laut.de-Kritik
Eine feministische Geschmacksverirrung.
Review von Janne StoltzeIch bin in Rage. Aber nicht, weil mich Yaenniver mit ihrer feminine rage angesteckt hat, sondern weil ihr neues Album "Angry Woman" es einem erneut schwer macht, wichtige, feministische Inhalte anzuhören. Das sage ich als überzeugte Feministin. Von Simone de Beauvoir bis zu Ikkimels Fotzen-Rap lässt sich wirklich alles leichter und lieber konsumieren als Yaennivers wütende Rap-Parolen. Dennoch verstecken sich ein paar unerwartete Schätze auf der LP.
Im Songintro von "Angry Woman" ist die argentinisch-britisch-amerikanische Schauspielerin Anya Taylor-Joy ("Das Damengambit") im Interview mit BBC zu hören. Sie erklärt, wie feminine rage (weibliche Wut) durch die männliche Linse oft verfälscht dargestellt werde. Demnach seien wütende Frauen weitaus expressiver und aggressiver, als angenommen und gewollt werde. Diesem Verständnis scheint Yaenniver zuzustimmen, sie schafft durch die Platzierung am Albumanfang eine aufregende Einleitung, die das Thema direkt klar stellt (zumindest für alle englischsprachigen Hörer*innen).
Was folgt, lässt allerdings daran zweifeln, dass die Schauspielerin tatsächlich ihr Einverständnis zu Yaennifers Nutzung ihrer Audiospur gab, denn auch ohne Deutschkenntnisse wird der erste Track des Albums schwer hörbar sein. Mit einer zwanghaft wirkenden Wut in der auf- und abgehenden Stimme erinnert Yaennifer an Shirin David, wobei man letzterer ihren Flow um Einiges mehr abkauft. Spätestens der Übergang zum Refrain lässt mich aufseufzen: "Alter, sag nicht, ich soll lächeln, denn das macht mich aggressiv, Mann", ein raues Knurren betont das letzte Wort. Wenn das doch nur nicht so cringe wäre, bliebe nur noch der Songtext. Und naja, der glänzt nur mit kreativloser Erzeugung von Resonanz.
Mit dem zweiten Track "Pretty Vacunts" nähert sich Yaenniver wieder etwas mehr ihren rockigen Punk-Ursprüngen, mit denen sie als Leadsängerin der Band "Jennifer Rostock" bekannt wurde. Und mit dieser Genre-Richtung überzeugt sie eben doch mehr als mit Rap. Zu düsteren Gitarrenklängen und dynamischem Schlagzeug wirken die provokanten Texte nicht nur authentischer, sondern machen auch mehr Spaß. Besonders der Refrain "frei und fotzig" lädt zum Mitschreien ein.
Ein Fan-Favourite ist ganz klar "Neue Männer", in dem die Musikerin deklariert, die Welt und besonders die Welt der Frauen benötige (wie der Titel schon verrät) neue Männer. Lyrisch bringt Yaenniver ein "ideales" Männerbild zum Ausdruck, während sie das patriarchale, toxische Männlichkeitsbild ironisch zum Vergleich hinzuzieht. Die mehrstimmigen Parolen erwecken ein Gefühl gemeinschaftlichen Frusts und motivieren, laut mitzusingen. Damit baut die Musikerin ein starkes Fundament, das sich in vielen Songs wiederholt. Ihr Flow bleibt aber irgendwie nervig und bringt viel Melodramatik mit sich.
Das Songwriting auf "Danke Tschau" wirkt dagegen nicht nur etwas billig, sondern erinnert auch an einen beliebigen anderen Song. "Ich check' grad', dass ich dich nicht brauch'. Danke Tschau ich bin raus. Ich halt' dich nicht mehr aus. Du hälst mich nicht mehr auf." Ein wütender Trennungssong mit schlechten Reimen.
Positiv überrascht hat mich "Mh Mh". Diesen süßen Pop-Beat schmückt Yaenniver mit entspanntem Flow und schönen Vocal-Harmonien. Der Appell ist klar: Mädels, hört auf, die Red Flags der Männer zu ignorieren und zu tolerieren. Vielleicht vermittelt die Rapperin ihr Anliegen hier so sanft, weil sie sich erstmals an die weibliche Hörerschaft richtet. Einem ähnlichen Schema folgt "Nicht Normal", ein Lovesong, auf dem sich die Sängerin etwas verletzlicher und weniger wütend zeigt. Eine angenehme Abwechslung.
Neben feministischen Inhalten finden sich auch weitere ernste Themen wie der Substanzmissbrauch von Oxytocin im gleichnamigen Song. Insgesamt geht es aber mehrheitlich um das männliche Geschlecht. Ein Album zu produzieren, das Männern gewidmet ist, auch wenn es ein feministisches Anliegen hat, ist eben doch "nur" ein Album über Männer. Da stellt sich die Frage, ob das effektiver Feminismus ist.
"Angry Woman" löst gemischte Gefühle aus, weil es zum einen nervt (ob das gut oder schlecht ist sei mal dahingestellt) und zum anderen (wenn auch nur hier und da) positiv überrascht. Wird das Album das neue Feminismus-Manifest? Nein. Hat einer der feminine rage Tracks Hymnen-Potenzial? Die Antwort lautet ebenfalls nein. Das Problem ist weder die Kompromisslosigkeit, noch die provokante Lautstärke von "Angry Woman", sondern die gekünstelte Dramatik in Yaennivers Stimme, die schon im Debütalbum "Nackt" abgeschreckt hat. Vielleicht muss ich mich aber erst noch mehr von meiner eigenen, inhärenten Misogynie befreien, bis ich Yaenniver ernst nehmen kann. Denn Provokation und starker Ausdruck sind unbestreitbar gewollt und gelungen.


7 Kommentare mit 33 Antworten
Toxische Weiblichkeit in Formvollendung.
Angry woman, stay away from me.
Angry woman, mama let me be.
Don't come hanging around my door
I don't want to see your face no more
I got more important things to do
Than spend my time growing old with you
—Kurt Cobain
"Ein Album zu produzieren, das Männern gewidmet ist, auch wenn es ein feministisches Anliegen hat, ist eben doch "nur" ein Album über Männer. Da stellt sich die Frage, ob das effektiver Feminismus ist."
Auf jeden Fall ist es kein Album über nette und zuvorkommende Männer, die im vorhinein bereits als langweilig deklariert aussortiert wurden.
Deutschrap ist fresher denn je
Musik für Frauen mit Topfschnitt
Interessantes Zielpublikum.
Zu egal für einen vollstän
Allgemein formuliert oder bist du gar der Voll-Stän, dem das egal ist?
Nein Gleep, er will sagen, dass das Albung nur hören kann, wer nicht besoffen ist. Voll, voller, am vollstän. Wer am vollstän ist, liegt wahrscheinlich eher schnarchend unter der Bank, anstatt der spannenden Popmusik von Schlagmichtot zu lauschen.
Jedenfalls würde ich dafür keinen ganzen Sat
dieser satz kein verb
Ich finde es gut, dass der Doc hier ein so ausführliches Statement abgibt. Er läßt uns wissen, dass er keinen ganzen Sat würde. Würde ich auch nicht. Jetzt aber mal gut mit dem oversharing Doc, man könnte fast meinen, [füge hier ein] würde dich muskalisch/thematisch abholen!
„Nicht normal“ und „Danke tschau“ gefallen mir gut. Eigentlich so ziemlich als einzige zwei Songs. „Pfirsich emoji“ erinnert textlich etwas an Teletubbies. Insgesamt glaube ich, dass diese aggressive Art von Feminismus der Grund ist, warum Männer (und auch Frauen) von Feminismus eher genervt sind. Das bringt das an sich überaus wichtige Thema Gleichberechtigung mMn kein Stück weiter. Wirkt sich hingegen mMn sogar eher kontraproduktiv aus.
dont hate the player hate the game
Je älter mann wird, desto mehr wird der aggressive Feminismus zum verdienten Geschenk für alle Beteiligten.
Dieser Feminismus hat es übertrieben und was wir heute erleben ist die Rückkehr zu damaligen Ordnung, in der der Mann noch nicht überall benachteiligt und als Trottel dargestellt worden ist. Darum wählt die Mehrheit nun Parteien, die dieses Ungleichgewicht wieder abschaffen wollen.
Magischer Mann, mach bitte den Verschwinden-Trick
Seht her, es ist Magic Male! Und gleich neben ihm...niemand, denn Miracle Female hat schon längst die Biege gemacht.
Du kannst es ins Lächerliche ziehen, aber die Mehrheit der Deutschen ist der gleichen Meinung. Immer mehr männliche Jugendliche gehen diesen Weg, weil sie erkannt haben, welchen Wert sie besitzen und dass die Zeit vorbei ist, sich dem Zeitgeist zu beugen. Es wird immer so sein, dass das Pendel zurückschlägt, wenn man es übertreibt und so erleben wir es jetzt. Weibliche Marktmacht ist so weit gestiegen, dass es ein natürliches Korrektiv bedarf. Feminismus sollte nie die Herrschaft der Frauen bedeuten. Diese können wir uns gar nicht leisten,wenn wir weiterhin daran interessiert sind, ein stabiles Fundament der Gesellschaft zu haben. Siehe Geburtenraten, Millionen männlicher Langzeitsingles und Frauen, die sich wie im Schlaraffenland an den obersten 20 % Alphas bedienen können. Redet mal mit Jugendlichen und fragt die, wie es mit dem Dating läuft. Fürchterlich, was sich da offenbart, aber anscheinend kann man die Welt besser beschreiben, wenn man in dieser Kommentarspalte hockt und sich die Welt malt, wie sie einem gefällt.
Der richtige Ansatz wäre doch, Frauen mehr dazu zu ermutigen, es mit dem IT-Nerd von Nebenan zu versuchen, der sensibel ist und sie versteht in all ihren Problem und auch hilfsbereit ist. Man kann ja auch mal mit dem zu Takko gehen und ihm ein neues Styling verpassen, zusammen etwas Sport machen - einige sind ja schon gut kräftig, da ist nur eine Nuance im Alltagsverhalten nötig -, nicht nur Space-Filme gucken, sondern auch mal romantische Filme, die aufzeigen, wie man eine Frau langfristig auch begeistern kann, etc. Es geht bei aller Liebe ja auch darum, einen guten Vater für seine Kinder zu finden.
Die Männer, also insbesondere die, die keinen Erfolg bei Frauen haben, sollten mehr ermutigt werden, es immer wieder und wieder zu versuchen. Geld spielt keine Rolle, man ja auch mal ein Picknick-Date organisieren. Dran bleiben, nicht Mann bleiben lautet die Devise! Hops jetzt, traut euch! Alle sind gefragt!
"Weibliche Marktmacht ist so weit gestiegen, dass es ein natürliches Korrektiv bedarf. Feminismus sollte nie die Herrschaft der Frauen bedeuten."
Ja, mit der Marktmacht und Herrschaft der Frauen ist es schon so weit, dass sie noch immer für die gleiche Arbeit weniger bezahlt werden und die deutliche Mehrheit der Regierungsämter und Führungspositionen in Unternehmen von Männern besetzt ist. So viel zum Thema die Welt malen, wie sie einem gefällt.
Mein Bruder, vielleicht solltest du mal lieber einen Therapeuten aufsuchen, anstatt dein gesamtes Weltbild aus dem Umstand zu formen, dass Frauen aus sehr offensichtlich guten Gründen nichts mit dir zu tun haben wollen. Das ist auf Dauer doch wirklich kein schönes Leben so.
"Weibliche Marktmacht ist so weit gestiegen, dass es ein natürliches Korrektiv bedarf."
dass es einES natürlicheN KorrektivS bedarf, du Idiot.
Regierungsämter und Führungspositionen werden nach Qualifikation besetzt und nicht nach Geschlecht. Wenn Frauen so gut sind, dann werden sie auch eingestellt. Jegliche Quoten sind somit naturwidrig. Mit Markmacht meine ich natürlich den Partnermarkt, der vollkommen aus den Fugen geraten ist. Immer mehr Männer bleiben allein und was das macht, sieht man an den Wahlergebnissen, die eine Rückkehr zu einem erfolgreichen Ordnungsprinzip führen werden. Es kann nicht sein, dass ich, der einen ordentlichen Job hat, gepflegt und nett und freundlich ist, keine Chance im Onlinedating hat, weil ich bei der Genetik, für die ich nichts kann, Pech hatte. Durch die Schieflage steht jeder Mann, der so wie ich ist, in Konkurrenz mit den oberen 20 % und da Frauen streng nach Optik wählen, gehen wir leer aus. Und das kann nicht sein, dass 80 % der Frauen die obersten 20 5 Alphas haben wollen, obwohl nicht mal 80 % der Frauen auch Alpha sind. Selbst 08/15-Frauen begehren den Muskulösen Alpha und dann ist es auch egal, dass er nichts in der Birne hat oder sie nach einmal Sex wegwirft. Ihr glaubt gar nicht, wie erfolgreich Arschlöcher heutzutage sind.
Das hat nichts mehr mit Gleichberechtigung zu tun, sondern mit Benachteiligung. Die Ansprüche der Frauen steigen ins Unermessliche und kein Mann kann sie mehr erfüllen
"Es kann nicht sein, dass ich, der einen ordentlichen Job hat, gepflegt und nett und freundlich ist, keine Chance im Onlinedating hat, weil ich bei der Genetik, für die ich nichts kann, Pech hatte. "
Doch, wenn du ein misogynes Arschloch bist, kann das sehr wohl sein.
Dieser Kommentar wurde vor 5 Tagen durch den Autor entfernt.
Ob Genital oder Genitiv, du versagst mit beidem!
Du bezeichnest dich als nett und freundlich und nennst gleichzeitig Frauen generell oberflächlich und weniger qualifiziert. Genau das ist dein Problem, nicht deine Genetik. Du bist schlicht und einfach ein erbärmlicher Wicht und solange du daran nicht arbeitest, wird kein Politikwechsel der Welt dafür sorgen, dass Frauen plötzlich etwas mit dir zu tun haben wollen.
Hach, wie schön: "Jegliche Quoten sind somit naturwidrig." Endlich mal wieder das Natur-"Argument", mein Lieblingsargument in fast jedwedem Kontext. Ich finde das so herrlich selbstentmündigend, hier: quasi enteiernd, denn in letzter Konsequenz besagt es ja auch, dass man(n) sich nicht ändern kann, nicht gegen die Natur an kann. Was ja wiederum auch so ein kleines bisschen die eigene Fähigkeit zur rationalen und freien Entscheidungen in Frage stellt. So ein formschönes, im Wortsinne irrationales Argument, einfach toll!
5/5 auf der Argumentationsskala
Besonders feiner Schachzug auch, dass das Führungskräfteungleichgewicht wohl Teil einer natürlichen Ordnung ist, an der man nicht wackeln sollte, das angebliche Partnersucheungleichgewicht, dass mit unzähligen (falschen) Biologismen erklärt wird, ist dann aber auf einmal wohl nicht Teil dieser Natur und ein riesiges Problem, das korrigiert gehört.
Und vergesst nicht, dass die "Wahlergebnisse zu [einer] Rückkehr zu einem erfolgreichen Ordnungsprinzip führen werden", so kann das besagte Naturgesetz also auch geändert werden.
Hätte Nutzer-67250 ein bisschen länger überlebt, dann hätte er bestimmt noch erklärt, wie die AfD dafür sorgen wird, dass er eine Freundin findet.
ich hätte gerne eine freundin
Nutzer-67250 war ein so alter wie entfernter Bekannter, der hier schon so einige Nutzernummern vor der 67250 verbrannt hat und der högschdwahrscheinlich noch mindestens genauso so viele fortlaufende Nutzernummern mit ebenso kreativen Namen wie "bento" oder "magic male" besetzt auf Halde liegen hat.
Mutmaßlich werden wir ihn schon eher als irgendeinem ab und zu wenigstens auch für ganz kurze Zeit ein klein bisschen fröhlichen muppet lieb sein kann wieder sein jammerläppisch-trauriges Incel-Liedchen auf der winzigsten Violine der Welt fideln hören.
Der Wohlstand entfernt uns Menschen als Individuen immer weiter voneinander. Von daher wäre eine Art Naturzustand als Lehrstunde vielleicht gar nicht so schlecht. Dann würden wir wieder bemerken, dass wir einander brauchen und wie wichtig Kooperation ist. Ich hab' jetzt schon Angst.