laut.de-Kritik
Ein kräftiger Tritt in Jimmy Pages Arsch.
Review von Giuliano BenassiRobert Plant bleibt ein Garant. Für Überraschungen. Die Qualität seines musikalischen Outputs erweist sich als konstant hoch, doch die Richtungen, die er einschlägt, verblüffen immer wieder.
2007 veröffentlichte er "Raising Sand", ein vielbeachtetes Album mit dem Countrystar Alison Krauss. Was als kurzlebiges Nebenprojekt begonnen hatte, galt als Vorwand, eine Tournee mit Led Zeppelin abzusagen. So blieb es bei einem einzigen Reuniongig, von dem nicht mal offizielles Ton- oder Filmmaterial existiert.
Letztendlich gab ihm die Musikwelt recht und verlieh ihm für die Zusammenarbeit mit Krauss fünf Grammies. Der für 2009 angekündigte Zweitling des Duos liegt ein Jahr später aber immer noch nicht auf dem Tisch. Dafür nun das vorliegende Album, das ausgerechnet auf die von Plant abgewiesenen Zeppelin verweist: Die Band Of Joy war eineTruppe, in der der Sänger mit Schlagzeuger John Bonham spielte, bevor sie gemeinsam zu erfolgreicheren Ufern aufbrachen.
Doch die Verbindung endet nicht damit, dass es sich in beiden Fällen um Coverversionen handelt. "Ich wollte diesen Stücken unbedingt meinen persönlichen Stempel aufdrücken und gewissermaßen eine Tür auftreten. Ich dachte an Zeppelin III, an diese Mischung aus Akustikklängen und druckvollen E-Gitarren", so seine Plantigkeit selbst. Ein kräftigerer Tritt in den Arsch von Jimmy Page geht wohl kaum.
Diesmal handelt es sich weder um schöngeistigen Folkrock (siehe Krauss) noch um so verschnörkelten wie lauten R'n'R aus Led Zep-Zeiten. Die Gitarren sind verstärkt, doch virtuose Instrumentaleinlagen - Fehlanzeige.
Folksängerin Patty Griffin, die sich bereits als Songschreiberin für Emmylou Harris und die Dixie Chicks hervor getan hat, bringt im Hintergrund ihre hohe Stimme ein. Buddy Miller, selbst an der "Raising Sand"-Tour beteiligt, bedient Gitarre und Bass und produziert.
Das Ergebnis gerät weniger harmonisch und eher verzerrt, wobei es sich etwas ungeschickt zwischen den Stühlen positioniert. Am deutlichsten zeigt sich das am Traditional "Cindy, I'll Marry You Some Day", das in den letzten Jahren bereits von Johnny Cash mit Nick Cave interpretiert wurde. Während deren Version durch seine einfachen Arrangements – Akustikgitarren, Klavier und zwei Stimmen – unter die Haut geht, verliert sich Plants Version in einem allzu dichten Klangwall.
Dabei passt es zu ihm, die Herausforderung zu suchen, ein schon fast perfektes Stück neu interpretieren zu wollen. Doch der rote Faden geht angesichts der ständig wechselnden Stimmungen verloren. Der Opener bietet Folkrock mit Hall und einen Plant, der aus dem Vollen singt. "House Of Cards" mit Griffin im Hintergrund bestimmt ein E-Gitarren-Brei, der in den Ohren kleben bleibt. Das passiert später noch mal in "Silver Rider", dessen Gitarreneinlagen erstaunlicherweise an U2 erinnern, was auch für "Monkey" gilt.
Die besten Stücke sind die langsameren, etwa "Central Two-O-Nine", Townes Van Zandts "Harm's Swift Way" und das Traditional "Satan Your Kingdom Must Come Down", das in den vergangenen 20 Jahren auch Uncle Tupelo und Willie Nelson coverten. Wie durchwachsen das Album daher kommt, zeigt sich am letzten Stück "Even This Shall Pass Away", das an Prince erinnert und gar nicht zum eh schon zusammen gewürfelten Rest passt.
Ein Album wie "Raising Sand" zu wiederholen, wäre so gut wie unmöglich gewesen. Also hat Plant mit dieser Interimsplatte wahrscheinlich die richtige Entscheidung getroffen. Schlecht ist sie nicht, dazu wäre Plant auch gar nicht in der Lage. Aber sie ist lange nicht so gut, wie man es von ihm erwarten darf.
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