laut.de-Kritik
Ballett im Berghain.
Review von Daniel StraubEs ist schon länger her, dass das Berghain für den Normalbürger ein Ort war, von dem man bestenfalls vom Hören-Sagen wusste. Inzwischen hat sich der Berliner Club bestens in der hauptstädtischen Kulturlandschaft etabliert und sich durch Konzerte, Festivals und Kooperationen einen Ruf erarbeitet, der weit über das gerne bemühte Stereotyp der ausschweifenden Feierlocation hinaus geht.
Das neueste Release auf dem hauseigenen Label Ostgut Ton hat zweifellos das Zeug dazu, das Berghain noch fester im Berliner Kulturleben zu verankern. "Masse" ist der musikalische Teil einer künstlerischen Zusammenarbeit zwischen dem Staatsballett Berlin und dem Berghain.
Das Staatsballett steuerte drei Choreographen sowie die Tänzer bei. Das Berghain drei Produzenten beziehungsweise Produzentenpaare sowie die Location für dieses ungewöhnliche Aufeinandertreffen von Körpern und Tönen. Der zeitgenössische Maler Norbert Bisky, der den Bühnenraum konzipierte, komplettiert das Projekt. Die Uraufführung des Balletts fand am 4. Mai statt, gefolgt von zehn weiteren Terminen im selben Monat.
Die Kompositionen fürs Staatsballett entstanden in den Studios von Produzenten, die ansonsten ihren festen Platz in der Berliner Szene haben. Die zwei Berghain-Residents Marcel Dettmann und Marcel Fengler haben sich mit Frank Wiedemann von Âme und Phillip Sollmann alias Efdemin jeweils einen Partner gesucht und als Duos dunkel minimalistische Klangvorlagen zur Interpretation für die Tänzer komponiert. "Menuett" von Dettmann und Wiedemann sowie "Evolve" von Sollmann und Fengler prägen die zweite Hälfte von "Masse".
Den selbstbewussten Auftakt des Releases gestaltet Henrik Schwarz. Er orientiert sich für seine "Balletsuite #1" an den klassischen Vorbildern. Streicher- und Gitarrenklänge heben seine Kompositionen von den anderen Stücken ab. Dynamisch, akzentuiert und mit viel Neugier geht er an diese Kooperation heran und verlässt mit den sechs Stücken sein angestammtes Terrain. Das macht seinen Beitrag zum spannendesten der CD und zeigt mal wieder, warum Henrik Schwarz zurecht als Ausnahmekünstler gilt.
Wer vertraute Produzenten, aber vielleicht nicht ganz so vertrauten Klängen ausprobieren möchte, für den entfaltet "Masse" auch ohne die passende Tanzchoreographie seinen subtilen Reiz.
2 Kommentare
Ich seh das alte Gebäude jeden Tag und möchte eigentlich jeden Tag einmal reinkotzen. Dann fiel mir ein, dass das schon andere für mich tun und dann ging es mir besser.
haha seezer wohl einmal zu oft nicht reingekommen!