laut.de-Kritik
Aus den Outtake-Schubladen von Katy, Britney und Madonna.
Review von Ulf KubankePvris - benannt nach Paris - mühen sich nicht nur mit ihrem auf den Kopf gestellten "A" redlich um Individualität. Nach dem recht großen Erfolg des Debüts "White Noise" feiern besonders Medien in den USA und UK die Band um Frontfrau Lyndsey Gunnulfsen als "Next Big Thing" und eine Offenbarung in Sachen Rock. Die Realität von "All We Know Of Heaven, All We Need Of Hell" fällt indes weitgehend ernüchternd aus.
Obgleich Pvris das Bandkollektiv stets betonen, ist es kein Geheimnis, dass die stimmgewaltige Sängerin auch Vordenkerin und Hauptsongwriterin im Gefüge ist. Konzeptionell überzeugt ihr Ansatz durchaus: Man nehme ein paar Portionen Metal oder Hardcore-Stoff, koche den Stahl mit elektrischem Pop schön weich, gebe ein bisschen aufgesetzte Gothic-Finsternis hinzu und klammere alles mit energetischem Powergesang zusammen.
Kann man machen, wenn man richtig gut ist. Garbage etwa haben bewiesen, wie perfekt sich Hartwurst und Bubblegum vermählen lassen. Von derlei Glanztaten und auch dem stimmlichen Charisma einer Shirley Manson bleiben Lynn Gunn (wie Fans sie nennen) und ihr Team jedoch weit entfernt. Gestartet als Mega-Hype, landen sie künstlerisch als Bettvorleger Marke "austauschbarer US-Markt", zu nah bei öde schrammelnden Acts wie den pseudodüsteren Evanescence oder den kalkulierten Paramore.
Gunnulfsen tritt stimmlich spätestens in jedem Chorus nahezu pausenlos aufs Bleifuß-Pedal. Alles schreit dem Hörer entgegen: "Schaut mal, was 'ne Energie!" Das stimmt auch. Dabei versäumt sie jedoch, statt konstanter Luftpumpe dem ohnehin auch in ruhigeren Passagen hart und kühl klingenden Gesang Nuancen von Wärme oder Koloratur zu addieren. Es ist ein bisschen wie bei Schauspielern, die nur über einen Gesichtsausdruck verfügen: Das einspurige Ergebnis klingt im Verlauf folgerichtig austauschbar und langweilt. Großes Gähnen mit Gunnulfsen!
Letzteres steigert die Belanglosigkeit der Songs erheblich. Egal, ob "Half", "Anyone Else", "Walk Alone", "Same Soul": Statt großer Melodien und individueller Produktion bieten Pvris über weite Strecken höchstens eine Neuaufführung von "Des Kaisers neue Songkleider". So ähnlich sieht es in den Outtake-Schubladen von Britney Spears, Katy Perry, Avril Lavigne, Madonna oder Rihanna aus.
Alle poppigen und elektronischen Elemente verkommen zu sterilem Klangfliter, der bereits tausendfach gehörte musikalische Nichtigkeiten umhüllt. Man teste nur die gesichtslosen Nummern "No Mercy" oder "Winter" als katastrophale Realitäten eines auf allen ästhetischen Ebenen fast brutalen Scheiterns.
Ganz besonders uninteressant erscheint auch der weitgehend stereotype Gitarren-Einsatz. Allüberall streuen Pvris genormte Stromgitarren aus jenem Blechkasten, den US-Radiostationen und mediokre Bands in ihren schlimmen Momenten dem unbedarften Publikum als Edelmetall anzudrehen trachten. Zwar gibt es einige Augenblicke, in denen der Sound ein wenig gothische Postpunk-Wärme verströmt. Doch diese ange"cure"ten Sekunden gehen mangels Authentizität als bloßes Kommerzkalkül baden.
Wenn sowohl die Sechssaiter als auch Vocals und Komposition nur Schablone plus Konformität anbieten und die Produktion eher modernistisch als modern wirkt, bleibt so gar nichts, das den Unterhaltungsfaktor solcher 08/15-Stücke vor dem grubentiefen Absturz errettet. Auch das handwerkliche Knowhow der Band haucht Musik und Vortrag keine Seele, geschweige denn echtes Gefühl ein. Der Hörer bleibt von "All We Know Of Heaven, All We Need Of Hell" so unberührt zurück wie eine jungfräuliche Nonne.
3 Kommentare
Klar ist das Album gewollt auf "düstere Coolness" getrimmt, dennoch funktionierts im Gesamtkonzept vor allem mit Gunnulfsens Vocals gut bis sehr gut.
Muss dennoch beipflichten, dass sich die Songs im ersten Hördurchgang zu ähnlich anhören. Wird aber von Mal zu Mal besser.
Kann die 1-Stern Bewertung und den irreführenden Titel der Rezi daher nicht nachvollziehen.
4/5
pflichte dem anwalt bei, ein riesenrotz.
Selten so einen Käse gelesen. Wozu der Verriss?