laut.de-Kritik

Back to the roots in die Unterwasserwelt.

Review von

Vor dreißig Jahren veröffentlichten U96 das Album "Das Boot". Das gleichnamige Titelstück hielt sich monatelang auf Platz 1 der deutschen Singlecharts und ging mehr als eine Millionen Mal über die Ladentheke. Weitere Hits wie "Club Bizarre" oder "Love Religion" folgten. Ende der 90er gingen U96 schließlich getrennte Wege.

Mitte der 10er-Jahre reanimierten Hayo Lewerenz und Ingo Hauss wieder das Projekt und veröffentlichten zwei Alben, darunter eins mit Ex-Kraftwerker Wolfgang Flür. Nun geht es mit "20.000 Meilen Unter Dem Meer", das auf Jules Vernes gleichnamigen Klassiker basiert, zusammen mit Schauspieler Claude-Oliver Rudolph thematisch wieder back to the roots in die Unterwasserwelt zurück. Zudem gibt es anlässlich des 30-jährigen Jubiläums von "Das Boot" eine FullDome Planetariums Show in Hamburg, die eine Mischung aus virtuellen, auf LED vorbeiziehenden Unterwasserwelten, Schauspielern (u.a. Claude-Oliver Rudolph) und Livemusik bietet. Einige Kernitel dieses Events wie "New Life", "Atlantis" oder "Ich, Nemo" bilden auch die Basis für die Platte.

Den Beginn macht mit "The Seven Seas" ein Tangerine Dream-artiges Ambient-Stück mit viel Sequenzer- und Piano-Einsatz, das in der Mitte kurzzeitig ein wenig technoider wird und uns zu den Geheimnissen der Meerestiefen mitnimmt. Das anschließende "New Life" fällt mit warmen Beats und noch wärmerem Gesang dann verhältnismäßig elektropoppig aus und erinnert, was den Einsatz der Synthies betrifft, etwas an die modernen Depeche Mode. Danach folgt mit "Atlantis" ein opulent anmutender und von Rudolph gesprochener Track, in dem es um das gleichnamige versunkene Inselreich und um "alte Legenden" geht.

Glücklicherweise beschränkt sich sein Stimmeinsatz auf das Allernötigste. Lediglich in "Ich, Nemo" tauchen seine Spoken Words noch einmal auf, während U96 so gut wie die gesamte kommerzielle Soundpalette der Trance-Musik der späten Neunziger auffahren, was den Song durchaus zum legitimen Nachfolger von "Das Boot" macht. Ansonsten lässt das Projekt genug Raum, noch tiefer in die Unterwasserwelten Jules Vernes einzutauchen. Nur sollte man unbedingt ein Faible für den Techno der 90er-Jahre mitbringen, um den Klängen etwas abgewinnen zu können.

Schon in "Pressure" begegnet man einem schnurgeraden 4/4-Beat, der in der Form auch auf Sven Väths "The Harlequin, The Robot And The Ballet Dancer" hätte stehen können. Dazu gibt es noch etwas bedrohliche Elektronik, die kontinuierlich die Spannung hält sowie dubbige Zwischentöne. Etwas ruhiger gehen es U96 in "Coral Reef" an, das, wenn man mal die zirpigen Töne zwischendrin außer Acht lässt, als astreiner Ambient House-Track durchgeht.

Als Highlight der Platte kristallisiert sich das folgende "The Deep" heraus, das mit seinem pumpenden Beat, der rotierenden Elektronik und seiner präzisen Snare an die technoideren Nummern auf JakoJakos und Rødhåds "In Vere", das vor Kurzem erschien, denken lässt und somit problemlos im Berghain laufen könnte. Etwas entspanntere und chilligere Klänge stehen dann in "Hawks" auf dem Programm, das leichtfüßige Gitarrentöne durchziehen.

Zum Schluss bekommt man noch mit "Where Do We Go?" ein meditatives Stück geboten, dessen Sequenzer-Sounds und melancholische Melodie Parallelen zu "Harlequin's Meditation" aufweisen, das ebenso aus "The Harlequin, The Robot And The Ballet Dancer" stammt. Am Ende bleibt ein erstaunlich gehaltvolles Album, mit dem U96 ihren Aufwärtstrend bestätigen können.

Trackliste

  1. 1. The Seven Seas
  2. 2. New Life
  3. 3. Atlantis
  4. 4. Pressure
  5. 5. The Grand Saloon
  6. 6. Ich, Nemo
  7. 7. Polaris
  8. 8. Coral Reef
  9. 9. The Deep
  10. 10. Hawks
  11. 11. Where Do We Go?

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