laut.de-Kritik

Sorry, Robbie, aber diesmal kein "Kreisch!" für dich.

Review von

Lieber Robbie, ich weiß, das wirst du mir nie verzeihen, aber es tut mir leid: Von deiner "Heavy Entertainment Show" hätte ich mehr erwartet. Vor allem auch von Guy Chambers. Ich war voller Vorfreude: Endlich ist das Traum-Songschreiber-Duo wieder vereint. Gemeinsam zaubert ihr tolle Pop-Hymnen, wie damals mit "Angels", "Let Me Entertain You" oder "Millenium". Aber leider hast du mich diesmal sehr enttäuscht und dir kein "Kreisch!" verdient. Da hilft auch die prominente Unterstützung nicht, die du dir ins Studio eingeladen hast, u.a. Johnny McDaid von Snow Patrol.

Das Grauen erreichte mich beim Prelistening der ersten Singleauskopplung. Beinahe zeitgleich als die ersten Schlagzeilen der Horror-Clowns kursierten, hörte ich zum ersten Mal "Party Like A Russian". Ich bin mir nicht sicher, wer oder was mich mehr gruselte. Allein der Songtitel löste in mir keine positiven Gefühle aus. Songzeilen, wie "I've got Stoli and Bolly and Molly, so I'm jolly" sind so strulli" und "there's revolution in the air" hauen mich auch nicht mehr um. Geschweige denn das Video mit leichtbekleideten Damen und kessen Tanzschritten. Nimmst du wieder Drogen? Ach nee, du hast nur wieder angefangen zu rauchen. Dann sind das wahrscheinlich deine ganz speziellen "Liebesgrüße aus Moskau"? Halbnackte Frauen, die um dich tänzeln und dich bedienen - und du machst einen auf Big Boss. Ist das dein Ernst? Oder deine wilden Träume, weil dir deine Familie zu Hause dann doch mal auf die Nerven geht? Angeblich warst du früher auf einigen russischen Partys. Da muss es wohl ordentlich abgegangen sein. Und jetzt schlummert das wilde Partyanimal immer noch in dir und darf nur zum Videodreh raus. Grrrr. Passend zum Text geht die Musik auch gar nicht. Da hilft auch kein Streicher-Ensemble. Schlechter war nur noch dein Ausflug in die 80er. Bis jetzt lag Rudebox mir immer ganz schwer im Magen.

"Mixed Signals" ist dann die Stadion-Hymne 2017. Ein Geschenk von Produzent Stuart Price, der mit Brandon Flowers (The Killers) zusammenarbeitet. Das ist wirklich eine sehr nette Geste von ihm und zeigt wieder einmal, dass du auch bei den Musikerkollegen, die du bewunderst, ganz gut ankommst. Natürlich kommst du nächstes Jahr wieder auf Europa-Tour. Dann wirst du auch diesen Song rocken, aber bitte tausche ihn nicht gegen "Let Me Entertain You" aus. Das ist und bleibt einfach der beste Williams-Opener.

Da reicht auch niemals dein Titelsong mit dem bedeutungsschwangeren "The Heavy Entertainment Show" ran. Was soll das eigentlich heißen? Deutet es darauf hin, dass du ein paar Pfunde zugelegt hast? Obwohl, du machst ja gerade Diät und isst nur noch ein paar Kalorien am Tag. Ist auch nicht gesund... Oder hast du einfach zu viel Fernsehen geguckt? Ist ja nicht schlimm, aber auch nicht wirklich inspirierend.

Oh, aber was ist das? Das Piano-Intro von "I Love My Life" lässt hoffen, hier könnte sich eine wonnige „Feel"good-Emotion einschalten, aber leider versaut die Selbstverliebtheit im Song das ganze Wohlgefühl. Ja, wir haben jetzt alle mitbekommen, wie glücklich du mit deinem neuen Leben bist. Mit deiner crazy Frau, die sich sogar während der Wehen filmen lässt und deinen süßen Kindern. Aber mal ehrlich, Songzeilen wie diese hast du dir doch mal eben zwischen "Sesamstraße" und "Game Of Thrones" am Pool ausgedacht?! "I am powerful / I am beautiful / I am free / I love my Life / l am wonderful /I am magical /I am me". Ich bin wirklich froh, dass es dir gut geht. Ich höre mich vielleicht an, wie eine eifersüchtige, frustrierte Trulla, die versucht, dich fertig zu machen, aber hey, ich meine es nur gut mit dir. Ich spanne, äh, beobachte dich schon seit vielen Jahren und kenne deine Aufs und Abs und deine ewige Angst, vor dem Publikum zu versagen. Es macht Spaß, Ayda und dich in den sozialen Netzwerken zu beobachten, aber irgendwann ist dann auch dieser "Happy-Drop" gelutscht. Du ziehst mich mit diesen Songs einfach nicht mehr magisch an.

Ich gebe zu, mir fehlt der abgefuckte Robbie. Dafür braucht es ja nicht unbedingt Drogen. Geh einfach noch mal raus in die Welt. Raus aus deinem goldenen Käfig. Fahr doch mal ne runde S-Bahn und nicht immer mit deinen zehn Autos auf deinem Grundstück entlang. Du wirst ganz schnell auf andere Gedanken kommen. Den glücklichen Familienvater kennen wir und den hast du uns auch schon in deiner bunten "Candy"-Welt erzählt. Jetzt wollen wir dich gerne wieder böse und dreckig.

"Motherfucker", nein, ich meine nicht dich. Das ist dein erster Song, der mich in dieser "Heavy Show" erinnern lässt, dass wir mal gute Zeiten miteinander hatten. Und das liegt nicht nur am Titel. Der geht schon fast in die Punk-Bewegung ein: "Your mother is a nutter and you're a bad motherfucker". Bei deiner letzten Tour hast du ihn live performt. Und das war ganz wunderbar. Du hast dazu Gitarre gespielt, akustisch in Begleitung mit deinem Gitarristen Gary Nuttall. Dieses Bild und dieser Song bleiben mir daher in guter Erinnerung. Auch wenn du ihn natürlich für deinen Sohn geschrieben hast. Das Gitarrespiel steht dir und ich sage dir schon seit Jahren, mach doch mal ein klassisches Singer/Songwriter-Album mit dir an der Akustikgitarre. So wie Ed Sheeran. Der gehört doch jetzt auch zu deinen Best Buddies. Aber dazu später mehr.

"Bruce Lee" klingt dann wieder nach deinen beliebten A-A-80ern. Der hat damals wohl nicht mehr auf "Rudebox" gepasst. Ein bisschen wie "Addicted To Love". Ah, jetzt erinnere ich mich auch wieder, woran mich deine nackigen Girls im "Party Like A Russian"-Video erinnern. Mr. Robert Palmer hatte damals im Clip auch Frauen um sich versammelt. Die waren allerdings cool. Stimmlich hängst du da aber eher etwas schräg in den hohen Lagen der Bee Gees. Wahrscheinlich werde ich dennoch dazu auf der Tanzfläche voll abgehen. Zwar betrunken, aber glücklich. So wie damals bei "Rock DJ". Ich weiß, der Song landete 2000 in den Charts und war ein sehr erfolgreicher Hit von Guy und dir ("Best British Single"). Lag wohl auch mehr am ausgefallenen Video als am Song selbst, oder? Für mich gehört er zu den schlechtesten Stücken aus deinem vielfältigen Repertoire. "Sensitive" reiht sich gleich ein in die Kategorie: "Ok-Ich-Schwinge-Mal-Das-Tanzbein-Wenn-Heute-Nichts-Anderes-Mehr-Läuft". Hicks.

Zwischendurch möchte ich dir aber auch ein großes Lob aussprechen, lieber Rob. Man muss bedenken, du hast schon elf Longplayer herausgebracht, Take That nicht mitgerechnet, und du stehst schon seit fucking 26 Jahren auf der Bühne. Hast deine Drogen- und Alkoholexzesse überlebt, unzählige Live-Auftritte gehabt und eine Familie gegründet. Das schafft auch nicht jeder. Da darf man sich dann auch mal ein oder zwei Ausrutscher erlauben.

Bei "David's Song" werde ich wieder etwas hellhöriger. Eine Hommage an den guten David Bowie? Nein, aber für dich noch emotionaler und trauriger. Dein Manager David Enthoven verstarb in diesem Sommer im Alter von 72 Jahren. Das hat dich wirklich umgehauen. Verständlicherweise, denn er wurde nach Take That nicht nur dein persönlicher Agent, sondern auch ein guter Freund, Mentor und Held.

"Pretty Woman" ist ebenfalls ein prominentes Geschenk. Man sagt, du hast Ed Sheeran eine verzweifelte Mail geschrieben, dass dir noch ein Hit für dein neues Album fehlt. Und prompt hat Ed zurückgeschrieben und dir dieses Lied vermacht. Das ist wirklich sehr nett von ihm, aber ob dieser ebenso gefeiert wird wie der gleichnamige Film mit Julia Roberts und Richard Gere?! Das wünsch ich dir.

Besser könnte es da mit der "Hotel Crazy"-Kollaboration klappen. Hier ist dein Kumpel Rufus Wainwright wieder dabei, der dich zuletzt bei deinem Swing-Ausflug begleitete. Diese Verbindung hat immer etwas Harmonisches, Beschwingtes. Stimmlich passt ihr einfach super zusammen.

Während "Sensational" auf der normalen Album-Version zum großen Finale einläutet, trumpft die Deluxe-Edition mit noch weiteren fünf Bonus-Songs auf. Mit Big Band und großer Geste erreicht das "Heavy Entertainment" seinen Höhepunkt. Der amerikanische Sänger John Grant ist dein neuer Duett-Partner für die Ballade "I Don't Want To Hurt You". Hast du dabei an mich gedacht? Mit Sicherheit nicht. Denn auch hier schmelze ich nicht dahin. Ein wenig mehr bei "When You Know". Abgesehen vom Harfen-Verwirrspiel verführt mich der Refrain zum Mitsingen. Ja, eine kleine Hymne ist gefunden. "Time On Earth" reiht sich in deine gängige 80er-Nostalgie. Mit "Best Intentions" geht dir so langsam die Luft aus. Es reicht noch für ein schmuckes "Marry Me". Meine Phantasie reicht aus, um dich kniend auf dem Boden zu sehen, wärend du deiner geliebten Ayda einen gesungenen Heiratsantrag machst.

Fazit: Für mich hast du die Show leider nicht gerockt. Ich freue mich trotzdem auf ein Wiedersehen mit dir 2017. Wie sagst du so schön immer zu Beginn deiner Konzerte: "I am Robbie Fucking Williams, and this evening, your ass is mine." Alta, mein Arsch wird dir trotz kleinerer Ausfälle immer gehören. Forever, deine JLü.

Trackliste

  1. 1. The Heavy Entertainment Show
  2. 2. Party Like A Russian
  3. 3. Mixed Signals
  4. 4. Love My Life
  5. 5. Motherfucker
  6. 6. Bruce Lee
  7. 7. Sensitive
  8. 8. David's Song
  9. 9. Pretty Woman
  10. 10. Hotel Crazy (feat. Rufus Wainwright)
  11. 11. Sensational
  12. 12. When You Know

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Robbie Williams

Wenn sich ein Künstler auf die Bühne stellt und frei heraus fragt, was er für seine Fans tun kann, besitzt das Seltenheitswert. Erst recht, wenn besagter …

14 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor 8 Jahren

    Brechreiz hat die neue Scheibe von Rooobbbiiieeee nicht ausgelöst. Aber auch kein "aahhh" und "ooohh". Verschwindet bei mir in der Versenkung.

  • Vor 7 Jahren

    Oh my God, die Rezensentin hat das Album nicht kapiert. Tja, kann passieren. Wahrscheinlich bist du blond, was? Aber echt oberpeinlich, wie du "I Love My Life" komplett missverstehst. Mädel, hör doch das nächste Mal genau hin, bevor du einen Song kritisierst. Die Lyrics sind nicht großkotzig, sondern wunderbar. Schade, dass du keinen Daddy hast, der dir so ein liebevolles Lied widmet. Das würde ich überhaupt der ganzen Menschheit wünschen, dann hätten wir alle weitaus weniger Probleme, und auch nicht so viele doofe KritikerInnen, die keine Ahnung haben, worüber sie schreiben, sich aber trotzdem wahnsinnig toll vorkommen. Ich mag die meisten Songs des neuen Albums, der Sound erinnert mich nicht zuletzt wegen Guy Chambers an die früheren Werke, die alte Ironie flammt immer wieder auf, und die neue Zusammenarbeit mit Rufus Wainwright hat nicht zuletzt das schön schräge "Hotel Crazy" hervorgebracht. Ich freu mich schon auf die Tour!

  • Vor 7 Jahren

    Ich verstehe nicht genau, warum ihr euch eine professionelle Redaktion schimpft, wenn die CD Rezensionen scheinbar die Praktikantin schreiben darf. Denn von dem wirklich unfassbar schlechten Schreibstil mal abgesehen ist die Recherchearbeit leider komplett untergegangen. Wie die Vorredner bereits anmerkten handelt es sich bei „I Love My Life“ um einen Song, den Robbie für seine Kinder geschrieben hatte. Inhaltlich gesehen sind die Zeilen also so zu verstehen, dass er sich wünscht, dass seine Kinder das irgendwann mal über sich selbst sagen können. Dass sie glücklich und zufrieden mit sich selbst sind. Trifft finde ich, ziemlich den Zeitgeist.
    Ob das Album gut ist? Warscheinlich eher nicht. Was mich aber wirklich an laut.de stört sind die zum Teil wirklich unterirdischen Artikel. Liest denn bei euch keiner Korrektur? Tritt denn bei solch handwerklich und inhaltlich schlechten Texten keiner bei euch auf die Bremse und liest sich den Schund durch, bevor ihr hn hochladet? Ich dachte, man muss Schreiberfahrung haben, damit es bei euch wenigstens zum Praktikum reicht. Ganz ehrlich, aber nach Schreiberfahrung liest sich mittlerweile vieles auf dieser Seite nicht mehr. Qualität vor Quantität, bitte.