laut.de-Kritik
Mit der Lizenz zum Geschenkeverteilen.
Review von Kai ButterweckMit Kunstschnee auf der Pudelmütze lächelt Tom Gaebel im feinen Zwirn in Richtung Tannenbaum. Auf dem Cover seines zweiten Weihnachtsalbums "A Swinging Christmas" mimt der gebürtige Gelsenkirchener mit dem Sinatra-Timbre den Standardentertainer mit der Lizenz zum Geschenkeverteilen. Spannend sieht natürlich anders aus.
Auch inhaltlich – sprich: musikalisch – halten sich die Überraschungen in Grenzen. Tom Gaebel swingt und jazzt sich durch jede Menge Christmas-Klassiker. Das macht er allerdings ziemlich gut. Bereits die ersten von Flöten- und Bassklarinettenklängen begleiteten Takte von "Frosty The Snowman" geben eine Richtung vor, die viele vergleichbare Produktionen der Gegenwart längst nicht mehr auf dem Schirm haben: geradeaus, das Wohlfühlzentrum direkt vor Augen.
Ohne viel Schnickschnack und Tamtam im Gepäck trippelt der Sänger und Bandleader um die berühmte Frostkugel herum. Es klingt nicht aufgesetzt oder anbiedernd. Hier geht es nur um das prickelnde Vorfreudegefühl, kurz vor dem Fest der Feste.
Auch Gaebels Neuinterpretationen von Evergreens wie dem Orchester-Prunkstück "Sleigh Ride", der Huftierhymne "Rudolph The Rednosed Reindeer" oder Elvis Presleys "Blue Christmas" ersticken jeglichen Anflug von weihnachtlichem Kitsch bereits im Keim. Locker aus der Hüfte grooven sich der Sänger und sein perfekt funktionierender Big-Band-Background durch Jahrzehnte der musikalischen Festtagsgeschichte.
Mit vier selbstkomponierten Winterstücken beweist Tom Gaebel zudem noch, dass er ein amtliches Weihnachtsalbum auch ohne fremde Hilfe problemlos gerockt hätte. So bringt "Dr. Swing", wie ihn seine Fans nennen, beispielsweise auf "Happy People" die ganz große Showinszenierung an den Start.
Das sich an die legendären "New York, New York"-Vibes schmiegende "A Jolly Winter Walk" kommt ebenfalls mit reichlich Schwung um die Ecke, während der seichte Walzer "After The Year Is Done" sowie der minimalistisch arrangierte Melancholiker "Snow In Lover's Lane" eher wie musikgewordene Weihnachtspralinen dahinschmelzen.
Schlussendlich sind alle zufrieden: Die, die unterm Weihnachtsbaum fröhlich schunkeln, und die, die sich im Kerzenschein lieber stundenlang in den Armen liegen.
1 Kommentar
Eine schöne Sammlung altbekannter Klassiker, souverän neuinterpretiert. Natürlich alles schon mal dagewesen, aber es gibt weit schlimmere "Weihnachts"-Alben.