laut.de-Kritik
Zu wenig geniale Momente der Indie-Supergroup.
Review von Matthias von Viereck"Vor dem Gesetz steht ein Türhüter. Zu diesem Türhüter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. Aber der Türhüter sagt, dass er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne. Der Mann überlegt und fragt dann, ob er also später werde eintreten dürfen. 'Es ist möglich', sagt der Türhüter, 'jetzt aber nicht'." (Franz Kafka, "Vor dem Gesetz").
Ursprünglich sollte Swan Lakes zweites Album nach der Kafka-Parabel "Vor dem Gesetz", also "Before The Law" heißen. Eine eigentlich schöne Idee, die von den Kanadiern dann aber doch verworfen wurde. Stattdessen hat man sich nun tatsächlich nach einem Sci-Fi-Streifen von Wolfgang "Das Boot" Petersen benannt ("Enemy Mine" mit Dennis Quaid aus dem Jahr 1985).
Das Gerichtswesen aber spielt eine nicht eben kleine Rolle auf dieser Platte. Das schöne Cover nämlich stammt von einem veritablen Gerichtszeichner und die Band ist überzeugt, überhaupt die erste zu sein, die eine Gerichtszeichnung als Coverart verwendet. Wird schon stimmen. Und die Musik? Die macht es einem nicht leicht.
Dafür ist in erster Linie der Gesang verantwortlich: zu exaltiert, zu idiosynkratisch. Hier diente ganz offensichtlich ein gewisser David Bowie als Vorbild. Selbst Nick Cave lässt an einigen Stellen grüßen.
Auch die enigmatischen Textergüsse wollen nicht recht begeistern: "The Emperor of time has been stationed / where the pavement ends and melts into all forms of light ". Nun gut. Auch wenn sich "Paper Lace" erstaunlich zugänglich, ja gefällig zeigt, die Gitarren auf "Ballad Of A Swan Lake, Or, Daniel's Song" Freude bereiten und hier und da geniale Momente zu verzeichnen sind, ächzt die Platte der Indie-Supergroup (Daniel Bejar von The New Pornographers, Spencer Krug von Wolf Parade sowie Carey Mercer von Frog Eyes) doch unter einer seltsamen Schwere. Woher die rührt, ist unklar.
Die Bowie-Reminiszenzen gehen zwar in Ordnung, hätte man sich aber eigentlich auch sparen können. Letztlich zeigt sich das exzentrische Scheibchen ähnlich abweisend wie das Gesetz in Kafkas Erzählung. "Tage und Jahre" sitzt dort der Mann vom Lande vor der Tür zum Gesetz, ohne Einlass zu erhalten. Immerhin aber erkennt er irgendwann einen "Glanz, der unverlöschlich aus der Türe des Gesetzes bricht". Ob man ähnliches je über "Enemy Mine" wird sagen können? Die Antwort kennt vorerst nur der Wind.
3 Kommentare
Ahaha. Ich hab die Platte seit einigen Wochen hier im Regal und hör sie immer wieder gern. Die Bewertung ist ein Witz.
Ein Tipp - ein bissl "ziehen lassen", und die Platte entfaltet ihre volle Wirkung.
Pff.
Muss meinem Vorredner zustimmen. Ich mag die Platte auch. Allein schon Spanish Gold ist ein starkes Stück Musik.
Zuerst das Album von Grizzly Bear und jetzt Swan Lake..
Welche tollen Alben will der tolle Rezensionist Herr Viereck noch versuchen schlecht zu machen?