laut.de-Kritik

Science-Fiction-Sinfonie aus Krautrock und Elektro.

Review von

Mit "Global" steht erst seit wenigen Wochen Todd Rundgrens aktuelle Platte in den Regalen. Nun folgt der zweite Teil des Doppelschlags in Form des nicht minder grandiosen "Runddans". Hier gibt es die komplette Antithese! Statt großen Melodien und funky Sommerrock serviert Rundgren 40 Minuten lang volle Möhre elektronischen Krautrock und Progressive jenseits herkömmlicher Songstrukturen. Machte er dort alles allein, legt er dieses Album als Kollabo mit Hans-Peter Lindstrøm und Emil Nikolaisen an.

Die beiden Skandinavier passen hervorragend zu Rundgren. Lindstrøm, der norwegische Elektroguru, und sein Landsmann, der mit Serena Maneesh tollen Shoegaze abliefert, sind weit mehr als devote Helferlein. Ihre Ideen sind dem Meister ähnlich wichtig wie die Einfälle seiner Mitstreiter zu Zeiten seiner legendären Utopia-Kapelle. Inhaltlich kann man jedoch keine Parallele zu proggy Glanztaten wie "A Wizzard, A True Star" (1973) oder dem Utopia-Debüt von 1974 ziehen. Das ist auch gut so. Wiederholungen sind Rundgrens Sache nicht. Auch wenn er anno 2015 das musikalische Pulver nicht neu erfindet, hat der Amerikaner gleichwohl das Zeug dazu, etwas Besonderes zu erschaffen.

Schon der Titel "Runddans" überzeugt mit schelmischer Doppelbödigkeit. Einerseits als klare Anspielungen auf Todds Nachnamen, andererseits bedeutet das Wort im Norwegischen soviel wie "Tanz im Reigen"; Rundtanz eben. Doch rund ist gar nichts an dieser Platte. Im Gegenteil: Die in ein Dutzend Teile gesplittete Komposition verfügt über spitze Ecken und scharfe Kanten. Heraus kommt ein gefundenes Fressen für Progfans und Freunde unkonventioneller Klänge, die bei aller Exzentrik gut konsumierbar bleiben.

"Runddans" funktioniert wie eine Science-Fiction-Sinfonie from Outer Space, die sich als Mosaik aus diversen Sounds und Fragmenten zusammensetzt. Letztere entwickeln bisweilen ein starkes Eigenleben, ohne sich am Ende dem zugewiesenen Platz im Gesamtgefüge so richtig entziehen zu können. "Runddans" Achse um die alles zirkuliert, ist ein kosmischer Ambient-Kern, der wie ein Schwellkörper wellenartig zu- und abnimmt.

Wer sich beim Hören gelegentlich an Kräuterlegenden wie Roedelius, Neu! oder Riechmann erinnert, liegt so falsch nicht. Ebenfalls von Krautrock beeinflusste Eno-Werke wie "Small Craft On A Milk Sea" gehen als nahe Verwandte durch. Die Gemeinsamkeit liegt im unbedingten Willen zu unterhalten, ohne dabei konventionelle Muster zu verwenden.

Herzstück dieser ungewöhnlichen Platte ist "Put Your Arms Around Me". Rundgrens Gesang transportiert eine seiner typischen Popmelodien, während Effekte und Elektrorock selbige dem Erdboden gleich machen. Ein paar Minuten später ("Out Of My Head", "Rundt, Rundt, Rundt", "Wave Of Heavy Red" (Disko Nektar)) weht das versickerte Thema bis zum Ende des Albums nur noch als ein besiegtes Echo durch die Musik. Die flirrenden Stromkreise haben die Schlacht gegen menschliche Stimme längst gewonnen.

So setzt sich das Trio Rundgren/Lindstrøm/Nikolaisen mit "Runddans" zwischen alle Genrestühle und braut aus den den verschiedensten Fundstücken ein faszinierendes Spektrum trippiger Klangfarben jenseits von Zeit und Raum. Man kann nur hoffen, dass die Formation erhalten bleibt und "Runddans" kein einmaliges Projekt der drei bleibt. Weiterhören mit den Roedelius-Alben "Durch Die Wüste" und "Selected Studies".

Trackliste

  1. 1. B For Birth
  2. 2. Liquid Joy From The Womb Of Infinity
  3. 3. Oppad, Over Skyene
  4. 4. Solus
  5. 5. Put Your Arms Around Me
  6. 6. Altar Of Kauaian Six String (Todd's Solo)
  7. 7. Out Of My Head (Lone Vibes)
  8. 8. Rundt Rundt Rundt
  9. 9. Wave Of Heavy Red (Disko-Nektar)
  10. 10. T.H.E. Golden Triangle (Dry Mouthed Gargoyles In A Fountain Of Fluorescent Shepa
  11. 11. Ravende Gal (Full Circle)
  12. 12. Ohr.. Um.. Am.. Amen (Aftermath)

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