laut.de-Kritik
"Deutschland, Arschloch, fick dich!"
Review von Franz TannerEuropa macht die Grenzen dicht, Europa macht sich selbst zur Festung, Europa lässt Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen zu Zehntausenden an Grenzzäunen in Zelten ohne die notwendige Versorgung schlafen. Die größte Flüchtlingskrise seit dem zweiten Weltkrieg ist in Europa angekommen. Und der Rassismus feiert wieder mal seinen x-ten Frühling, Flüchtlingsheime werden attackiert, Schutzsuchende finden keinen Schutz, sondern Ablehnung, Aversion und blanken Hass - und das im Herzen von Europa. Der Terror, vor dem jene Schutzsuchenden zum überwiegenden Teil geflüchtet sind, spielt in erster Linie der äußeren Rechten, den Spaltern, zu. Deren Forderung: mehr Grenzen, mehr Grenzzäune, mehr Nationalstaat und weniger Union. Es könnte ein hässlicher Sommer werden, dieser Sommer 2016.
"Refugees Welcome – Gegen Jeden Rassismus" ist nicht die erste Compilation ihrer Art, aber sie ist wohl die bis dato deutlichste. Veröffentlicht vom Berliner Label Springstoff geht es hier von Anfang an ohne Prologe und Umschweifungen zur Sache. Tocotronic-Frontman Dirk von Lowtzow zeigt erst mal mit "Fuck You Frontex" dem sogenannten europäischen Grenzmanagement den Mittelfinger, ehe Brockdorff Klanglabor mit "Festung Europa" zu elektronischen Beats und mit viel Melancholie besagtes zur Festung gewordenes Europa besingen. Weniger subtil sind dann Egotronic: "Deutschland, Arschloch, fick dich / Wir hassen dich so sehr / Du warst als Kind schon scheiße, und das ändert sich nicht mehr".
Eines der besten politischen Lieder der letzten Jahre hat die Antilopen Gang geliefert – "Beate Zschäpe hört U2" ist der Soundtrack zu einem Deutschland zwischen AfD, Verschwörungstheorien und brennenden Flüchtlingsheimen. Geht es um politischen Hip-Hop, darf natürlich auch die "Quing of Berlin", Sookee (feat. Spezial K) nicht fehlen. "Weiße Power macht uns scheiße sauer, Staat und Kapital macht, dass die Schleife dauert", singt sie in "Zusammenhänge"
Bei Human Abfall gibts dann mit "Vom Grund der Grundhaltung" nicht nur Diskurs, sondern auch Gitarren mit viel fiebrigem Tremolo. "Ich liebe keine Nation, ich liebe keine Nation, ich liebe meine Frau und meine Kinder", heißt es da.
Generell ist die Stimmung wenig optimistisch, sei es bei "Dunkle Tage" von Das Bierbeben oder bei dem Neonschwarz-Track "2014". "Es ist 2014. Hat sich viel verändert? Eigentlich nicht wirklich" – zwei Jahre später ist das alles keineswegs besser geworden.
Feine Sahne Fischfilet machen ihre Wut dann – zumindest in den Refrain – tanzbar. Denyo ist mit "Gegenwind" ebenso am Start wie Frittenbude ("Oury") und Pisse (mit einem Remix von "Scheiß DDR"). Einen grandiosen Abschluss liefert die Wiener Musikerin Eva Jantschitsch aka Gustav mit "At The River's Edge".
"Refugees Welcome – Gegen Jeden Rassismus" ist eine Sammlung von Songs zwischen berechtigter Wut und Diskurs. Optimismus gibt es naturgemäß wenig. Abgesehen vom guten Zweck bietet er einen Überblick über das deutschsprachige Polit-Lied im Jahr 2016.
32 Kommentare mit 94 Antworten
Ungehört 1/5.
Ungehört -1/5
Verstört 1/5
Wer kann sich sowas 22 Songs lang geben ?
Franz Tanner
Kann mir nicht vorstellen das er sich das Ding auf Ex gegeben hat
Pisse - Scheiss DDR
"Deutschland, Arschloch, fick dich / Wir hassen dich so sehr / Du warst als Kind schon scheiße, und das ändert sich nicht mehr"
DANN ZIEHT DOCH WEG!!
Ach, ich weiß nicht, kann selbst mit den Rap-Acts von der Tracklist nix anfangen.
Dieses aggressive Antideutschtum von Egotronic find ich auch stark irritierend. Nicht mal im Sinne von "Wenns euch nicht gefällt, verpisst euch" (no offense, aber die Phrase hört man des Öfteren aus der falschen Ecke), sondern eher: Wie kann man den lieben langen Tag nichts anderes tun als Deutschland hassen? So wirkt es nämlich. Und bilden die sich echt ein, sie verbreiten damit ne wichtige message oder bewegen irgendwas zum Guten?
Egotronic ist mit Sicherheit nicht antideutsch, das waren sie vielleicht irgendwann mal. Das Lied ist natürlich der größte Rotz.
kann es sein das laut.de ein kunterbuntes sammelbecken für rechtes shitposting ist? die kommentare kann man sich ja gar nicht geben. aber wenn mir die kommentarsektion nicht gefällt, dann zieh ich halt weg, hurra!
Danke für den Hinweis. Und zur Frage: nein, natürlich nicht.
Klar ist das so. Kann man ja überall deutlich sehen, dass auf laut.de lauter Nazi-Schrott gepostet wird.
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Hm