laut.de-Kritik

Geschmacksichere Kreation aus Northern Soul, Latin, Jazz und natürlich Funk.

Review von

Antique Soul - Grundrezept

Zutaten:
2 Feinschmecker
800 g Groove
1 gehöriges Pfund Erfahrung
400 ml Northern Soul
1 gehäufter Esslöffel Funk, eine Prise Latin und eine Messerspitze Jazz.

Smoove werkelt seit Beginn der 90er in den britischen Clubküchen und macht seither nicht nur als DJ, sondern auch mit erfolgreichen Remixes (Digital Underground, Malente) auf sich aufmerksam. Seine Spezialität: Krosse Uptempo-Beats mit einem ordentlichen Schuss Northern Soul. Für "Antique Soul" holt er sich den Jungkoch John Turrell in die Kombüse, um mit den guten alten Motown-Zutaten einen herzhaften Kuchen für den Tanztee zu kreieren.

Auf dem unverwechselbaren Geschmackserlebnis aus Funk- und Soul-Retrocharme, modernen Club-Beats und Turrells einzigartiger Stimme, kombiniert Smoove gekonnt musikalisches mit digitalem Know-How. Vermengt mit seinem Instrumenten-Sammelsurium und in eine Schüssel geworfen mit Turells sahniger, souliger Stimme, entsteht daraus ein unverwechselbarer Teigling. Auf 180 Grad bei 120 Umdrehungen pro Minute gebacken, zeigt sich das heiße, dampfende Meisterwerk nach 48:55 Minuten in der HiFi-Anlage als vollendet.

Schneidet man das erste Stück des Kuchens heraus, verbreitet sich eine wahre Geschmacksexplosion. Der knackige Drum'n'Bass-Beat bildet einen perfekten und konstanten Boden. Darüber findet man eine saftig-würzige Schicht Hammondorgel, die sich funkig an die Kuchenbase anschmiegt. Der cremige Überzug mit Turrells Blue Eyed Soul-Stimme macht das Geschmackserlebnis perfekt.

Dreht man die süße Verlockung ein Stück weiter, verrät schon der groovende Geruch eine aromatische Veränderung. Die anfänglich leichte Frische wird von herberen Beat-Düften abgelöst. Diese dringen tief in das Bewegungszentrum ein und entfalten dort ihre volle Größe.

"The Difference" und "Darker Days" fesseln mit ruhigem Tempo und genug Zeit, sich den tiefgründigen Texten aus Turrells Feder hinzugeben. Die sonst jazzig-virtuosen Soli werden hier durch anmutende Streichersätze ersetzt. Das verleiht der dunklen Stimmung weiteren Nachdruck.

Wer denkt, nach diesen Gaumenfreuden die volle Geschmacksbreite erkundet zu haben, irrt. Stück für Stück wird für einen weiteren Leckerbissen gesorgt. Gitarre, Querflöte, Rhodes und Bläser schichten sich zu funkig-groovenden Instrumentierungen und Backkreationen auf, die auf Smooves bevorzugte Ingredienzien und musikalische Vorlieben schließen lassen: "'Antique Soul' reflektiert sämtliche Musikrichtungen, die mich begeistern: Soul, Hip Hop, Latin, Jazz, Easy Listening, Northern Soul und natürlich Funk."

Der Verdacht, es könne sich um verbotene, süchtig machende Geschmacksverstärker in der Backmischung handeln, ist damit ausgeräumt. Laut eigener Aussage schaffen es Smoove & Turrell mit den herkömmlichen Zutaten, diese vielseitige und abwechslungsreiche Torte auf den Tanzboden zu zaubern. Ob Retroflair mit Vokalflächen in "You Got Me Bad" oder fruchtige Soli und verdächtig heiße Percussion-Einwürfe in "Latin Groove", Backdoping-Vorwürfe werden zwar bestreitet, letzte Zweifel können jedoch nicht ausgeräumt werden.

Nach einem dreiviertelstündigem Fressrausch und unzähligen neuen Geschmacksvarianten bleibt von dem stets souligen Kuchen nur noch das letzte Stück. Das versprüht mit all seiner Kraft einen bitteren Hilfeschrei, denn so einsam und verloren wie "Without You", klingt auch John Turrell, der mit ruhiger aber durchdringender Stimme von den Problemen der Liebe erzählt und einen Teil seiner intimsten Lebenserfahrungen nach außen trägt.

[Von Ferdinand Klamt]

Trackliste

  1. 1. Hammond
  2. 2. I Can't Give You Up
  3. 3. You Don't Know
  4. 4. The Difference
  5. 5. Hypnotized
  6. 6. You Got Me Bad
  7. 7. Beggarman
  8. 8. Don't Go
  9. 9. Darker Days
  10. 10. Latin Groove
  11. 11. Without You

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