laut.de-Kritik
Ob balladesk oder wütend: Den Briten gelingt so gut wie alles.
Review von Toni HennigDas Bandgefüge erwies sich bei Paradise Lost, mit Ausnahme vom Posten des Drummers, seit 1988 als erstaunlich stabil. Seit diesem Jahr sitzt Jeff Singer wieder einmal hinter der Schießbude. Trotzdem entstand "Ascension", das nun erscheint, noch mit Guido Zima Montanarini, der 2023 zu den Briten stieß. Musikalisch legt die Band wieder ein stilistisch breit gefächertes und abwechslungsreiches Album vor, das die Brücke zur eigenen death-doomigen Vergangenheit schlägt, aber dank der kraftvollen, druckvollen und herausragenden Produktion von Leadgitarrist Greg Mackintosh dennoch modern klingt.
Schon "Serpent On The Cross" bietet mit death-doomigen Sounds, stürmischen Doublebassmomenten, melodischen, unverkennbar nach Paradise Lost klingenden Gitarrentönen und markant tiefem Gesang Nick Holmes so ziemlich alles, was man von der Formation erwartet. Danach mutet "Tyrants Serenade", das überwiegend von einer getragenen Gitarrenmelodie und cleanen Vocals lebt, fast schon ein wenig poppig an.
"Salvation" baut dagegen mit schweren, schleppenden Riffs sowie seiner Mischung aus Growls und Klargesang eine poetische Gothic-Stimmung auf, inklusive Glocken- und Rabengeräuschen, wobei die Band auch vor traditionellen Heavy Metal-Ausflügen nicht zurückschreckt. Im Grunde klingt die Nummer atmosphärisch wie ein in Töne gegossenes Edgar Allan Poe-Gedicht.
"Silence Like The Grave" wildert demgegenüber in Metallica-artigen Gefilden, ohne dass die Briten das Melodische vernachlässigen, was angenehm an das Material auf "In Requiem" erinnert. Textlich sollte man dabei genauer hinhören, geht es doch, ebenso wie in manchen Songs von James Hetfield & Co., um die Sinnlosigkeit von Krieg. "Lay A Wreath Upon The World" wartet mit größtenteils ruhigen, akustischen Klängen und ergreifenden, cleanen Vocals auf, während "Diluvium", das wieder einmal klassische Heavy Metal-Elemente besitzt, recht wütend und zupackend gerät.
Stilistisch deckt die erste Hälfte zwar so ziemlich alles ab, was die Scheibe zu bieten hat. Dennoch sollte man die zweite Hälfte nicht unterschätzen, denn egal, ob man es gerade wieder mit balladesken Tönen ("Savage Days"), einer Prise Metallica ("Sirens") oder düsterem Death-Doom ("The Precipice") zu tun bekommt: Den Briten gelingt auf diesem Werk so gut wie alles. Man könnte höchstens bemängeln, dass ein elektronisch geprägter Track in Anlehnung an Depeche Mode fehlt, aber mit ihrem Nebenprojekt HOST haben Nick Holmes und Greg Mackintosh vor wenigen Jahren ohnehin die Paradise Lost-Fans abgeholt, die auch die synthpoppige Phase der Briten zu schätzen wissen.
Auch die beiden Bonussongs der Digipak-Variante halten nahtlos das Qualitätslevel. Gerade "This Stark Town" dürfte mit seiner Mischung aus atmosphärischen Riffs, rauen Growls und nachdenklichen, cleanen Vocals sowie leicht proggig akustischen Momenten jeden Fan wunschlos glücklich machen.
Jedenfalls scheint die Zeit großer Experimente und Stilwechsel vorbei zu sein. Paradise Lost besinnen sich ganz auf ihre Stärken und liefern ein Album ab, das sich hinter ihren früheren Großtaten nicht verstecken muss.
4 Kommentare mit 6 Antworten
Grandioses Album! Der Soundtrack für den kommenden Herbst und Winter.
stimme zu.
Meiner Meinung nach eines ihrer bisher besten Alben.
Alles seit "The Plague Within" war fantastisch, für mich die beste Phase der Band.
Ich find's auch sehr gut, vor allem, weil der Anteil Klargesang wieder etwas erhöht wurde.
stimme zu.
Kann @a_fly auch nur zustimmen. Sehr nette Entwicklung seit dem Album.
Ich wüsste etwas genauer, warum hier ein Stern abgezogen wurde. Mal sehen wo es so in der Leserwertung landet am Ende. Ich würde hier jedenfalls von meiner Seite aus 5/5 geben - wie auch das letzte Album. Unglaublich was diese Herren abliefern und das nach der langen Zeit. Hut ab!
Seht, es ist Superbecko! gleich neben
Musik von gestern.