laut.de-Kritik
Ein Manifest der Schönheit.
Review von Alexander CordasDas Duo, das hinter dieser Platte steckt, tut wirklich alles, damit seine Musik in der Versenkung verschwindet. Mit Verlaub, aber unter dem Banner Ulrich Schnauss & Mark Peters zu veröffentlichen, ist ein guter Schachzug, um tief im Underground zu bleiben.
Dabei ist das jammerschade, denn die beiden Engineers-Mucker liefern mit "Underrated Silence" ein Monster von einem Album ab. Wer eine Schwäche für shoegazenden Dream Pop hat, wer sich gerne in Melodien und Stimmungen fallen lässt, dem serviert das Duo ein Manifest der Schönheit.
Die Instrumentierung bezieht großflächige Elektronika ebenso ein wie analoges Equipment. Grenzen setzen sich die Protagonisten nicht. Diese Attitüde fließt auch in den Charakter der Songs ein. Jarre-Versatzstücke, pluckernde, sich nach und nach entfaltende Kraftwerk-Elegien ("Rosen Im Asphalt") und My Bloody Valentine-Sehnsuchtsmelodien unterstreichen die Aussagen des Promozettels. Von "strukturlosem Arbeiten" ist da die Rede und davon, das der Fokus auf die "Schaffung einer Atmosphäre zielt". Es kommt selten genug vor, dass man Anpreisungen eines Labels glauben schenkt. Hier aber treffen die Verantwortlichen den Nagel so was von auf den Kopf!
Atmosphärisch bedienen Schnauss & Peters eine breite Palette. Fast heiter und sonnig mutet "Long Distance Call" an. Wenn im Hintergrund verfremdete Stimmen einen Klangteppich bereiten, auf dem es sich Keyboardsounds gemütlich machen, geht bildlich gesprochen die Sonne auf. Als würden die beiden diese Atmo konterkarieren wollen, folgt mit "Forgotten" ein düster und sehnsuchtsvoll pluckerndes Stück Musik. "So lost in time / so lost in you" elfensingt eine Stimme, man möchte aus Solidarität mitflennen. Ernsthaft.
Im Vergleich zu Schnaussens letzter Soloarbeit "Goodbye" fehlt die ein oder andere Sperrigkeit, die die Harmonieseligkeit aufbricht und durcheinander wirbelt. Vielmehr setzt das Duo fast gänzlich auf den Schönklang. Manch einer mag dies negativ bewerten. Was die beiden aber an Stimmung, Melodie und Fluffigkeit hervorzaubern, geht weit über oberflächliche Dudelei hinaus, derer man sich tagtäglich erwehren muss.
Schnauss und Peters setzen mit "Underrated Silence" ein Highlight im noch jungen Jahr. Wer Musik mit dem Herzen erfährt, wer seine Ohren weit aufsperrt und sich eine kindliche Naivität beim Hören bewahrt hat, dem balsamiert das Duo die Seele.
8 Kommentare
"ein Monster von einem Album"
ein Monster der Belanglosigkeit
Hey ich dachte schon der Schnauss bringt gar nix neues mehr raus...
bei schnauss muss ich immer wieder parallelen zu tim hecker ziehen, vielleicht weil ich beide zur gleichen zeit entdeckt hatte. schnauss kam mir im vergleich zu hecker immer recht langweilig vor, aber hier handelt es sich nun um eine kollaboration. mal sehen.
übrigens laut, weder "ravedeath" noch die "piano" ep von hecker wurden hier rezensiert - landeten bei internationalen publikationen ausnahmslos in den top 10 von 2011. finde ich immer sehr schade, dass ihr relativ wenig elektronische sachen besprecht, die abseits des mainstreams für furore sorgen.
... kommt nun eigentlich noch n neues Album von den Isländern?
@Catch Thirtythree (« Shoegaze ist immer so ne Sache...die guten Bands (Mogwai, Sigur Ros) erschaffen unpretentiöse Klanggebilde, die schlechten (Hammock) blubbern nur belanglos vor sich hin. Dieses Duo pasast wohl eher in Kategorie 2. »):
hammock haben ein paar verdammt schöne ambient alben veröffentlicht, gemixt mit ein wenig post rock charakter. einen vergleich zu sigur ros und mogwai zu ziehen, das kommt mir spanisch vor, wenn ich den jeweiligen sound vergleiche. man mag da mit dem genre-brecheisen ein wenig shoegaze reinpressen, aber das hört sich schon ziemlich unterschiedlich an. heutzutage is ja auch alles shoegaze, solange mal ne melodie über mehr als eine minute gehalten wird. klar lässt sich bei jedem ambient album deklarieren, es wäre langweilig. aber so ist das eben. für den einen schlafmusik, für den anderen traumreisen.
Ich finde es ziemlich gut, sehr atmosphärisch und mit einer nachvollziehbaren Struktur.
Man merkt, hier sind zwei zusammen, die ihr Handwerk vollends verstehen.