laut.de-Kritik
Ab und an funktioniert das Getausche ziemlich gut.
Review von Lena BayerDer Sinn des Tauschkonzertes ist was? Richtig, Songs austauschen wie früher Paninisticker und eine besondere Interpretation abliefern, die hängenbleibt. Manche zeigen sich mutiger, experimentieren besonders viel, andere geben lediglich ihre eigene Note hinzu. Im besten Fall kombinieren Künstler*innen beides. Ab und an funktioniert das Getausche ziemlich gut.
Er hat den Pop im Blut und den Soul für sich entdeckt: Johannes Oerding. Der nette Jo von nebenan macht seinen Job als Gastgeber ebenso nett. Doch seine Cover klingen oft sehr ähnlich. Cluesos Dancenummer "Flugmodus" verwandelt Oerding in eine langatmige, einschläfernde Ballade, gleiches gilt für Lottes "Dunkelrot Zu Schwarz". Bei "Millionen Liebeslieder" (SDP) hingegen entdeckt er den Soul für sich, klingt aber wenig authentisch. "Unter Meiner Haut" geht dafür der Song von Elif.
Bro 'Clüsn' experimentiert hingegen mehr und freestylet freudig: "Zweite Strophe hab' ich verpeilt / Scheißegal, ich mach 'n kleinen Freestyle / SDP ist keine Partei / Aber wenn es so wäre, dann tret' ich ihr bei". Kelvin Jones' "Love To Go" und Floor Jansens "Sleeping Sun" verwandelt Freestyle-Clüsn in zwei solide Popnummern auf Deutsch. Einmal "Anlauf Nehmen". Die emotionale Klavierballade von Elif im Original textet er um und widmet sie seinem verstorbenen Opa: "Berlin, Paris, Athen, ich fahr alleine weg / Denn dein Tod zog mir die Beine weg / Handgepäck erfüllt seinen Zweck / Wenn ich nachdenken muss, wird die Welt zu mei'm Versteck".
Das doppelte Lottchen könnte sie sein. Eigentlich im deutschen Softpop zuhause, probiert Lotte viel mit den Songs ihrer Mitstreiter*innen. "Ich Will Nur, Dass Du Weißt" von SDP verwandelt sie in eine verruchte Jazz-Version mit sanften Drums und Saxofon, "Nur Mir" von Elif rockt sie mit lauten Gitarren, "Noise" von Floor Jansen erinnert vom Beat an "Bad Guy". Alle Versionen klingen nicht so deep wie die Originale, besitzen dennoch einen eigenen Charme. Doch großer "Gewinner" ist ihre Version zum Clueso-Song. Damit bleibt Lotte auf das Wesentliche beschränkt: ihre Stimme und ihre Gitarre. Das berührt gefühlt mehr als das Original.
Elif zeigt, dass sie für mehr als nur düsteren Emo-Rap und melancholische Power-Balladen zu haben ist. Da interpretiert sie eine tanzbare Interpretation von "Chicago" (Clueso) mit lässigen Trompeten oder die funky Version von "Ne Leiche" (SDP) mit geschauspielerten Parts. Alles nette Ideen, doch im Original besser. Da passen die ruhigen, melancholischen Vibes in Lottes "Auf Beiden Beinen" wieder besser. Die gerappten, autobiografischen Lines "Ich erinner mich, mit achtzehn zog ich aus / Denn es gab immer nur Stress bei mir zu Haus / Die ersten Jahre laut, doch in mir drin so taub / Ich hab geschrien, doch niemand hat gehört, was ich grad brauch" holen ab.
Der britisch-simbabwische Sänger Kelvin Jones covert die Songs seiner Musiker-Freunde wie selbstverständlich in top Deutsch. Oerdings "Blinde Passagiere" und SDPs "Kurz Für Immer Bleiben" berühren, "Mehr Davon" (Lotte) oder "Tanzen" (Clueso) animieren zum Bewegen. Besonders stark aber seine Gospelversion von Floor Jansens "Storytime". Hier tritt seine kräftige Stimme besonders hervor. Das könnte ein neuer Hit von ihm sein. Besonders lässig auch sein etwas gerappter Part und die ikonisch eingesetzten Gitarren.
Ihre Versionen überzeugen mit dramatischen Melodien, ihre emotional aufgeladenen Stimme und mal mehr ("Mauern", Lotte), mal weniger ("Call You Home", Kelvin Jones) stark eingesetzten Metal. Doch ausgerechnet mit einem Song von SDP liefert Floor Jansen den emotionalsten Song: "Unikat", eine softe Klavierballade könnte von Nightwish stammen. Auch wenn das Original schon eine schöne Botschaft mitbringt, transportiert sie mit ihrer eigenen Version das Gefühl erst so richtig und sorgt für die immer gern genannte Gänsehaut.
Vincent und Dag-Alexis von SDP haben nicht nur das (selbsternannte) Image der "bekanntesten unbekannten Band Deutschlands", sondern auch das der Partyband. Ihre Liebe für Gutelaune-Mucke setzen sie auch bei den Versionen ihrer Kolleg*innen um. Selbst die emotionale Oerding-Nummer "Zwischen Mann Und Kind" holt emotional so gar nicht ab, dafür aber humormäßig mit selbstgetexteten Lyrics: "Der Knall, den ich hab, ist genetisch / Doch ich glaube, Johannes versteht mich / Immer hyperaktiv / Als wär ich übelst auf Speed".
Noch mehr Spaß als das Covern macht der Sing meinen Song-Gang nur das gemeinsame Singen. Auf der Platte finden sich sieben solcher Versionen. Auch hier klingen die meisten nicht sonderlich spektakulär, wobei "F*ck Baby I’m In Love" von SDP und Lotte, sowie "Tanz Aus Der Reihe" von Clueso und SDP zumindest letzteres tun.
9 Kommentare mit 6 Antworten
Ungehörter Abfall.
Abgehörter Unfall.
Abgefallener Ungehorsam.
Abgeun...Ach scheiß drauf mir fällt keine Variation ein
Meine Fresse, vermutlich sieht selbst die Hölle davon ab, diesen Schrott als Folter einzusetzen.
Wer dem was abgewinnen kann, der hat Musik nie geliebt (Rudi Völler)