laut.de-Kritik
Drei blutjunge Isländer schwingen die Sabbath-Keulen.
Review von Kai ButterweckWer im isländischen Reykjavik das Musizieren beginnt, der stolpert in der Regel zunächst über das umfangreiche Schaffen von Björk oder Emiliana Torrini. Nicht so die drei Jungspunde Óskar Logi (Gitarre, Gesang), Guðjón Reynisson (Drums) und Alexander Örn Númason(Bass).
Statt sich wie die meisten musikalischen Heranwachsenden von der Insel in sphärisch melancholischen Kammerwelten zu verlieren, stöbert das Trio, das zu Beginn des musikalischen Caravan-Paktes im Jahr 2006 noch geschlossen die Schulbank drückte, lieber im staubigen Classic Rock-Archiv.
Inspiriert vom erdigen Erbe von Bands wie Led Zeppelin, Black Sabbath und Deep Purple, geben die jugendlichen Zeitreisenden gleich zu Beginn ihres mittlerweile zweiten Studioalbums Vollgas. Mit gezwirbelten Riffs, groovigen Drums und einer Gesangsdarbietung, die der von Kollegen mit 30 Jahren mehr Bühnenerfahrung auf dem Buckel in nichts nachsteht, hinterlassen die Verantwortlichen mit dem explosiven Opener "Craving" bereits große Spuren.
Vier Minuten später klatschen auch Stoner-Nerds begeistert in die Hände ("Let Me Be"). Unbekümmert und mit beeindruckendem technischem Talent gesegnet, schlägt die Band im Ozean des 70s-Rock höchste Wellen.
Auch den immer wieder gern genommenen Psychedelic-Parcours meistern Óskar, Guðjón und Alexander in der Folge mit Bravour ("Expand Your Mind", "Cocaine Sally"). Ohne Berührungsängste dreschen die Isländer auf ihre Instrumente ein und lassen dabei das Herz eines jeden Wüstenfreunds höher schlagen.
Die Jungs können aber auch richtig straight geradeaus rocken ("M.A.R.S.W.A.T.T"). Auf imposante Art und Weise hängt sich der Dreier an die Versen des klassischen Wolfmother-Line Ups und schießt im Schatten der Herren Stockdale, Ross und Hesket wie wild um sich, ohne dabei auf dem Trittbrett festzukleben. Eigenständigkeit wird in der Schaltzentrale des von zwei Eisbären gen Rock-Olymp gezogenen Karawanen-Wagons groß geschrieben.
Wer es letztlich sogar zustande bringt, ein seit über 40 Jahren geschütztes und in Stein gemeißeltes Sechssaiter-Thema in etwas Eigenes zu verwandeln ("Midnight Meditation"), dem gebührt nicht nur Respekt, sondern höchste Anerkennung.
Impulsiv, druckvoll und mit dem Gespür für strukturelle Finesse: The Vintage Caravan sorgen mit ihrem zweiten Album für reichlich frischen Wind in der sich seit einiger Zeit nur noch um die eigene Achse drehenden Classic Rock-Szene. Bitte mehr davon!
8 Kommentare
Gute Musik aus dem musikalischsten Land der Welt!
Schönes Album, der Wolfmother-Vergleich trifft ganz gut. Hoffe die nutzen den Raum nach oben noch aus.
Einziger Kritikpunkt bis jetzt: Das großartige "Know your Place" ist nicht drauf. Mal sehen ob sich meine Begeisterung halten kann oder doch nur ein Strohfeuer ist.
nett, mehr aber auch nicht, kann die begeisterung nicht so nachvollziehen. hört sich eben doch alles schon zigmal gehört an, von frischem wind kann ich da nichts erkennen. maximal 3 points
Kann Mann hören. Es putzt mir jetzt nicht die Gehörknöchelchen durch, aber es ist durchaus annehmbar und anhörbar. Die Jungen Wilden.
Tja, ausser Mucke machen und den Playboy lesen kann man wirklich wohl da oben im Norden nix machen. Sich den Körper verschönern lassen vielleicht noch. "Do you remember" dürfte allerdings unsern Dieter Bohlen auch begeistern...hahaha. Locker bleiben, sollte ein Witz sein. Ich finde die Scheibe ok. Acht von Zehn Punkten. Man darf gespannt sein was da danach kommt.
Übrigens: Ty Segall braucht echt ne Seite!
Hab die Rezension gelesen und gleich mal rein gehört. Definitiv eins der besseren Werke, die das "Retro-Genre" zu bieten hat. Das Alter der Bandmitglieder und auch die Tatsache, dass diese wohl schon seit ihrem 13. Lebensjahr zusammen misizieren, macht mir Hoffnung auf die Zukunft