laut.de-Kritik

Nur "Lulu" ist anstrengender.

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Hand aufs Herz: Hat irgendjemand auf ein Soloalbum von Phil Anselmo gewartet? Eigentlich hat der Mann ja genügend Aktitvitäten am Laufen. Wenn er nicht mit seiner derzeitigen Hauptband Down aufnimmt oder tourt, kümmert er sich um sein eigenes Plattenlabel. Ist ihm das noch zu wenig, stellt er sich mal zu Eyehategod auf die Bühne und spielt Gitarre oder gründet direkt ein weiteres Nebenprojekt. Den Überblick darüber behalten nur Anselmo-Puristen. Und nun das Solo-Album.

Der Titel klingt gewohnt pathetisch. "Walk Through Exits Only" - so kennen wir Anselmo. Manche nennen es Poserei, andere Authentizität. Zumindest bleibt er sich stets treu und speist sein lyrisches Werk wie immer aus einer Ich-bin-hier-ganz-unten-und-habe-die-Welt-gegen-mich-Haltung. Der fast vollständige Name auf dem hässlichen Cover (das H. steht übrigens für Hansen) betont: Das bin ich, das ist meine Seele, nehmt sie oder lasst es.

"Music Media Is My Whore" steigt mit militärischem Rhythmus ein. Anselmo hält eine Ansprache, so scheint es. "This is not music", sagt er - und prophezeit damit, was einen in den folgenden 40 Minuten erwartet. Nämlich hauptsächlich: Lärm. Wer heimlich gehofft hatte, das Album würde wieder mehr nach Pantera klingen, wird enttäuscht. Pantera sind tot, das hat Vinnie Paul neulich auch noch mal in einem Interview betont.

Die Aggressivität dieser Band schimmert auf Anselmos Album immer mal wieder durch, aber das liegt alleine an seinen Vocals. Die sind immer noch vom Feinsten. Der inzwischen 45-Jährige schreit und keift, spuckt Gift und Galle und macht stets den Eindruck, er könnte das noch stundenlang durchhalten. Das ist dann aber auch der einzig positive Aspekt an dieser Scheibe.

Songstrukturen im eigentlichen Sinne findet man kaum. Wer auch immer für das Songwriting verantwortlich zeichnete, über Kleinigkeiten wie Hooks, Riffs oder wiedererkennbare Elemente wurde sich nicht den Kopf zerbrochen. Stilistisch irgendwo zwischen Hardcore, Thrash und etwas Death Metal angesiedelt, dient die instrumentale Untermalung nur dazu, Anselmo eine Grundlage für seine Shouts zu bieten. Alles wirkt auseinandergehackt, unzusammenhängend, verkrampft sperrig - ein einziger Frontalangriff aufs zentrale Nervensystem. Nur "Lulu" ist anstrengender.

Zum Abschied kotzt einem Anselmo noch "Irrelevant Walls And Computer Screens" vor die Füße: 12 Minuten lang, zur Hälfte nur aus Klängen bestehend, als würde jemand mit einem abgebrochenen Flaschenhals über Gitarrensaiten kratzen, zwischendurch mit der Hoffnung auf eine Melodie versetzt, die sofort wieder zerstört wird. Ächz!

Trackliste

  1. 1. Music Media Is My Whore
  2. 2. Battalion Of Zero
  3. 3. Betrayed
  4. 4. Usurper Bastard's Rant
  5. 5. Walk Through Exits Only
  6. 6. Bedroom Destroyer
  7. 7. Beridden
  8. 8. Irrelevant Walls And Computer Screens

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13 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Oh mein Gott, genau so was hab ich befürchtet. Die Subheadliner bringt's wahrscheinlich treffend auf den Punkt. Versteh nicht, warum Leute wie Anselmo nicht wenigstens hin und wieder versuchen an ihre Vergangenheit anzuknüpfen.

  • Vor 11 Jahren

    War sehr eintäuscht von dem Album, zum Glück musste ich mir nicht das Album kaufen, sondern konnte es mir auf Spotify anhören, hab auch versucht es mehrmals zu hören ich werde damit nicht warm.

  • Vor 11 Jahren

    ...vielleicht 'n Grower :-D?!
    Zugänglich geht anders... Auch 8 Tracks sind
    etwas mau. Den Totalverriss kann ich zwar nicht
    ganz nachvollziehen, da es seine Momente hat
    und keiner so geil brüllt, wie Phil... Hätte mir aber doch
    mehr Cowboys From Hell und weniger Superjoint Ritual gewünscht...
    Die Vorzeichen haben es aber erahnen lassen. Hätte 2-3 gegeben.

  • Vor 11 Jahren

    @Torque (« seid ihr behindert (fangfrage. bei eddy, e6d6d6die und olsen kennt man die antwort) vom cover her ein tribut an gg vom sound an EHG. das kann nur geil sein. Aber nein, die herren wollen ja schwules pantera... :conk: »):

    Keine Ahnung was du rauchst, ich habe nie erwähnt ich will Pantera und mehrmals versucht mich in das Album reinzuhören, aber es ist nun mal nicht mein Geschmack deshalb war ich enttäuscht, da ich auch die anderen Projekte von Ihm kenne DOWN und Superjoint Ritual(die ich beide mag), habe ich etwas besseres erwartet aber nicht unbedingt Pantera.

    Ich glaube deine Unterstellung scheint bei dir eher zu zutreffen, zumindest was die Kommunikation mit anderen Menschen angeht besteht starker Nachholbedarf.

  • Vor 10 Jahren

    Das kommt also dabei heraus wenn laut.de eine Kritik zu einem Album schreiben muss, welches zugegebenermaßen nicht leicht zugänglich ist und dazu nicht so einfach Pantera/Down/Superjoint zuzuordnen ist. Das erschwert natürlich die Arbeit, erst recht wenn man offensichtlich keinen Plan von Musik dieses Kalibers hat.Abgesehen davon das das instrumentale Niveau der ilegals enorm ist und Phils vocals wie richtig erkannt worden ist Druck machen, ist der Eindruck des vermeintlichen Fehlens von Songstrukturen eine Folge von Oberflächigkeit in der Auseinandersetzung mit der Platte.Die Songs entfalten und offenbaren nach und nach immer mehr Rythmus und Stimmigkeit , was ich in diesem Fall auch als Qualitätsmerkmal empfinde. Wer verständlicherweise Bock auf Pantera oder Down hat sollte sich diese Bands auch anhören, denn wie Phil Anselmo oft betont hat, hat er keine Lust immer dasselbe zu machen, sondern versucht seinen musikalischen Horizont zu erweitern und ähnlich wie bei southern trendkill ein statement zu setzen.Vielleicht wäre das Album bei laut.de besser angekommen hätte Phil ein antikes Brillengestell und Zusselbart im Gesicht und würde mit einer Akustikgitarre über vergangene Zeiten philosophieren...

  • Vor 10 Jahren

    olaf schmidt hat keine ahnung von musik!