laut.de-Kritik
Sturm? Welcher Sturm?
Review von Simon LangemannUB 40 wollen es nach 35 Jahren tatsächlich nochmal wissen und melden sich mit fünf neuen Songs und acht Cover-Versionen alter Country-Klassiker zurück. Schon beim Lesen der Tracklist deutet alles auf ein schwermütiges, gar verzweifeltes Spätwerk hin.
"How Will I Get Through This" oder "How Can A Poor Man Stand Such Times And Lives", fragen sich die Reggae-Senioren. Sie besingen die "Blue Eyes Crying In The Rain" - und über allem prangt der Titel "Getting Over The Storm". Doch stürmisch klingt bei den Briten 30 Jahre nach dem Karrierehöhepunkt "Red Red Wine" rein gar nichts.
Straighte Basslines, Keyboard-Offbeats, seichte Bläsersätze: Das Oktett greift musikalisch alle gängigen Reggae-Trademarks auf und verpackt diese in restlos glattgebügelte Arrangements ohne jeden Überraschungsmoment. Immer wieder gesellen sich biedere Synthie-Streicher und - als einzig eigenständiges Element - eine auf Dauer nervtötende Slidegitarre hinzu. Eigentlich faszinierend, wie eine Band nach all den Jahren noch so dilettantisch klingen kann.
Nicht mal die Vocals, eigentlich der wichtigste Posten jeder Reggae-Truppe, setzen besondere Akzente. Duncan Campell, der den Job 2008 von seinem Bruder übernahm, wirkt zwar stellenweise bemüht, bringt letztlich aber weniger Ecken und Kanten mit als jeder DSDS-Finalist. Keine Frage, dieser Mann würde sich in jeder beliebigen Weinfest-Coverband pudelwohl fühlen.
Selbst die alten Klassiker, etwa Buck Owens' "Crying Time" von 1964, stehen dank UB 40 knietief im Schlagersumpf: "Now they say that absence makes the heart grow fonder / and that tears are only rain to make love grow / well, my love for you could never grow no stronger / if I lived to be a hundred years old". Irgendein Produzent hätte der Band doch mal verklickern können, dass derlei Zeilen nach knapp 50 Jahren und in derart plumper Aufmachung absolut hölzern und ungelenk daherkommen.
Auf die Frage, wie man auch nach so langer Zeit noch erfolgreich Musik machen könne, antwortete Campell 2009 gegenüber news.de: "Du musst gut sein in dem, was du machst. Und du musst lieben, was du machst." Mit beidem geht die Band auf "Getting Over The Storm" eher sparsam um.
Kultstatus hin oder her: Mit derart einschläfernden Tunes im Gepäck würden UB 40 selbst auf Reggae-Festivals in der Belanglosigkeit untergehen. Und mit dem Hintergedanken an die finanzielle Situation der Briten - erst vor zwei Jahren rutschten gleich vier Bandmitglieder in die Privatinsolvenz - stellt "Getting Over The Sturm" nicht nur ein musikalisches Ärgernis, sondern auch eine Frechheit dar.
3 Kommentare mit einer Antwort
Ich lehn mich mal unglaublich weit aus dem Fenster und werd wohl dafür gehatet werden, aber ich muss sagen, dass ich UB40 generell unglaublich überschätzt finde.
gar kein Thema, sehe ich auch so.
Seid Ali Campbell nicht mehr am Mic steht ist es noch mieser geworden. Ich war früher ein riesiger UB40 Fans und liebe zum Beispiel die Labour of Love CDs. Auch Promises and Lies war noch ganz gut aber seitdem ist es wohl mehr oder weniger vorbei. Schade eigentlich.
Bin auch nicht der Meinung das UB40 überschätzt wurden da es doch richtig gute Reggae ist den die Jungs mal gespielt haben.
Ach könnte man die Zeit doch nur zurück drehen... "Baby come back"
Schwieriges Album, da neuer Sänger (auch wenn es nicht das erste mit ihm ist) und eingeworfene Country Gitarrensounds. Ist natürlich Geschmackssache, aber ich finde das Experiment ist gelungen.
"Midnight Rider" , "Blue Eyes Crying In The Rain" und " Blue Bilet Doux" stechen positiv hervor.