwölf Score, zwei Remixe) ein homogenes Gesamtbild abgeben. Nichts fällt aus der Reihe, alles fließt. Die Songs passen gut auf- und zueinander, einige große Namen sowohl aus Indie- wie Mainstreambereichen lassen sich in der Werbung gut anpreisen. So weit, so passend für einen Soundtrack.

Nur wurde dieses ausgewogene Selbstbild mit dem großen Pinsel der Langeweile gemalt, der in solchen romantischen Komödien allzu oft verwendet wird. Denn auf diesem Soundtrack regiert der atmosphärische Synthie-Pop, und zwar mit eiserner Hand und Kälte. Alles hallt, alles schwebt, alles zittert.

Übertriebene musikalische Gesten schichten ewige Synthesizer-Flächen 25-mal zu einem dramatischen Finale auf, das in Öltanker-großen Schmalztöpfen versinken zu scheint. Es fühlt sich in jeder Sekunde an, als ob Schweiger jeden Moment um die Ecke kommt und in bildfüllenden Großaufnahmen der Zuhörerschaft eine seiner so herzlichen Liebeserklärungen zumurmelt.

Es herrscht das blanke Pathos vor. Fast aufdringlich versinkt alles in riesigen Sphären, die gern als "emotional" bezeichnet würden. Die einzigen spürbaren Unterschiede lauern in den Tiefen der Kitschkiste. Wo die "Kokowääh"-Scoresongs ganz bewusst auf Eingängigkeit und große Gefühle setzen, zeigen die Beiträge von M83 und natürlich The National, dass sich mit reduzierter und feiner Klinge viel besser Stimmung aufbauen lässt. Doch auch ein "Sorrow" kann in der Großaufnahme der 25 Tracks kaum etwas ausrichten.

Hurts, One Republic und The Script liefern gewohnte Popsongs ab, die es sich wiederum nicht nehmen lassen, noch einen Loop da, einen kleinen Gospel-Chor dort oder auch Streicher (die sonstigen Soundtrack-Hausherren) mitzunehmen. Selbst Amy MacDonald versinkt im Echo-Nirwana. Die wabernden Keyboardflächen scheinen tatsächlich kein Ende zu nehmen - unterbrochen höchstens durch den ein oder anderen verzichtbaren einminütigen Pianoscore. Achja, und die Beziehungspop-Blaupause "Torn", die wahrscheinlich noch viele Generationen romantischer Komödien überdauern wird.

Bei "Kokowääh" wird eindeutig viel zu dick aufgetragen. Soundtracks sollen das Leinwandbild verstärken, manchmal konterkarieren, auch auf der akustischen Ebene aufwerten und somit einen weiteren Sinn ansprechen. Aber bitte nicht mit dem Kitsch-Holzhammer, lieber Til.

Trackliste

  1. 1. Angels & Airwaves – Epic Holiday
  2. 2. Martin Todsharow – Wings
  3. 3. Daniel Nitt – The Falling
  4. 4. Dirk Reichardt – Little Child
  5. 5. Hurts – Stay
  6. 6. Martin Todsharow – Rise
  7. 7. Amy Macdonald – Your Time Will Come
  8. 8. Martin Todsharow – Memories
  9. 9. Dirk Reichardt – Yesterday
  10. 10. Martin Todsharow – Awakening
  11. 11. M83 – We Own The Sky
  12. 12. Dirk Reichardt – Until July
  13. 13. The National – Sorrow
  14. 14. Dirk Reichardt – Circles
  15. 15. White Apple Tree – Snowflakes
  16. 16. Dirk Reichardt – How Does It Feel
  17. 17. OneRepublic – Say (All I Need)
  18. 18. Dirk Reichardt – Responsiblity
  19. 19. Eskju Divine – Grace
  20. 20. Natalie Imbruglia – Torn
  21. 21. Dirk Reichardt – Where Do You Go?
  22. 22. Martin Todsharow – The Italian
  23. 23. The Script – Breakeven
  24. 24. White Apple Tree – Snowflakes (Original Chord Remix)
  25. 25. Daniel Nitt – The Falling (Paul van Dyk Remix)

13 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Dieser Schweiger hat seinen Film nicht ernsthaft kokowäääh genannt. Ich dachte schon Ohrenhase oder wie das heißt wäre schon eine Beleidigung der Intelligenz des Publikums, aber das setzt dem noch die Krone auf.

  • Vor 13 Jahren

    Immer wenn ich diesen Anti-Actor sehe, höre oder von ihm lese wünschte ich mir sein Name wäre Programm!

  • Vor 13 Jahren

    Schweiger will zum deutschen Will Smith werden: Der pusht auch seine untalentierte Brut ohne Ende, Erst Jaden als Karate Kid und Willow als Headbanger-Plastikpuppe. Emma Schweiger gilt für mich als beste Text auswendiglernende 8-jährige Deutschlands. Mit Schauspielerei hat das pointierte Runterrasseln nichts zu tun. Aber was erwartet man auch von einem Schauspielervater, den Tarantino gerade mal zwei Sätze in einem Ensemblestück sagen lässt? Abgesehen von der Ochsenknechtbrut das Schlimmste wo gibt. Zur Musik: 'ne Compilation halt. Wer's mag...