laut.de-Kritik
Trip Hop trifft Afrika trifft Rock-Legende.
Review von Giuliano BenassiBei seinen Auftritten im Vorfeld der Veröffentlichung überraschte Robert Plant mit einer Tracklist, die viele Stücke von Led Zeppelin beinhaltete, darunter "Baby, I'm Gonna Leave You", "Going To California", Whole Lotta Love" und "Black Dog". Doch handelte es sich nicht um nostalgische Veranstaltungen, denn seine Begleitband mit dem amüsanten Namen The Sensational Space Shifters drehte die Klassiker durch den Sound-Fleischwolf und setzte sie neu zusammen.
Feuerzeuge und feuchte Augen? Keine Chance. Die akkurat ausgewählten Musiker aus Afrika und aus Großbritannien, tätig in Ethno-Jazz, Britpop, Rock und Trip Hop, sorgten für eine beeindruckende Klangkulisse, in der Plants erstaunlich ruhig wirkendes Organ, ein der Fels in der Brandung, das vereinende Element bildete. So fügten sich auch die Songs aus dem vorliegenden Album gut ein.
"Kauft meine neue Platte, sie ist verdammt grandios", schwor der legendäre Frontmann, der mit 66 immer noch stolz seine Löwenmähne in den Wind hängt. Eine Aufforderung, der man gerne nachkommt, wie bei praktisch allem, das Plant in den letzten 45 Jahren veröffentlicht hat. Nicht nur bei den liebevoll restaurierten Alben von Led Zeppelin, die sein liebster Feind Jimmy Page im selben Zeitraum wieder auf den Markt bringt.
Nach "Raising Sand" (2007) mit Alison Krauss und dem weniger inspirierten "Band Of Joy" (2010) ist Plant vom Süden der USA wieder nach Großbritannien gezogen. Eine Rückkehr, die so etwas wie einen Kreis schließt und ihm die Gelegenheit gegeben hat, sein musikalisches Leben Revue passieren zu lassen und die vielen Einflüsse zu vereinen.
Da wäre: die Liebe zur traditionellen US-amerikanischen Musik, etwa im Traditional "Little Maggie" und Lead Bellys "Poor Howard". Ebenso wichtig: der frühe Rock'n'Roll ("House Of Love" erinnert an Roy Orbison), die keltische Tradition (die minimalistische, nennen wir sie mal: Klavierballade, "A Stolen Kiss") und natürlich sein Interesse für die Rhythmen und Instrumente aus Westafrika, die auf dem Album mit die wichtigste Rolle spielen.
Die hat es in der Vergangenheit schon mehrmals gegeben, nicht nur bei Led Zeppelin, sondern auch auf der Page/Plant-Kollabo "No Quarter Unledded" (1994) oder auf den Plant-Alben "Dreamland" (2002) oder "Mighty Rearranger" (2005). Diesmal stammen sie vom Gitarristen Justin Adams und dem gambischen Riti-Spieler Juldeh Camara, die in der Vergangenheit schon bei mehreren Projekten gemeinsam musiziert haben.
Eher überraschend erscheinen dagegen die Beats und Loops des Trip Hop-Duos John Baggott (Keyboards) und Billy Fuller (Bass), die mit Portishead und Massive Attack in Verbindung stehen und bei vielen Stücken den Sound prägen. Das Line-Up vervollständigen Dave Smith, der sein Schlagzeug jazz-rockig bedient, und Liam Tyson, der für rockige Gitarrenklänge sorgt, ohne in die gefährliche Nähe von Jimmy Page zu geraten.
Eine bunte Kombination, die Plant mit seiner Stimme und als Produzent jederzeit im Griff hat. In seinen Texten baut er immer wieder Led Zeppelin-Passagen ein, erinnert sich aber auch an seine Kindheit ("Somebody There") und seine Zeit in den USA ("Turn It Up"). Zärtliche Momente wechseln sich mit dichten Klangkulissen ab, ohne sich gegenseitig auszuschalten. Auf dem abschließenden "Arbaden (Maggie's Babby)", das den Opener wieder aufnimmt, kommen dann alle Elemente kurz und intensiv zum Einsatz.
Erneut liefert Robert Plant ein höchst interessantes Album ab, das reine Led Zeppelin-Fans auf Anhieb wahrscheinlich nicht überzeugen wird. Doch zieht er sein Ding, wie schon seit vielen Jahren, konsequent durch. Auch in musikalischer Hinsicht stellt sein Leben eben eine ständige Reise dar.
2 Kommentare mit 4 Antworten
...sehr empfehlenswert!
Schon komisch, dass sich scheinbar kaum jemand aus der Community sonderlich für dieses Album zu interessieren scheint. Mir gefällt es jedenfalls sehr gut, würde auch 4/5 geben - v.a. "Up on the Hollow Hill (Understanding Arthur)" ist großartig!
"Scheinbar" und dann gleich "scheint", wie eklig... Zum Glück liest's wahrscheinlich eh keiner.
Doch.
Aber ja doch!
Mist!