laut.de-Kritik
Schaurig-schöner Kammerpop mit ergreifendem Gesang.
Review von Martin LeuteHört man sich "Gathering Of The Haunted" an, dann überrascht es bezüglich der schwermütigen Grundstimmung nicht, dass das englische Trio Scarlatti Tilt als Einflüsse unter anderem Black Heart Procession, Nick Cave oder Leonard Cohen angibt.
Geprägt werden diese schaurig-schönen Klanglandschaften vom markanten Gesang Daisy Chapmans und ihrem Klavierspiel. Begleiten lässt sie sich von Mitmusikern am Bass und am Schlagzeug, nur selten mischt eine Gitarre mit.
Die Drums schlagen im Intro einen langsamen, bedrohlichen Marschrhythmus, in den sich in "I Was Only Five" das Piano mit schlichten Akkordfolgen einfügt, ehe Chapman mit eindringlicher Stimme eine tieftraurige Melodie anstimmt. Verzerrte Stimmen und Gitarren und das hart geschlagene Piano etablieren eine klaustrophobische Atmosphäre in "One Under", die sich immer wieder raffiniert am tröstenden, sakral anmutendem Zwischengesang bricht.
Ungemein lieblich tönt dagegen das perlende Klavier im wunderschönen "The Insect's Party", das von stimmungsvollem, pastoralem Backgroundchor eingerahmt ist. Ein eingängiges Gitarrenschema strukturiert "Something For The Crows", das den Hörer mit schlängelnder Melodielinie und entrückt klingendem Gesang sanft in die Dunkelheit verführt.
"Vettriano's Muse" gründet auf einem melancholischen Klavierlauf und steigert sich zunehmend mit treibendem Schlagzeug, E-Gitarre und dem aufbegehrenden Gesang. Eine mitreißende Dramaturgie, in der sich sämtliche emotionale Befindlichkeiten spiegeln.
Ähnlich gestaltet sich "Death Of A Ladies Man", der vermeintlichen Harmonie der Strophen schließt sich unvermittelt ein aufrüttelnder, satt instrumentierter Refrain an. Mit dem treibenden Schlagzeug und dem gehämmerten Klavier erinnert "To Wonder" an die Dresden Dolls; wirkungsvoll schlägt mir der laute, zweistimmig vorgetragenen Refrain ins Gesicht.
Mit dem letzten Track "Salvation" packen Scarlatti Tilt dann noch mal alles aus. Die anfängliche, leise Inszenierung wird dynamischer, spitzt sich zu und scheint schließlich aufrüttelnd Ketten sprengen zu wollen. "Gathering Of The Haunted" übt eine morbide Anziehungskraft aus. Die unheimlichen und ernüchternden Geschichten über menschliche Abgründe kommen als düster-trauriger Kammerpop daher.
Die intensive musikalische Reise macht man dennoch mit, weil Daisy Chapman einen mit ihrem warmen Gesang zärtlich an die Hand nimmt und ohrgängige, ergreifende Harmonien immer wieder dafür Sorge tragen, dass man sich wenigstens manchmal doch in Sicherheit wähnen kann.
8 Kommentare
Spitze!
Erinnert ein bisschen an Lisa Hannigan.
Die Review lässt eher 5/5 als 3/5 vermuten.
Sehr verwunderlich.
Pluspunkt der Rezension: Sie hat mir soviel über die Musik erzählt, dass mein Interesse geweckt war und ich mir auf myspace die vier angebotenen Songs angehört hab. Die fand ich verdammt traurig, aber halt auch total schön. Am Ende muss ich mir sogar das Album holen.
Aber die 3/5-Wertung ist wirklich mit keinem Wort begründet. Ich verstehs auch net. Egal.
HAAAAB SIE!
Endlich da.
Ganz großes depressives Kopfkino. Zum Dahinschmelzen und In-die-Ecke-kauern. Sehr intim. Klaustrophobische, Angst einflößende Atmosphäre. Harter Pianoanschlag, verzerrte Gitarren im Kontrast zur sonst eher ruhigen Stimmung. Tolle, eindringliche Stimme.
Vergleiche?
Vllt. Tori Amos in dunkel und böse?
Damien Rice in weiblich und mit Piano?
Vllt. auch Stolen Babies wenn sie keinen Avantgarde-Metal spielen würden?
Ulver ohne Elektro-Einschlag?
Achja, momentanes Highlight: Vettriano's Muse! *youuuuuuu're the oooooneee*
erinnert mich ein wenig an die letzte pj harvey.
schöne depri-stimmung, allerdings auch gerne mal mit wilderen ausbrüchen zum ende hin.
höre mir mal das ganze album an.
Der Gesang.