laut.de-Kritik
Reggae, Motown-Soul, Blue Funk und eine tolle Stimme.
Review von Kai Kopp"Für mich ist wahre Kunst immer inspiriert von einer höheren Quelle", fabuliert Patrice im Interview. Viele Monde sind vergangen, seit er sich zum letzten Mal von dieser Quelle beseelen ließ. "How Do You Call It?" fragte er sich anno 2002. Unsere Redakteurin Martina Schmid antwortete: "I call it good music!". Dieses Urteil gilt uneingeschränkt auch für "Nile". Die Vorab-Single "Soul Storm" rotiert mit ihrem tanzwütigen Ska-Rhythmus schon fleißig die Playlists rauf und runter. "Nile" offenbart nun die volle Wucht von Patrices Empfängnis.
Der Opener "Today" überzeugt auf Anhieb mit seinen intelligenten Hooks und dem spartanischen Rhythmus-Fundament. Das Gitarrenriff und die Bläser tun ihr Übriges, um aus "Today" die nächste Single zu machen. "Jede Idee verlangt nach einem bestimmten Ausdruck", weiß Patrice zum Entstehungsprozess seiner Songs zu berichten. "Ideen kreiert man nicht. Man bekommt sie geschenkt und hat das Privileg, sie ausdrücken zu dürfen".
Dieses Privileg nutzt Patrice für "Nile" auf allen künstlerischen und persönlichen Ebenen. "Das Album beschreibt meine Stärken und meine Schwächen ohne mich zu zensieren. Es geht mir darum, echte Emotionen zu formulieren ohne Angst davor zu haben, sie auszusprechen."
Musikalisch finden diese Emotionen ihren Widerhall in einer abwechslungsreichen Stil-Palette, bei der seine Leidenschaft für jamaikanische Quatschzigarettenmusik aus allen Ritzen schimmert. Gepaart mit Funk, Soul, Rock, Blues und Folk präsentiert "Nile" einen reifen Patrice, der sich als moderner Singer/Songwriter begreift. Das wird vor allem in den Stücken deutlich, in denen die akustische Gitarre und seine einmalige Singstimme das Geschehen bestimmen. Paradebeispiel hierfür: "Uncried", das ebenfalls mit gekonnter Melodieführung aufwartet.
Als Gefährten im Produktionsprozess standen ihm die Mannen seiner eingespielten Live-Band "Shashamani" zur Verfügung. "Wenn man mit Gastmusikern und modernem Studio-Equipment arbeitet, hat man sehr viele Möglichkeiten der Postproduktion. Das wollte ich sehr bewusst umgehen. Deshalb ist 'Nile' im Detail zwar weniger perfekt, aber im Großen hat es wesentlich mehr Dynamik".
So ist es, finde auch ich und bescheinige ein hervorragendes Gesamtzeugnis. Motown-Soul ("It Hurts To Be Alone") und Kalimba-Klänge ("3rd Cataract") haben in seinem Reggae-Universum ebenso ihren Platz wie Blue Funk-inspirierte Eskapaden in bester Keziah Jones-Manier ("Done", "Lil Par A Dice", "Gun"). Trotz allem: "Ich bin vor allem ein Live-Act", gesteht Patrice und macht damit Lust auf die Festival-Saison, in der er genügend Gelegenheit hat, "Nile" zu präsentieren.
1 Kommentar
Tolles Album!